Tödliches Glück. Will Berthold
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tödliches Glück - Will Berthold страница 9

Название: Tödliches Glück

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711727072

isbn:

СКАЧАТЬ Natürlich kochen die ihre Giftsuppe – aber ich fürchte, es steckt mehr dahinter als Propagandarummel. Es scheint sich um eine großangelegte Aktion zu handeln. Jedenfalls sind diese Stasi-Leute verdammt sicher.“

      „Was weiß man über Deschler und Megede?“

      „Noch nichts Genaues“, antwortete Ballauf dumpf. „Aber ich fürchte –“

      „Haben Sie die CIA schon kontaktiert?“

      „Ich wollte niemandem vorgreifen, Herr Dr. Schneider“, gab er sich bescheiden.

      Obwohl Megede niemals auf dem Dienstweg gemeldet hatte, daß er auch die konkurrierende Schwesterfirma CIA bediente, wußte man es natürlich in Pullachs Spitze und benutzte den Mann, den Amerikanern bestimmte Nachrichten zuzuspielen, die nicht offiziell über den Schreibtisch gehen sollten, oder die Bundesgenossen – in dem einen oder anderen Fall – sogar eine Weile zu desinformieren.

      „Also, Heinrich“, wandte sich der General wieder an Dennert, „stellen Sie ohne Rücksicht auf die Person und auch auf die Nation fest, wer von dem Auftrag Metzlers gewußt haben kann. Setzen Sie mich als Verdächtigen Nummer eins auf Ihre Liste.“ Er lächelte kläglich; Humor war nicht seine Stärke, Menschenkenntnis auch nicht, „und reihen Sie sich selbst als den zweiten und Herrn Ballauf als Nummer drei in die Kartei der Verdächtigen ein. Alle weiteren Namen, einschließlich meiner Sekretärin. Jeder wird überprüft, und wenn es zum hundertsten Male ist. Sie haben jede Rückendeckung von mir.“

      „Besten Dank“, erwiderte Dennert. „Nur möchte ich darum bitten“, warf er gallig ein, „daß ich mich nicht selbst zu checken brauche, sondern ein anderer –“

      „Seien Sie doch nicht so humorlos, Heinrich“, faßte sich der General gewissermaßen an die eigene Nase. Er lief mit kurzen abgezirkelten Schritten auf und ab. „Wenn die Normannenstraße jetzt schon die Verhaftung bekanntgibt, dann wird sie nach bewährtem Muster in Ostberlin eine Pressekonferenz inszenieren, und wir haben wieder mal die Bescherung.“

      „Das ist zu befürchten“, bestätigte Dennert.

      „Die Ostpropaganda macht jetzt schon aus ihren Fahndungsdurchsagen Trompetenstöße“, konstatierte Bailauf. „Sie können sich das anhören. Ich habe die ersten Meldungen mitschneiden lassen. Der übliche Schmus – aber zwei Dinge geben mir zu denken“, setzte er nach kurzem Zögern hinzu, wartend, bis ihn der General durch ein Kopfnicken aufforderte, weiterzusprechen: „Verhaftungen spielt man doch erst hoch, wenn der Fall restlos aufgeklärt ist.“

      „Vielleicht wollen sie von ihrem faulen Zauber an der Grenze ablenken“, versetzte Dennert. „Oder sie hatten den Fall schon geklärt, bevor wir unser Kleeblatt in die Zone eingeschleust haben.“

      „Und der zweite Punkt?“ überging der Hausherr logischen Pessimismus.

      „Ich habe inzwischen das Unternehmen Metzler-Megede-Deschler noch einmal rekonstruiert. Vermutlich war die Falle, in die unsere Freunde gelaufen sind, tatsächlich von langer Hand vorbereitet – aber von einem vierten Teilnehmer dieses Unternehmens weiß ich absolut nichts.“

      „Wieso viertem Teilnehmer?“ fragte Dennert.

