Die Romantik. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Romantik - Ricarda Huch страница 12

Название: Die Romantik

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388836

isbn:

СКАЧАТЬ »Und so sollte man die Künste einander wieder nähern und Uebergänge aus einer in die andere suchen. Bildsäulen beleben sich vielleicht zu Gemälden, Gemälde werden zu Gedichten, Gedichte zu Musik, und wer weiß? so eine herrliche Kirchenmusik stiege auch einmal wieder als ein Tempel in die Luft.« Und noch einmal in einem Fragment berührt Wilhelm denselben Gedanken:

      »In den Werken der größten Dichter athmet nicht selten der Geist einer andern Kunst. Sollte das nicht auch bei Malern der Fall sein? Malt nicht Michelangelo in gewissem Sinne wie ein Bildhauer, Raphael wie ein Architekt, Corregio wie ein Musiker? Und gewiß würden sie darum nicht weniger Maler sein als Tizian, weil dieser bloß Maler war.«

      Auch das kühne und schöne Bild von der Architektur als einer gefrorenen Musik, jetzt beinahe gemeinplätzig geworden, hat Wilhelm zuerst gebraucht.

      Das Ineinanderüberschwanken von Musik und Poesie und Malerei wurde ein Lieblingsthema von Ludwig Tieck. »Wie?« sagt er in der Verkehrten Welt, »es wäre nicht erlaubt, in Tönen zu denken und in Worten und Gedanken zu musiziren? O wie schlecht wäre es dann mit uns Künstlern bestellt! Wie arme Sprache, wie ärmere Musik! Denkt ihr nicht so manche Gedanken so fein und geistig, daß diese sich in Verzweiflung in Musik hineinretten, um nur Ruhe endlich zu finden? Ach, ihr liebe Leute, das Meiste in der Welt grenzt weit mehr an einander, als ihr es meint.«

      Daß er im Zerbino die Flöten sagen läßt: »Unser Geist ist himmelblau, führt dich in die blaue Ferne« hat man in nachromantischer Zeit lächerlich gemacht, während man jetzt anfängt, die Verwandtschaft zwischen den verschiedenen Sinnesempfindungen wissenschaftlich zu untersuchen.

      Wie nun in allen Künsten ein einziges Grundprinzip geahnt wird, so sollen auch alle Wissenschaften auf eine Wissenschaft zurückgeführt, ja schließlich Kunst und Wissenschaft Eins werden.

      »Alle Kunst soll Wissenschaft und alle Wissenschaft soll Kunst werden; Poesie und Philosophie sollen vereinigt sein.«

      Und eben diese Poesie, die auf ihrem höchsten Gipfel Eins mit der Wissenschaft ist, ist die romantische, die Universalpoesie, die werdende, die Poesie der Poesie. Die dunkeln Vorstellungen, die die meisten Menschen von der romantischen Poesie haben, als stehe sie in einem unversöhnlichen Gegensatze zu der sogenannten klassischen, als sei sie die überschwengliche, phantastische, verworrene, sind weit ab von der großartigen Idee, die den romantischen Aesthetikern vorschwebte: jedes unpoetische Element soll aus der Dichtung ausgeschieden werden, Alles aber, was der Sinn ausnehmen, der Geist erkennen, das Gemüth ahnen kann, soll die allumfassende in sich begreifen. Alles soll poetisirt werden. Nichts ist zu gering oder zu groß für die Poesie; denn auch die kleinste Erscheinung verhüllt ein Unendliches.

      Es scheint dem, der sich in das Athenäum vertieft, als gäbe es auf der Welt nichts als Kunst und Wissenschaft, und als ob insofern der Vorwurf gerechtfertigt wäre, alles dies habe nur für gelehrte Künstler und künstlerische Gelehrte, also für einen sehr kleinen Kreis von Menschen, Bedeutung. Und allerdings gehörten ja die Wenigen, die hier zu Worte kamen, einer Hanse an, fühlten sich stolz als Mitglieder einer unsichtbaren Kirche. Mit kühler und klarer Verachtung reden sie von der großen Gegenpartei mit ihrem Wahlspruch: vernünftig, aber dumm.

      »Es giebt rechtliche und angenehme Leute, die den Menschen und das Leben so betrachten, als ob von der besten Schafzucht oder vom Kaufen oder Verkaufen der Güter die Rede wäre. Es sind die Oekonomen der Moral und eigentlich behält wohl alle Moral ohne Philosophie einen gewissen illiberalen und ökonomischen Anstrich … Es giebt ökonomische Schwärmer und Pantheisten, die nichts achten als die Nothdurft und sich über nichts freuen, als über ihre Nützlichkeit. Wo sie hinkommen, wird Alles platt und handwerksmäßig, selbst die Religion, die Alten und die Poesie, die auf ihrer Drechselbank nichts edler ist als Flachshecheln.«

