Interlaken. Silvia Götschi
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Название: Interlaken

Автор: Silvia Götschi

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Maximilian von Wirth

isbn: 9783960416661

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СКАЧАТЬ sich für seinen Ford Mustang GT und gegen Fedes Oldtimer Austin Mini durchzusetzen. «Bevor wir unsere Unterkunft beziehen», hatte Max sich verteidigt, «treffen wir Milagros im Hotel. Deine alte Karre wäre wie eine Ohrfeige gegen den Luxus.»

      Fede hatte sich nach einigen heftigen Protesten geschlagen gegeben und am Ende ein perfides Lächeln aufgesetzt, dessen Bedeutung Max nicht zu entschlüsseln vermochte. Sie hatten zuerst in Hergiswil und später in Stans das Nötigste eingepackt und waren am Nachmittag aufgebrochen.

      Das Nötigste. Fedes Koffer war in Ordnung. Aber was befand sich in ihrer Sporttasche? Max hatte nicht gefragt.

      Bis zum Brünigpass hatte Fede trotz offenen Verdecks geschlafen und ihr Manko ausgeglichen. Jetzt war sie hellwach und kommentierte die zum Teil überhängenden Felsen, welche die Strasse vom Brünigpass Richtung Brienzwiler säumten. «Hast du nicht Angst, dass da mal was runterkommt?» Demonstrativ zog sie den Kopf ein und legte die Hände darüber. «Die Berge sind instabil geworden. Klimawandel, sag ich da nur. Siehst du die Netze dort? Die reichen kaum aus, wenn die Felsbrocken abbrechen.»

      Max warf wieder einen Blick auf ihre Seite und bemerkte ihr schelmisches Grinsen. Fede wirkte entspannt. Die Sonne hatte in den letzten Tagen einen Goldton auf ihr Gesicht gezaubert. Die Sommersprossen standen ihr gut. Der Fahrtwind blies ihre rote wilde Mähne nach hinten und liess ein neues Tattoo an ihrem Hals aufblitzen. Max kommentierte es nicht. Wenn es um Tattoos ging, liess sich Fede nicht dreinreden. Auch sonst nicht.

      Max’ Hand verselbstständigte sich, legte sich auf Fedes Oberschenkel. Fast zwei Jahre waren sie zusammen, ein Paar, das nicht unterschiedlicher hätte sein können. Fede, die Chaotin, die erst durch Max Strukturen in ihr Leben bekam. Umgekehrt erlebte Max gerade eine Renaissance seiner wilden Jahre. Das war nicht immer einfach für ihn, da ihn der Beruf als Anwalt stark geprägt hatte. Obwohl ein Zusammenziehen ein viel diskutiertes Thema war, wohnte Max noch immer in seinem Eigentumsappartement in Hergiswil. Fede hatte im Drachenried zwischen Stans und Kerns einen Bauernhof, den sie nicht aus der Hand geben wollte. Freiheit bedeutete ihr alles. Ihre Beziehung, wie sie sie lebten, war Spannung und erotisches Knistern.

      Der sattgrüne Wald, der die Passstrasse säumte, lichtete sich mit jedem Meter, den sie dem Flusslauf der Aare näher kamen, mehr. Max lenkte den Wagen im Talgrund über die Überlandstrasse, dem Felsriegel Ballenberg entlang, vorbei an einsamen Höfen und allein stehenden Ställen. Rapsfelder bewegten sich im Wind. Die ersten Häuser vom Bauernschnitzerdorf Brienz tauchten auf.

      Max fuhr durch das Dorf am Brienzer Rothorn. In dieser Jahreszeit glitzerte der Brienzersee in türkisfarbenen Farbnuancen. Brienz vermittelte etwas von einem längst vergangenen Jahrhundert, in dem die Hektik des Alltags noch nicht angekommen war. Chalets, so weit das Auge reichte, und von der Sonne verbranntes Holz prägten das Ortsbild sowie die ausladenden Giebeldächer, die so typisch waren für das Berner Oberland. Mit Geranien und Petunien üppig bepflanzte Blumentröge und Vorlauben zierten die dunkelbraunen Fassaden.

      Max war zum ersten Mal vor achtzehn Jahren in Interlaken gewesen, als der Mystery-Park des Autors Erich von Däniken seine Tore geöffnet hatte. Der sternenförmig angelegte Park, der sich unerklärlichen Welträtseln widmete, hatte mittlerweile eine etwas andere Bestimmung gefunden und dadurch den Namen gewechselt. Die dominante Kugel in dessen Zentrum war geblieben. Ebenso die Nachbildung der Pyramide von Gizeh oder diejenige der Maya. Heute lockte der Park mit interaktiven Erlebnissen.

      Max liess die Parkanlage hinter sich und fuhr bis zum Bahnhof Ost. Er folgte dem Höheweg, der ihn direkt vor das Hotel Victoria-Jungfrau führte.