      „In der ganzen Zone wird ein Mann gesucht, der unter dem Namen Fritz Stenglein auftritt: fünfunddreißig Jahre alt, einen Meter achtzig groß, blaue Augen, glattes Gesicht, gescheiteltes Haar, braune Lederjacke usw., usw.“ zitierte Bailauf. „Jagen die Gespenster? Oder hat man uns einen Kuckuck ins Nest gelegt? Von einem Fritz Stenglein ist mir jedenfalls überhaupt nichts bekannt.“

      „Ach“, spöttelte Dennert in mokantem Ton, „und sonst ist Ihnen alles bekannt?“

      „Wenn ich mit einer Sache befaßt bin, sehr wohl“, konterte das As der Gegenspionage. „Haben hier vielleicht unsere amerikanischen Freunde ohne unser Wissen mitgemischt?“

      „Fragen Sie sie doch“, versetzte Dennert noch einmal hämisch.

      Der General beendete die Kontroverse. „Ich habe eine Frage an Sie beide, meine Herren“, sagte er. „Wie weit sind Sie mit Jabionski?“

      „Jabionski?“ entgegnete Dennert, der im ersten Moment nicht begriff, daß der Chef eine Schlappe durch eine Bombe wegsprengen wollte.

      „Ich bin so gut wie fertig mit den Ermittlungen“, antwortete Bailauf, dem seine Neider nachsagten, er stelle immer fest, was der Chef hören wolle.

      „Was heißt so gut wie?“

      „Soweit die Vorgänge in mein Ressort fallen, hätte ich keine Bedenken zuzuschlagen“, warf sich Ballauf in die Brust; Serge Jabionski, der KGB-Resident in Hamburg, war schon vor mehreren Wochen erkannt, enttarnt und seitdem rund um die Uhr beschattet worden. Die Berichte, die täglich über ihn in Pullach eingingen, füllten ein dickes Dossier.

      „Die Ermittlungen sind praktisch abgeschlossen“, setzte Ballauf behende hinzu.

      „Und was heißt praktisch?“

      „Ich hätte – wie gesagt – keine Bedenken, Jabionski zu verhaften.“

      „Und was meinen Sie dazu, Heinrich?“ fragte der General.

      „Blendende Idee“, erwiderte der Sicherheitsbeauftragte. „Das ist genau die richtige Masche, diesen Schreihälsen und drei weiteren Mitarbeitern da drüben das Maul zu stopfen.“

      Der General holte sich noch bei Karsunke und Kleemann Zustimmung, dann beorderte er Dennert und Bailauf nach Hamburg, wo sie morgen früh, in Zusammenarbeit mit Kriminalpolizei und Verfassungsschutz, schlagartig die Residentur des sowjetischen Geheimdienstes ausheben sollten.

      „Es könnte nicht schaden, wenn Sie auch einige unserer Pressefreunde verständigen würden“, hatte der General bei der Verabschiedung noch festgestellt.

      Als ich – fünf Minuten nach der ersten Fahndungsdurchsage nach dem Mann, der ich heute noch gewesen war – die HO-Raststätte verlassen wollte, war ich direkt der Vopo-Streife in die Arme gelaufen. Es waren zwei Uniformierte. Sie standen links und rechts vom Eingang, groß der eine, untersetzt der andere. Sie hatten mich längst bemerkt und sahen mir entgegen wie dem linken Schächer am Kreuz.

      Umkehren war sinnlos, und so schob ich mich betont langsam und lässig auf die Vopos zu und memorierte: Du bist Martin Lange aus der Friedrichstraße in Berlin-Ost, seit drei Jahren Witwer, seitdem deine Frau Irene im Wochenbett gestorben ist. Du arbeitest als Angestellter in Adlerhorst. Du hast noch acht Tage Urlaub, du warst beim Angeln an der Müritz, und du hast alte Freunde in Magdeburg besucht, obwohl du ein richtiger Eigenbrötler und Alleingänger bist. Martin Lange, evangelisch, fast 82 Kilo schwer, nicht ohne Grund, denn du bist gewöhnt, alles in dich hineinzufressen, den Kummer im Büro genauso wie den Erbseneintopf.

      Ich war noch einen Meter von ihnen entfernt.

      Sie wichen nicht beiseite.

      Ich griff in die Tasche, nach meinem Ausweis, aber sie trafen keine Anstalten, meine Papiere zu kontrollieren oder mich zu filzen.

      Ich ging langsam weiter, schritt durch die beiden hindurch.

      Sie sahen mir mit diesem unbeschreiblichen Blick nach, sagten kein Wort und rührten keine Hand, als lohne es sich nicht für die Diener eines atheistischen Staates, einen biblischen Sünder zu stellen.

      Ich СКАЧАТЬ