Ekkehard. Joseph Victor von Scheffel
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Название: Ekkehard

Автор: Joseph Victor von Scheffel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783966510820

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СКАЧАТЬ galt, die Einsegnung des neuen Weines abgehalten. Fröhlicher Zuruf und fernes Jauchzen klang aus den Rebbergen.

      Unbemerkt kam Ekkehard zum Kloster, auf wenig Schritte war er ihm genaht, da erst ragte der schwerfällige Turm mit seinen Vorhallen, deren Rundbogen abwechselnd mit grauen und roten Sandsteinquadern geschmückt sind, vor ihm auf.

      Im Klosterhof war alles stumm und still. Ein großer Hund wedelte am fremden Gast hinauf, ohne Laut zu geben, er bellte keine Kutte an; die Einwohner allesamt hatte der linde Herbsttag hinausgelockt.

      Da trat Ekkehard in die gewölbte Fremdenstube am Eingang. Auch des Pförtners Gelass nebenan war leer. Offene Fässer standen aufgepflanzt, manche schon mit süßem Moste gefüllt. Hinter ihnen war ein steinern Bänklein an der Wand; Ekkehard war frisch ausgeschritten und die Seeluft hatte ihm zehrend ums Haupt geweht, da kam ein Zug des Schlummers mächtig über ihn, er lehnte den Wanderstab an den Arm, streckte sich ein weniges und nickte ein.

      Derweil zog sich's mit langsamem Schritt in die kühle Stube, das war der ehrenwerte Bruder Rudimann, des Klosters Kellermeister. Er trug ein steinern Krüglein in der Rechten und ging seines Amtes nach, Mostprobe zu halten. Das Lächeln eines mit der Welt und sich versöhnten Mannes lag auf seinen Lippen und sein Bauch war fröhlich gediehen, wie das Hauswesen des Fleißigen, einen weißen Schurz hatte er darüber geschlungen, gewichtiger Schlüsselbund klapperte an seiner linken Seite.

      »Zum Kellermeister soll erwählt werden ein weiser Mann von reifen Sitten, nüchtern und nicht vieler Speise gierig, kein Zänker und kein Schelter, kein Träger und kein Vergeuder, sondern ein Gottesfürchtiger, der der gesamten Bruderschaft sei als wie ein Vater«.– und soweit es des Fleisches Schwäche hinieden möglich macht, war Rudimann bemüht, sotane Kellermeisterseigenschaften in sich zu vereinen. Dabei aber trug er das herbe Amt eines Strafvollziehers, und wenn einer der Brüder der Geißelung sich schuldig gemacht, band er ihn an die Säule und konnte sich keiner über die Milde seines Armes beklagen. Dass er außerdem mit boshafter Zunge dann und wann boshaftige Gedanken aussprach und den Abt mit Verdächtigung der Mitbrüder zu unterhalten wusste, wie das Eichhörnlein Ratatöskr der Edda, das auf- und abrennt an der Esche Yggdrasil und des Adlers zürnende Worte im Wipfel hernieder trägt zu Nidhöggr, dem Drachen in der Tiefe: das war nicht seines Amtes, das tat er aus freien Stücken.

      Heute aber schaute er gar vergnüglich drein, deß trug die Güte der Weinlese Schuld. Und er tauchte sein Krüglein in ein offenes Faß, hielt's gegen das Fenster und schlürfte bedächtig den unklaren Stoff. Den schlafenden Gast nahm er nicht wahr.

      Auch dieser ist süß, spach er, und kommt doch vom mitternächtigen Abhang der Hügel. Gelobt sei der Herr, der vom Notstand seiner Knechte auf dieser Au eine billige Einsicht nahm und nach so viel magern Jahren ein fettes schuf, und frei von Säure!

      Inzwischen ging draußen Kerhildis, die Obermagd, vorüber, sie trug eine traubengefüllte Butte zur Kelter. Kerhildis, sprach der Kellermeister leise, getreueste aller Mägde, nimm mein Krüglein und füll es mit dem Neuen vom Wartberg, der drüben an der Kelter steht, auf dass ich ihn mit diesem vergleiche.

      Kerhildis, die Obermagd, stellte ihre Last ab und ging und kam und stand vor Rudimann, reichte ihm das Krüglein, schaute schalkhaft an ihm hinauf, denn er überragte sie um eines Kopfes Länge, und sprach: Wohl bekomm's!

      Rudimann tat einen langen, frommen, vergleichenden Zug, so dass ihm der Neue auf den Lippen schmelzen mochte wie Schnee in der Morgensonne; alle miteinander werden süß und gut, sprach er, und seine Augen hoben sich gerührt, und dass sie an der Obermagd strahlendem Antlitz haften blieben, daran trug der Kellermeister kaum Schuld, denn diese hätte sich inzwischen auch zurückziehen können.

