Die Rabenringe - Fäulnis (Band 2). Siri Pettersen
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Название: Die Rabenringe - Fäulnis (Band 2)

Автор: Siri Pettersen

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783038801146

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СКАЧАТЬ Vanfarinn machte einen Schritt auf Rime zu. »Rabenträger, du musst uns vergeben, wir sind vor Trauer ganz durcheinander! All das Gerede über Blinde und Steintore … Für uns ist das mehr als unbegreiflich. Niemand hat Beweise gesehen für …«

      »Unsinn!«, unterbrach Jarladin. »Ein voll besetzter Ritualsaal sah, wie sich die Schwarzröcke durch die Tore sprengten, sodass die Wände einstürzten. Wenn du Beweise brauchst, dann kannst du unten am Hafen Trümmerteile der roten Kuppel kaufen!«

      Telja ergriff gierig die Gelegenheit, als sei dies eine Verhandlung. »Ein voll besetzter Ritualsaal bedeutet jede Menge nicht übereinstimmende Geschichten, Jarladin-Fadri. Vergib uns, wir waren nicht dabei. Wir haben nur gehört, dass das Gebäude erschüttert wurde. Einige sagen, die Kuppel habe die Wände geschwächt. Andere sagen, die Erde habe gebebt.«

      Darkdaggar verschränkte die Hände hinter dem Nacken. »Was für eine Tragödie, dass wir euch nicht beruhigen können. Es wäre so ungeheuer einfach gewesen. Aber die Wahrheit ist, dass die Tore nun wieder so tot sind, wie sie es tausend Jahre lange waren, habe ich nicht recht, Rabenträger?« Er sah Rime an, ohne zu lächeln. Nur seine Augen verrieten den Siegesrausch.

      Rime biss die Zähne zusammen. Das hier war zu weit gegangen. Er hatte die Tür nur einen Spalt geöffnet und jetzt würden sich die Wölfe hereinzwängen. Diplomatie würde ihn nicht mehr weiterbringen.

      »Die Leute können reden, bis sie im Draumheim verfaulen«, sagte er. »Geredet wird immer viel. Das ändert nichts. Ich war dort. Ich weiß, was passiert ist. Urd hat sich seinen eigenen Scheiterhaufen gebaut. Er war ein verrückter Hund.«

      Sigra seufzte laut auf. Ein Funke flammte in Teljas Augen auf. Nur mit knapper Not konnte sie sich ein Lächeln verkneifen. Sie griff nach einem schwarzen Bündel, das ihr Mann trug, und hielt es hoch. Es war ein Kittel, den jemand zerschnitten hatte. Auf der Brust, wo das Zeichen des Sehers sonst saß, war nur ein Riss zu sehen. Ein klaffendes Loch über dem Herzen.

      »Der gehörte einem Schriftgelehrten, Rabenträger. Sie sahen, wie er auf die Ora hinausging, wo das Eis dünn war. Seitdem hat ihn niemand mehr gesehen. Sie sagen, er habe den Verstand verloren und dass er nicht der Erste sei. Ich gebe zu, Urd war eigenartig, Rime-Fadri, aber verrückt war er nicht. Vielleicht hat der Verlust des Sehers ihn in die Schwermut getrieben? Vielleicht hat er aus dem Grund so gehandelt, wie er es tat. Und so gesehen kann man vielleicht sagen, das Ganze war … Nun ja …«

      Rime traute seinen Ohren kaum. Er sah sie an. »Meine Schuld?«

      Sie biss sich auf die Lippe, maß ihn mit den Augen.

      Ihm war übel. Er starrte auf den Kittel. Das Loch drohte ihn in sich hineinzuziehen, ihn bei lebendigem Leib zu fressen. Ein dunkles Nichts.

      Er ging auf Telja zu. Ihr Mann streckte einen Arm aus, um sie zu beschützen. Ein hilfloser Reflex. Rime packte sein Handgelenk und drängte ihn zurück, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Telja raffte die Röcke, als mache sie sich zum Weglaufen bereit.

