Nonni erzählt: Erlebnisse und Geschichten vom frohen Öresund.. Jón Svensson
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СКАЧАТЬ Ponys zu verschaffen, um Vergnügungsritte zu machen. Jetzt war eben eine gute Gelegenheit da. Ich war ihnen in die Hände gefallen, und sie waren nicht gesonnen, mich so ohne weiteres wieder entschlüpfen zu lassen.

      Einer von ihnen fasste mich schon mit kräftigen Armen um den Leib und wollte mich vom Pferde herunterziehen. Ich wehrte mich, so gut ich konnte, und schlug sogar mit dem Schafte meiner Reitpeitsche um mich. — Der Mann liess mich los, aber nur für einen Augenblick. Mein Widerstand hatte ihn gereizt, und mit einigen Kameraden machte er Miene, mich jetzt etwas kräftiger anzupacken.

      „Ihr kennt das Pferd nicht“, schrie ich den Angreifern zu, „es wird sich von euch losreissen und davonlaufen, und dann kann ich nicht weiter... Lasst mich doch los — ich darf mich nicht aufhalten ...“

      Meine Lage fing an, gefährlich zu werden, und die Dänen schienen mir hier nicht so liebenswürdig wie sonst zu sein.

      Da auf einmal trat einer der Leute an mich heran. Es war ein riesengrosser Mensch mit gewaltigem, blondem Vollbart. Er schob mit einem kräftigen Stoss seine hitzigen Landsleute von mir weg und sagte:

      „Nein, das machen wir nicht. Der Junge hat Eile; wir wollen ihn weiterziehen lassen.“

      Dann wandte er sich an mich und redete mich sanft an:

      „Du kannst uns wohl dein Pferd nicht gut leihen, mein kleiner Freund?“

      „Ihnen wollte ich es gern leihen. Doch diesmal kann ich es leider nicht. Ich darf keine Zeit verlieren.“

      „Dann ist’s gut. Reite nur weiter. Du sollst von uns nichts zu fürchten haben.“

      „Ich danke Ihnen herzlich“, sagte ich zu meinem freundlichen Befreier und sprengte davon.

      Fidel stiess ein Freudengeheul aus. Dann lief er neben mir her, versäumte es aber nicht, einige Male noch den Kopf umzudrehen und ein zorniges Bellen nach der Richtung der Matrosen zurückzuschleudern.

      Die Freundlichkeit des grossen dänischen Matrosen mit dem blonden Vollbart konnte ich nicht mehr vergessen. „Wenn ich ihm noch einmal begegne“, sagte ich zu mir selbst, „dann biete ich ihm sogleich mein Pferd an.“ —

      Ich führte meinen Auftrag aus und kehrte bald wieder nach Hause zurück.

      Auf dem Heimweg begegnete ich den Matrosen nicht mehr. Sie waren schon alle wieder auf ihr Schiff, die „Hertha“, zurückgekehrt.

      Sobald ich meiner Mutter Rechenschaft abgelegt und mein Pferd wieder auf die Weide getrieben hatte, lief ich zum Meeresstrande hinunter, wo eine Menge meiner kleinen Kameraden auf dem reinen, trockenen Sande am Spielen war.

      Es war sonniges, warmes Sommerwetter, und der glatte Meeresspiegel glänzte im Sonnenschein wie Silber und Gold.

      Auf einmal drang zu uns von den Schiffen her, die auf der weiten Reede vor Anker lagen, ein starkes, dumpfes Geräusch, gefolgt von lautem, durchdringendem Geschrei. ...

      Sofort hörten wir mit unserem Spiel auf und warfen angstvolle Blicke nach den Schiffen.

      „Wo ist das gewesen?“ riefen einige.

      Ein Junge zeigte mit der Hand nach der „Hertha“ und rief:

      „Schaut doch, die Matrosen laufen ganz wirr durcheinander auf dem Deck herum.“

      Aller Augen waren auf die „Hertha“ gerichtet.