      Da fuhr er mit Salbung fort: So ich aber Euch anschaue, Kerhildis, so wird mein Herz doppelt froh, denn auch Ihr gedeihet wie der Klosterwein in diesem Herbst, und Eure Bäcklein sind rot, wie Granatäpfel, die des Pflückenden harren. Preiset mit mir des Jahrgangs Güte, getreuste aller Mägde!

      Und der Kellermeister schlang seinen Arm um der schwarzbraunen Obermagd Hüfte, die wehrte sich nicht groß – was liegt an einem Kuss im Herbst? – und sie wusste, dass Rudimann ein Mann von reifen Sitten war und alles mäßig tat, wie es einem Kellermeister geziemt.

      Da fuhr der Schläfer auf der Steinbank aus seinem Schlummer. Ein eigentümlich Geräusch, das von nichts anderem herrühren kann als von einem wohlaufgesetzten verständigen Kuss, schlug an sein Ohr, er schaute zwischen den Fässern durch, da sah er des Kellermeisters Gewandung und ein Paar fliegende Zöpfe, die nicht zu diesem Habit gehörten... er richtete sich auf, ein ungestümer Zorn kam über ihn, denn Ekkehard war jung und eifrig, und in Sankt Gallen war strenge Sitte, und es hatte ihm noch nie als möglich vorgeschwebt, dass ein Mann im Ordenskleid ein Weib küssen möge.

      Sein wuchtiger Haselstock ruhte ihm noch im Arm; jetzt sprang er vor und schlug dem Kellermeister einen wohlgefügen Streich, der zog sich von der rechten Schulter nach der linken Hüfte und saß fest und gut wie ein auf Bestellung gelieferter Rock – und bevor sich jener der ersten Überraschung erholt, folgte ein zweiter und dritter von gleichem Schrot... er ließ sein steinern Geschirr fallen, dass es am Pflaster zerschellte; Kerhildis entfloh.

      Beim Krug von der Hochzeit zu Kana! rief Rudimann, was ist das? und wandte sich gegen den Angreifer. Jetzt erst schauten sich die beiden von Angesicht zu Angesicht.

      Ein Gastgeschenk ist's, sprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige Gall dem heiligen Pirmin sendet! und er erhob seinen Stab von neuem.

      Dacht' ich's doch, schalt der Kellermeister, sankt gallische Holzäpfel! Man kennt euch an den Früchten: Boden hart, Glaube roh, Leute grob! Wartet auf das Gegengeschenk.

      Er sah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Besen stand in der Ecke, mit dem waffnete er sich und gedachte auf den Störer seines Friedens einzudringen...

      Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch! Und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was ist hier für ein Holofernes aus dem Boden gewachsen?

      Es war der Abt Wazmann, der mit seinem Freund Simon Bardo, dem ehemaligen des griechischen Kaisers, von der Einsegnung der Weinlese zurückkehrte. Das Geräusch des Streits unterbrach eine gelehrte Auseinandersetzung des Griechen über die Belagerung der Stadt Hai durch Josua und die strategischen Fehler des Königs von Hai, da er mit seinem Heer auszog wider die Wüste. Der alte Griechenfeldherr, der die Heimat verlassen, um im byzantinischen Ruhestand nicht an Mattigkeit der Seele zu sterben, lag in seinen Mußestunden im deutschen Kloster eifrig dem Studium der Taktik ob; sie hießen ihn scherzweise den Hauptmann von Kapernaum, wiewohl er das Ordenskleid genommen.

      Gebt dem Streit Raum, sprach Simon Baro, der mit Bedauern den Zweikampf unterbrochen sah, zum Abte: ich hab' heut im Traume ein Sprühen von Feuerfunken erschaut, das deutet Schläge...

      Der Abt aber, in dessen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Greuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung vortragen.

      Da hob Rudimann an zu erzählen, was geschehen war und verschwieg nichts.

      Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptstück sechsundvierzig: von dem, was bei der Arbeit, beim Gärtnen oder Fischfang, in Küche oder Keller gesündigt wird – alemannisches Gesetz: von dem was mit Mägden geschieht... der Gegner spreche!

      Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeschaut und in gerechtem Zorn dreingefahren.

      Verwickelt! murmelte der Abt, Hauptstück siebenzig: kein Bruder nehme sich heraus, den Mitbruder vor der Ermächtigung des Abts zu schlagen, Hauptstück zweiundsiebenzig: von demjenigen Eifer, der einem Mönch wohl ansteht und zum ewigen Leben führet... СКАЧАТЬ