Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ ihn der Papst von neuem. Das traf ihn tief; wie wenig er auch sein Seelenheil dadurch gefährdet glauben mochte, so wenig unterschätzte er doch die Folgen des Bannes durch das Vorurteil der Menschen. Nicht nur, daß seine Feinde sich seiner bedienen konnten, auch unter seinen Anhängern erregte er Unsicherheit. Im Banne war er nicht mehr der Unantastbare, der heilige Kaiser; er war gebrandmarkt, ob zu Recht oder Unrecht. Zunächst allerdings wurde die Stellung des Kaisers nicht erschüttert. Frankreich, das Gregor mit der Kaiserkrone lockte, die er dem französischen König zuzuwenden versprach, lehnte vorsichtig ab. Wie komme der Papst dazu, wurde ihm geantwortet, einen so großen Fürsten vom Throne zu stoßen, ohne daß er der ihm vorgeworfenen Verbrechen überführt sei? Das könne nur ein Konzil tun. Würde der Papst mit französischer Hilfe den Kaiser entthronen, würde er alle Fürsten der Welt mit Füßen treten, stolz geworden, weil er den großen Friedrich zerschmettert habe. Ebensowenig ließen sich die deutschen Fürsten zum Abfall bewegen, sie drangen viel mehr in den Papst, der Zwietracht ein Ende zu machen, die das Reich mit Aufruhr und Mord erfülle. Die Volksstimmung in Deutschland war vollends ganz und gar kaiserlich. »Römische Sendlinge und ihr Gebot – Ist jetzt Pfaffen- und Laienspott«, sang der Dichter Freidank. In Schwäbisch-Hall traten Ketzer auf, die behaupteten, der Papst, die Bischöfe und Prälaten wären Ketzer, Kaiser Friedrich und sein Sohn Konrad wären vollkommen und gerecht. Auch kriegerisch hatte Friedrich Erfolge. Er drang siegreich im Kirchenstaate vor, und Gregor geriet in Gefahr, sein Gefangener zu werden. Er erbot sich zum Frieden unter der Bedingung, daß die lombardischen Städte einbezogen würden, was Friedrich ablehnte.

      Ungefähr zur selben Zeit, als Gregor den Bann über den Kaiser verhängte, starb Hermann von Salza, der als sein guter Genius begütigend und vermittelnd neben ihm hergegangen war. Ein grausamer Zug tritt seitdem mehr und mehr in Friedrichs Wesen hervor. Wer sich ihm widersetzte oder ihm zu widerstreben schien, wurde ohne Nachsicht, hohnvoll, dem Untergang geweiht. Die Dominikaner und Franziskaner, die dem Papst anhingen, wurden aus dem Königreich Sizilien vertrieben. Als die Belagerung von Faenza, einer päpstlichen Stadt, sich lange hinzog, ließ der Kaiser siebzig Bürger, die aufgegriffen waren, aufhängen. Ebenso einen Sohn des Dogen von Venedig, weil er mit den Venetianern im Streit war und sie ihn geschädigt hatten. Die Gesandten, die zu Schiff nach Rom reisten, um einem Konzil beizuwohnen, das der Papst berufen hatte, nahm Friedrichs Sohn Enzio nach einer siegreichen Seeschlacht gefangen. Nicht nur, daß der Erzbischof von Besançon dabei ertrank, es starben noch mehrere während der langen Gefangenschaft, in der Friedrich sie hielt. Dies Verfahren gegen hohe Geistliche verschiedener Länder wirkte verstimmend. Der Kaiser aber drang unaufhaltsam gegen Rom vor, immer enger zog er die Schlinge um den geängsteten Gregor; da entriß der Tod den alten Mann seinem Feinde und bewahrte die Welt vor dem Zusammenstoß der rasenden Gestirne.