      Von der sogenannten guten Gesellschaft wird gesagt, sie sei eine Mosaik von geschliffenen Karrikaturen. Oder: »Die meisten Menschen sind, wie Leibnitzens mögliche Welten, nur gleichberechtigte Prätendenten der Existenz. Es giebt wenige Existenten.« Und kann man einen exklusiveren Standpunkt haben als den, daß selbst in den äußerlichen Gebräuchen der Lebensart die Künstler sich von den andern Menschen unterscheiden sollten? Dies ist die aristokratische Seite des Athenäums. Auf die Klage des Publikums, die deutschen Autoren schrieben nur für einen kleinen Kreis, ja oft nur für sich selbst unter einander, erwiderten sie trotzig, das sei gut so, »dadurch wird die deutsche Literatur immer mehr Geist und Charakter bekommen.« Die Künstler sind, sagen sie, unter den Menschen, was die Menschen unter den andern Bildungen der Erde. Sie sind Brahminen, eine höhere Kaste; aber – und nun kommt ein Zusatz, der den ganzen Ausspruch wieder demokratisirt – sie sind nicht durch Geburt, sondern durch freie Selbsteinweihung geadelt. Unermüdlich wird betont, daß es eines Jeden Beruf und Pflicht ist, Mensch, Künstler, Gott zu werden. So haben wir hier dieselbe Mischung von Popularität und Aristokratismus wie im Christenthum: Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.

      Durch das, was die Romantiker unter dem Begriff »Künstler« sich dachten, wird die Würde, die auf einen kleinen Kreis beschränkt schien, auf die ganze Menschheit erweitert: »Künstler ist ein Jeder, dem es Ziel und Mitte des Daseins ist, seinen Sinn zu bilden.« Nur auf den Entschluß kommt es an, »sich auf ewig von allem Gemeinen abzusondern.« Aber noch auf andre Weise wird die Möglichkeit dargethan, daß ein Jeder sich erfolgreich dem höchsten Ziele zuwenden könne. »Genie ist der natürliche Zustand des Menschen.« Wer anders als der überschwenglich kühne Geist Hardenberg's wagte so zu denken und so sich zu äußern? Das größte Kunstwerk, so philosophirt der Schüler Fichte's, erschafft die unbewußte Phantasie des Menschen, indem sie aus eigner Kraft die Welt sich aufbaut; der Liebende, der die Geliebte vergöttert und ein anbetungswürdiges Bild sieht, das nicht ist; der Wilde, der die Sprache schafft als ein bildsames, nach ewigen Gesetzen wandelbares Symbol für die erscheinende Welt und beweglichen Körper für die Gedanken, sie sind Alle Künstler von Gottes Gnaden, und es handelt sich für den Menschen nur darum, sich auf das Genie, das in ihm ist, zu besinnen, es in seine Gewalt zu bekommen.

      »Jeder ungebildete Mensch ist die Karrikatur von sich selbst.« Daraus folgt, daß sich bilden heißt: sein eigenes Ideal werden. Alles was in diesem Gedanken liegt und sich daraus folgern läßt, faßt Friedrich in den Worten zusammen: »Jeder gute Mensch wird immer mehr und mehr Gott. Gott werden, Mensch sein, sich bilden sind Ausdrücke, die einerlei bedeuten.« Diese Vergötterung des Ich ist himmelweit entfernt von der unfruchtbaren Eitelkeit derjenigen, denen ihr eigenes Selbst der Pflock ist, woran sie mit kurzem Strick festgebunden sind und um den sie sich unaufhörlich drehen. Denn unter dem Gottwerden ist verstanden Erweiterung der eigenen Persönlichkeit zur Aufnahme von unendlich vielen. »Kein Mensch ist schlechthin Mensch, sondern kann und soll wirklich und in Wahrheit auch die ganze Menschheit sein.« Wenn wir nun noch Gott einen Abyssus von Individualität genannt finden, den einzigen unendlich Vollen, so sehen wir ein Religionsprojekt, das Friedrich's Gepräge trägt, dem Fichte's Geist als Stern im Osten geleuchtet hat.

      Wie der goldne, Alles durchdringende Aether umhüllt die Idee der Religion die ganze Gedankenwelt, die hier ausgebreitet liegt. Einer Landschaft gleicht sie, in deren Hintergrunde ein ungeheurer, Alles überragender Berg mit schimmerndem Gipfel lagert, den man von jedem Platze aus sehen kann und dessen unvertilgbaren Umriß man noch ahnt, wenn ihn silberne Dünste oder graues Regenwetter verschleiern.

      »Nur durch Religion wird aus Logik Philosophie, nur daher kommt Alles, was diese mehr ist als Wissenschaft. Und statt einer ewig vollen, unendlichen Poesie werden wir ohne sie nur Romane haben oder die Spielerei, die man jetzt die schöne Kunst nennt.«

      »Die Religion ist nicht bloß ein Theil der Bildung, ein Glied der Menschheit, sondern das Centrum aller Uebrigen, überall das Erste und Höchste, das schlechthin Urspüngliche.«

      Was der Grundgedanke von Schleiermacher's Reden über die Religion war, daß nämlich Religion nichts andres sei als Beziehung des Endlichen auf das Unendliche, Gefühl des Universums, das findet СКАЧАТЬ