      Man war dort eben noch mit dem Ausladen grosser Weinfässer beschäftigt gewesen. Die schweren, vollen Fässer wurden mit starken Eisenketten aus dem Lastraum in die Höhe gehoben und dann in die Boote draussen an der Schiffswand heruntergelassen.

      Ein Knabe rief:

      „Ein Fass muss wohl von oben her auf dar Deck hinuntergefallen sein.“

      „O Gott“, riefen einige, „dann ist aber gewiss ein Mann dabei zu Schaden gekommen!“

      Nur zu bald sollten wir mit eigenen Augen sehen, dass diese Vermutung richtig war.

      Ein Mann — offenbar ein Verunglückter — wurde nach einiger Zeit vorsichtig an der Schiffswand hinuntergelassen, um gleich darauf von einigen Matrosen ans Land gerudert zu werden.

      Wir liefen alle zur Landungsstelle hin und sahen nun, als das Boot die Landungsbrücke erreichte, dass sechs dänische Matrosen einen Verwundeten ans Land brachten.

      Der Verunglückte lag unbeweglich auf einer Strohmatratze mitten im Kahn unter einer grossen wollenen Decke. Seine Kameraden banden das Boot an der Brücke fest und stiegen aus. Der Sýslumaður, einer der höheren Beamten der kleinen Stadt, war schon zur Stelle.

      Ich drängte mich näher heran, um hören zu können, was gesprochen wurde.

      „Was ist mit dem Manne geschehen?“ fragte der Beamte.

      „Ein Weinfass ist auf ihn heruntergefallen und hat ihm den ganzen Unterkörper zerquetscht“, antwortete einer der Matrosen.

      „Schade, dass wir augenblicklich keinen Arzt hier im Orte haben. Doch es ist eine Hebamme da, die sich etwas auf Heilkunde versteht. Der Verwundete muss sofort zu ihr gebracht werden.“

      Nun wurde der Mann aus dem Boot gehoben. Als er auf die Landungsbrücke niedergelegt wurde, kam sein Gesicht zum Vorschein.

      Ich stiess einen lauten Schrei aus. ... Ich hatte nämlich in ihm sofort den freundlichen, grossen Dänen mit dem blonden Vollbart erkannt, der mich einige Stunden vorher aus den Händen seiner Kameraden befreit hatte.

      Ich wurde so bestürzt, dass ich gleich nach Hause lief und meiner Mutter alles erzählte. Auch sie wurde sehr ergriffen und sagte, ich solle ohne Verzug nach dem Hause der Hebamme gehen und, nachdem der Mann verbunden worden sei, fragen, wie es mit ihm stehe.

      Ich lief hin und wartete draussen, bis die Matrosen das Haus verliessen, um wieder an Bord zu gehen. Sie sahen alle sehr ernst und niedergeschlagen aus und sprachen nur ganz leise miteinander.

      „Wie geht es ihm?“ fragte ich sie.

      „Schlecht!“ war die einzige Antwort.

      Ich ging ins Haus hinein und wurde freundlich von der Hebamme, die ich gut kannte, empfangen.

      „Ist es wahr, dass es dem armen Manne schlecht geht?“ fragte ich sie.

      „Ja, leider, mein kleiner Nonni; er wird kaum am Leben bleiben. Der ganze Unterkörper ist vollständig zerquetscht. Er ist schrecklich zugerichtet. Hier würde auch der beste Arzt nichts ausrichten können.“

      Es traten mir Tränen in die Augen.

      „Er ist noch bei Besinnung“, sagte sie, „und benimmt sich gefasst und mutig wie ein Held. Willst du zu ihm hineingehen, Nonni?“

      „Ja, sehr gerne“, erwiderte ich.

      Sie führte mich hinein. Der Mann lag in einem kleinen Zimmer auf einem guten Lager. Er war mit einem grossen Federbett aus sehr leichten, echten isländischen Eiderdaunen zugedeckt. Nur der Kopf war noch sichtbar.

      Ich näherte mich dem Bette. Der Schwerverletzte СКАЧАТЬ