Interlaken. Silvia Götschi
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Название: Interlaken

Автор: Silvia Götschi

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Maximilian von Wirth

isbn: 9783960416661

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СКАЧАТЬ genoss diesen Augenblick. «Angenommen, du wärst ich. Wie würdest du reagieren, wenn deine Frau spurlos verschwindet?»

      «Ich würde selbstverständlich nach ihr suchen, es der Polizei melden.»

      «Siehst du. Es ist das, was mich misstrauisch macht.» Max sah hinaus auf das Wasser, welches von der Dunkelheit verschlungen wurde. In der Ferne tanzten Lichtpunkte. «Die beiden Männer warten, lassen Stunden und zuletzt zwei ganze Tage verstreichen. Sie bleiben nicht bloss ruhig, nein, es eilt nicht einmal.»

      «Noch wissen wir absolut nichts. Und so ruhig, wie du es sagst, waren die nicht. Sie konnten es nur nicht zeigen. Ihre Emotionslosigkeit, wie sie uns vorkommt, ist nichts anderes als eine anerzogene Tugend.»

      «Sie hätten uns zumindest etwas erzählen können. Ihnen war es wichtig, uns den Vorschuss zu präsentieren.»

      «Da sieht man, wie viel wert ihnen die Frauen sind.» Fede liess ihn los. «Komm, wir gehen zum Zelt.»

      Max löste sich vom Blick auf den See, von der Bank, den Geräuschen um sie herum und folgte Fede Richtung Park, wo die Zelte und Wohnwagen standen. Die Campinggäste hatten ihr Leben auf die Plätze davor verlagert, sassen an Tischen, standen um Feuerstellen, hingen in Hängematten zwischen Baumstämmen. Kinder tollten herum und kreischten.

      Max mochte den Rummel hier nicht. Als ein wohlbeleibter Mittfünfziger ihn zum Bier einlud, lehnte er freundlich ab. Auf keinen Fall wollte er mit den Leuten auf Tuchfühlung gehen. Anders sah es Fede. Sie grüsste in alle Richtungen und schien es zu geniessen, wenn ihr die Frauen neidische Blicke zuwarfen.

      Ihr Zelt stand etwas abseits vor einer Baumreihe, neben einem Tipi, das junge Camper aufgestellt hatten, die vor ihrem Grill sassen und aus Flaschen tranken. Auf dem Boden stand eine Musikbox, aus der eine kindliche Stimme piepste, die am oberen Ende der Tonleiter lag, begleitet mit einem elektronischen Beat. Die Stimmung unter ihnen war ausgelassen und heiter.

      Fede zog den Zipper an der Zeltwand auf. Max betrat den Eingangsbereich, in dem sich eine kleine Kochnische mit einem Gasherd und einem Kühlschrank befand. Es roch nach schwüler, feuchter und abgestandener Luft. Zwei Schlafkabinen, ausgestattet mit Feldbetten, nahmen die hintere Wand ein. Fede hatte bereits die Schlafsäcke in einem der Abteile hingelegt, dorthin, wo das breiteste Bett stand. Durch die dünnen Stoffwände drangen Stimmen.

      «Cool, nicht?» Fede schwang sich rücklings auf die Doppelpritsche, streckte alle viere von sich.

      Max erwiderte nichts. Das hier war definitiv nicht seine Welt. Die Duschkabinen und Toiletten befanden sich hundert Meter neben ihrem Zelt. Max graute davor, nachts mit einer Taschenlampe zwischen fremden Zelten dorthin zu gelangen. Er erinnerte sich an Fedes perfides Grinsen und wusste nun, was sie damit hatte ausdrücken wollen: pure Schadenfreude.

      «Hi, Freaks!»

      Den Typen unter dem Zelteingang bemerkte Max, als er im Begriff war, sein Hemd auszuziehen. Dass der Mann nicht seinetwegen hier war, war offensichtlich. Der Fremde hatte nur Augen für Fede. «Lust auf einen Schlummertrunk?»

      Max stellte sich ihm in den Weg. «Nein, danke, kein Bedarf.»

      «Gerne, ja.» Fede war vom Bett aufgeschnellt. «Hi, ich bin Fede, und das ist Max. Er meint es nie so, wie er es sagt.» Sie wandte sich ihm zu. «Max, Darling. Es ist noch früh.»

      Max sah auf seine Armbanduhr, ein Geschenk seines verstorbenen Vaters. Halb elf. «Wir haben morgen einen Termin, schon vergessen?» Sein Satz ging völlig unter. Fede befand sich bereits auf dem Weg zum nachbarlichen Tipi. Max blieb nichts anderes übrig, als ihr nachzugehen, wollte er nicht als Spielverderber dastehen.