      In Gregors Nachfolger, dem Genuesen Innocenz IV., hoffte Friedrich einem ihm wohlgesinnten Manne zu begegnen; aber der Papst führte die kaiserfeindliche Politik Gregors, womöglich schärfer, unerbittlicher fort. Verkleidet floh er nach Rom, versammelte dort ein Konzil und entthronte und verfluchte Friedrich in Gegenwart von dessen Kanzler Thaddaeus von Suessa, der vergeblich seinen Herrn zu verteidigen versuchte. In Deutschland erklärten sich die Erzbischöfe von Mainz und Köln für den Papst; sie setzten die Wahl des Landgrafen Heinrich von Thüringen durch und nach dessen Tode des Grafen Wilhelm von Holland. Beide bekämpften Konrad als König von Deutschland mit wechselndem Glück, keiner konnte es zu durchschlagendem Erfolge bringen. Friedrich überlebte die endgültige Spaltung um fünf Jahre, zwar nicht besiegt, aber tief erschüttert. Die Untreue seines Kanzlers Petrus von Vinea, den er viele Jahre hindurch als unentbehrliche Stütze betrachtet hatte, die Gefangennahme des fröhlichen Enzio, seines Sohnes, dessen kriegerische Schneidigkeit sich so oft bewährt hatte und den auszulösen ihm nicht gelang, mußten ihm als Vorzeichen des Zusammenbruchs erscheinen. Aber welchen Schmerz und welche Bitterkeit er auch empfand, der Welt zeigte er immer die Heiterkeit, die als Merkmal des Königtums galt, wie es die Art der Sonne ist, zu strahlen. In sein Testament versiegelte er die Rache, damit nicht sein Tod seinen Feinden zugute käme. »Wir wünschen und befehlen, daß keiner der Verräter am sizilischen Reich jemals in dasselbe zurückzukehren und niemand aus ihrem Geschlecht in deren Rechte und Besitzungen einzutreten wage, unsere Erben seien vielmehr gehalten, an ihnen Rache zu nehmen.« Der Kirche, bestimmte er, sollten alle ihre Rechte zurückerstattet werden, jedoch ohne Schädigung des Reiches und der Ehre des Kaisertums und seiner Erben, und wenn die Kirche ihrerseits die Rechte des Kaisertums zurückerstatte. Ebenso treu ihrem Haß waren die Päpste. Friedrichs Sohn Konrad versuchte vergeblich zu einer Verständigung mit ihnen zu kommen, nicht nur Innocenz, sondern auch seine Nachfolger erklärten, daß sie keinen Sprossen des verfluchten Geschlechts der Hohenstaufer auf dem Thron der Könige und Kaiser dulden würden. Innocenz tat sofort nach Friedrichs Tod Schritte, um sich in den Besitz Siziliens zu setzen, starb aber, ohne etwas erreicht zu haben. Im selben Jahre folgte ihm Konrad im Tode nach. Manfred, Friedrichs Liebling, der sternenäugige Sohn der Bianca Lancia, der alle die glänzenden Eigenschaften des Vaters geerbt zu haben schien, schön, mutig, dichterisch begabt, hochgebildet war, verteidigte das Königreich mit Glück. Trotz seines überwiegend italienischen Ursprungs schmückte ihn die Blondheit der Staufer. An seinem Hofe sammelte sich alles, was der Süden Italiens an hoher Bildung und fremdartigem Reiz hervorbrachte. Er trug, so glaubte man, einen Zauberring, mit dem er Dämonen beschwören konnte und der später in den Besitz der Päpste gelangt sein soll. Ohne Erfolg für die Päpste zog sich der Krieg um Sizilien hin, bis Clemens IV. den Bruder des Königs von Frankreich, Karl von Anjou, ihn zu führen bewog. Manfred fiel in der unglücklichen Schlacht bei Benevent; zwei Jahre später wurde Konradin, der sechzehnjährige Sohn König Konrads und der Elisabeth von Bayern, in der Schlacht bei Tagliacozza besiegt und in Neapel hingerichtet. Es war im Jahre 1268. Die Schande, mit der dies unerhörte Verfahren den Namen Karl von Anjou unvertilgbar befleckte, war die einzige Strafe, mit der das Schicksal den Henker des jungen Königs zeichnete. Das unkönigliche und unritterliche Wüten gegen den Hochgeborenen und seine Getreuen erregte Widerwillen nicht nur bei den Ghibellinen Italiens und Sympathie für den Jüngling, der mit Anmut und dem Anstand eines Königs zu sterben wußte. Es wird erzählt, daß Konradin, nachdem seine Witwe gewordene Mutter sich mit dem Grafen Meinhard von Tirol vermählt hatte, sich nicht mehr vor ihr erhob, wie er früher getan hatte, und das damit begründete, daß sie ihr erlauchtes Geschlecht durch die Heirat mit einem weit unter ihr Stehenden verleugnet habe; er als König und Sohn des Kaisers werde ihr nun nicht mehr die Ehre erweisen, die der römischen Kaiserin gebührt habe. Der Fluch der Kirche und der Abfall des Glückes beugten den Stolz des Hohenstaufenblutes nicht. Wie gering auch die Aussicht war, den Kampf zu gewinnen, in dem sein mächtiger Großvater, sein Vater und sein Oheim gescheitert waren, er wußte, daß seine Ehre forderte, ihn aufzunehmen und seinen Vorfahren, wenn nicht an Glück und Ruhm, so doch an hohem Sinn zu gleichen, und starb königlich. Jahrzehnte später zeichnete ein Mönch von Winterthur eine erstaunliche Nachricht auf, die ihm mitgeteilt worden war: als König Konradins Haupt gefallen sei, habe sich ein Adler mit raschem Fluge vom Himmel herabgestürzt, habe seinen rechten Flügel durch das Königsblut gezogen und sei so, mit blutiger Schwinge, aufgestiegen und in den Wolken verschwunden. So ließ der Volksglaube das Herrengeschlecht in die göttliche Heimat zurückkehren.

      Weithin leuchtend wie die Mittagshöhe des Reichs und der Staufer war ihr Untergang. Heinrich, Friedrichs Erstgeborener, wurde von seinem Vater zum römischen König und Regenten von Deutschland bestimmt, eine Belastung, für die er nicht nur zu jung, sondern auch, wie es scheint, zu leichtherzig, zu wenig klug und zu wenig charaktervoll war. Er erzürnte seinen Vater dadurch, daß er sich von der ungeliebten Margarete von Österreich scheiden wollte, um Agnes von Böhmen zu heiraten, und er verdarb es mit den Fürsten, weil er die Städte begünstigte. Friedrich verfuhr gegen ihn mit mehr als Härte, mit einer Grausamkeit, die den Sohn zum Äußersten trieb; er knebelte ihn so mit Vorschriften und Bedingungen, daß er den Königsnamen fast zum Hohne trug. Als der Ratlose sich mit den lombardischen Städten verbündete, bat Friedrich selbst den Papst, seinen Sohn zu exkommunizieren. Er lag erst in Heidelberg gefangen und wurde dann nach Apulien gebracht. Die Gelegenheit wahrnehmend, als er aus einem Kerker in einen anderen geführt werden sollte, riß er sich unterwegs von seinen Begleitern los und stürzte sich mit seinem Pferd in den Abgrund. Er war noch nicht dreißig Jahre alt. Friedrich ließ ihn in ein mit Gold und Silber gesticktes Gewand СКАЧАТЬ