      Fede hatte die Sonnenblende herunter- und den Spiegel aufgeklappt. Skeptisch begutachtete sie ihr Gesicht. «Glaubst du, ich bin fünfsternetauglich?»

      «Wie man’s nimmt.» Max fuhr grinsend vor den Haupteingang, wo ein befrackter, in die Jahre gekommener Butler darauf wartete, die Autotüren zu öffnen und den neuen Gästen aus dem Wagen zu helfen.

      «Du musst mächtig Eindruck machen», frotzelte Fede und schickte sich an, dem tief gelegenen Autositz zu entkommen.

      «Welcome in Interlaken.» Der Butler lächelte, als er Max’ Autoschlüssel übernahm. «Haben Sie reserviert?»

      «Wir sind mit Milagros von Wirth verabredet, logieren aber nicht im Hotel.»

      «Darf ich Ihren Wagen trotzdem in die Garage stellen? Madame von Wirth erwartet Sie auf der Sonnenterrasse.»

      «Deine Mutter scheint auch hier sehr bekannt zu sein», äusserte sich Fede, als sie später über die Treppe die Terrasse betraten.

      Der Pianist in dunklem Anzug und Fliege spielte auf einem Flügel unter einem hellen Sonnenschirm den Walzer «Petersburger Schlittenfahrt». Die Melodie vermochte nicht, die herrschende heisse Temperatur hinunterzukühlen.

      Milagros sass wie eine Matrone auf einer mit üppigen Kissen dekorierten Bank. Sie inszenierte sich wie so oft, wenn sie in einem Luxushotel residierte. Die reiche Lady der Upperclass, die sich einen Aufenthalt im Grandhotel leisten konnte. Flankiert wurde sie von zwei Männern mit asiatischem Einschlag. Auf dem Glastisch vor ihr standen ein Eiskübel mit einer Flasche Champagner, drei Burgunderkelche und eine Etagere mit salzigen Naschereien. Max blieb stehen. Bis anhin hatte seine Mutter ihn nicht bemerkt. Ihre Aufmerksamkeit galt ganz ihren Gästen.

      «Warum zögerst du?», flüsterte Fede. «Willst du nicht Guten Tag sagen?»

      Für einen Rückzieher war es zu spät. Milagros hatte die beiden entdeckt. Sie riss sich von der Bank hoch. «Federica, Maximilian, schön, seid ihr endlich da. Ich dachte schon, ich müsste heute Abend allein dinieren.» Sie vollführte eine ausschweifende Armbewegung in Richtung ihrer Gäste. «Darf ich bekannt machen? Das sind die Brüder Xìngshì Lian und Dan aus Peking.» Sie sprach englisch mit ihnen.

      Chinesen! Was auf aller Welt hatte Milagros mit Chinesen zu tun?

      Die beiden Männer erhoben sich. Sie waren mindestens einen Kopf kleiner als Max, trugen Bermudas und beide ein T-Shirt mit dem Aufdruck «I like Interlaken».

      Erstes Anzeichen von Sympathie. Fede wog keinen Moment ab. Sie umarmte zuerst Milagros und verneigte sich in der Folge vor den beiden Chinesen, was Max übertrieben fand. Die Männer jedoch streckten ihre Hand zum Gruss aus. «Nǐn hǎo», sagten beide synchron. Max griff nach der ersten Hand. Es fühlte sich wie ein Streicheln an. «Was meinten sie?» Er bemerkte, wie die Männer ihre Augen senkten. Eine Verneigung blieb aus.

      «Nǐn hǎo, merk dir das. Es heisst ‹Guten Tag› auf Chinesisch, in der Höflichkeitsform.» Milagros setzte sich wieder. «Nehmt Platz.» Ein gelbes Chiffonkleid umspielte ihren Körper. Dazu trug sie einen passenden Hut.

      Max fragte sich, ob sie bei dieser Hitze nicht umkam. «Sind das die neuen Auftraggeber?»

      «Sie sprechen Deutsch», flüsterte Milagros und warf Max einen anklagenden Blick zu. «Mira lo que dices. Sie haben in München studiert.»

      «Entiendo», flüsterte er. «Dann weiss ich nicht, weshalb du dich mit Englisch bemühst. Und warum stellst du ihren Vornamen hintenan?»

      «Die Chinesen setzen den Familiennamen dem Vornamen voran. Habe ich heute gelernt.»

      Max wandte sich an Xìngshì Dan. Dessen schwarze mandelförmige Augen schienen ihn zu durchleuchten. Er hatte festes, widerspenstiges Haar und eine glatte Haut, ohne das geringste Anzeichen eines Bartwuchses. «Entschuldigen Sie meine Ungeduld.»

      Xìngshì Dan legte seine Hände übereinander und diese auf seine СКАЧАТЬ