      Widerwillig grüsste er in die Runde. Vier Männer im Alter von fünfundzwanzig, alle mit Dreitagebärten, rückten etwas zur Seite, um den Neuankömmlingen Platz zu machen. Max bereute es bereits, sich darauf eingelassen zu haben. Wie selbstverständlich wurden zwei Slibowitzflaschen herumgereicht. Max gab sie weiter. Er mochte jetzt keinen hochprozentigen Pflaumenbrand. Er beschränkte sich auf eine Dose Bier, um nicht ganz aus der Reihe zu tanzen.

      «Was führt euch hierher?» Einer der Männer, er nannte sich John, deutete auf Max’ Boliden. «Eine ziemlich teure Karre für einen Zeltplatz … oder ist er geleast?» Er wartete eine Antwort nicht ab, grinste bloss und nahm wieder einen grossen Schluck Slibowitz. «Geht mich ja nichts an, aber einen Mustang und auf dem Beifahrersitz eine heisse Braut … was habt ihr vor?»

      Max hatte es satt, sich zum Narren machen zu lassen. Fede hatte bislang nicht viel gesagt, nur gelacht und tüchtig mitgetrunken. «Ich bin Anwalt», sagte er, wollte Eindruck schinden.

      «Ach, schau an, einer von den ganz Gescheiten.» John lachte laut heraus. Er hob die Flasche, die bei ihm angelangt war, und flachste in die Runde. «Keine Bange, Kumpel. Wir sind Hochschulabgänger, haben in Sankt Gallen Wirtschaft studiert und wollen noch einmal die Sau rauslassen, bevor es ernst gilt.» Er gestikulierte in alle Himmelsrichtungen. «Nach dem Sommer werde ich in einer Versicherung arbeiten. Meine Kollegen zieht es nach Übersee und Australien. Wir feiern den Abschied von unserem Studentenleben, prost.»

      Aus der anfänglich holprigen Konversation, vor allem zwischen Max und John, wurde ein feuchtfröhlicher Abend, der bis in die frühen Morgenstunden hineindauerte. Nachdem der Platzwart sich wegen des Lärms beschwert hatte, verlegten sie die Party ans Ufer und feierten dort weiter.

      Es war drei Uhr, als Max und Fede betrunken zu ihrem Zelt gingen. Fede schlief gleich ein, derweil Max an die Decke starrte und darüber sinnierte, welche Zeit er bei Alkohol und geistlosem Gerede vergeudet hatte. Hochschulabgänger. Davon war weder etwas zu hören noch zu sehen gewesen. «Lebe», hatte Fede Max geraten. «Geniesse den Moment.»

      Auf diesen Moment hätte er gern verzichtet. Der Kopf tat ihm weh.

      ZWEI

      Fede hantierte am Gasherd, als Max aus dem Schlafabteil kroch. Sie hatte das Radio auf Zimmerlautstärke gestellt und sang zusammen mit Rihanna und Kanye West.

      Wie machte sie das bloss? Frisch und ausgeschlafen schien sie, hatte sich ein langes ärmelloses Strandkleid übergezogen und die Haare hochgesteckt.

      Der Campingtisch vor dem Zelt war aufgedeckt. Ein farbiges Tuch, darauf Teller, Tassen und Besteck nebst Butter und frischen Buttergipfeln. «Die Omelette kommt auch gleich.» Fede küsste ihn flüchtig, als er an ihr vorbeiging.

      «Ich gehe duschen», sagte er und konnte ein Gähnen nicht vermeiden.

      «Setz dich hin, das kannst du nachher tun. Wir müssen uns beeilen. Milagros hat mich angerufen. Die Chinesen wollen uns bereits um acht Uhr treffen, also eine Stunde früher als besprochen.»

      «Und jetzt ist?»

      «Viertel nach sieben. Ich weiss doch, wie sehr du ein Frühstück brauchst … nach dieser Nacht.»

      Max setzte sich, überlegte, was Fede in der Nacht mit ihm angestellt haben mochte, entsann sich an nichts. Er strich sich durch das Haar, über das Gesicht und spürte die Bartstoppeln spriessen. Ohne Rasur konnte er unmöglich zu Milagros gehen. «Hat sie sonst noch etwas gesagt?»

      «Dass du dir nicht immer so viele Sorgen machen sollst.» Fede brachte zwei Teller mit der Eierspeise an den Tisch. «Und wir im Hotel frühstücken können.»

      «Dann verrate mir, warum du kochst.» Max setzte sich auf einen der Campingstühle, СКАЧАТЬ