      Rime lehnte sich vor. »Urd tötete Ilume, als ich danebenstand. Die Mutter meiner Mutter. Er brach die Rabenringe auf, ließ die Totgeborenen nach Ymsland, in den Wahnsinn getrieben von seinem eigenen Blindwerk. Nein, ich habe ihn nicht getötet. Aber ich kann dir versprechen, wenn ich die Gelegenheit dazu gehabt hätte, dann hätte ich es getan, ohne mit der Wimper zu zucken. Schau dir den Stuhl jetzt nur gut an, Telja, denn du wirst ihn nie wiedersehen.«

      »Schluss!« Sigra schlug mit der Faust auf den Tisch. Leivlugn Taid neben ihr zuckte zusammen, dass sein Doppelkinn nur so wabbelte. Sein Becher fiel um. Der alte Mann hatte während der Versammlung gedöst und ihn kaum angerührt. Dunkler Wein überschwemmte die Tischplatte. Stühle schabten über den Boden, als alle aufstanden, um ihre Kittel in Sicherheit zu bringen.

      »Diese Versammlung ist beendet«, sagte Rime. Er riss die Altantüren auf und trat hinaus in die Kälte, atmete den Frost tief in die Lungen ein. Er ging auf die Brücke und blieb stehen. Er stand auf einer der ältesten Brücken von Eisvaldr. Sie hatte einmal in den Ritualsaal geführt. Jetzt ragte sie in die Luft wie eine steif gefrorene Zunge. Geschnitzte Schlangen hingen über den Rand, als klammerten sie sich fest. Rime merkte, dass er das auch tat, und ließ das Geländer los. Es war mit weißem Raureif bedeckt. Seine Hände hatten einen Abdruck hineingeschmolzen.

      Auf der Erde darunter stand der Rabenring. Bleiche Steinstelen, die ihren ersten Winter sahen, nach tausend Jahren verborgen in den Wänden. Sie waren tot. Unbrauchbar. Er hatte ganze Nächte damit verbracht, vor ihnen zu umarmen. Die Gabe hervorzupressen, bis seine Schläfen zu zerplatzen drohten, aber die Tore hatten sich geweigert, sich ihm zu öffnen. Genauso gut hätte es ein Traum gewesen sein können, dass sie es getan hatten. Darkdaggar hatte die Wahrheit gesagt. Die Tore waren seit dem Tag erloschen, an dem sie gegangen war. Wie alles andere auch.

      Er hörte schwere Schritte hinter sich. Jarladin stellte sich neben ihn und starrte auf das Ende der Brücke. »Wenn du einfach weitergehen würdest, könntest du ihnen die Mühe ersparen«, sagte er. Der Wind spielte mit seinem weißen Bart.

      Rime lachte kurz auf. »Das Vergnügen gönne ich keinem von ihnen. Wenn sie meinen Tod wollen, dann müssen sie das schon selbst in die Hand nehmen.«

      Jarladin seufzte. »Du hast all deine Karten ausgespielt, Rime. Du kannst sie nicht mehr überlisten. Nicht, wenn du nicht in Ketten auf dem Thingplatz aufwachen willst. Darkdaggar hat das Maß überschritten, aber du versuchst noch nicht einmal, sie zu einen. Wenn du den Hass nicht ablegst, dann wird er dich wie uns zu Fall bringen.«

      Rime hätte gern gesagt, dass er niemanden hasste, aber das wäre gelogen gewesen. Er hasste sie, weil sie unter einem falschen Seher regiert hatten. Hasste, wie sie die Wirklichkeit nach ihrem Willen zurechtbogen. Hasste die Intrigen, die Lügen. Die bittere Wahrheit war, dass niemand am Tisch ein anderes Ziel mit seinem Stuhl verfolgte, als auf ihm sitzen zu bleiben.

      Jarladin klopfte Rime auf den Rücken, als tue er ihm einen Gefallen. »Außerdem hatten sie nicht ganz unrecht. Mehrere Schriftgelehrte haben uns verlassen und das wird Folgen haben.«

      »Hat dir noch niemand erzählt, dass du es den Leuten nicht verbieten kannst, dich zu verlassen?« Rime fühlte, wie nackt ihn seine eigenen Worte dastehen ließen. Er wandte den Blick vom Steinkreis ab. Schlug mit den Fäusten auf das Geländer.

      »Das ist sinnlos! Sie haben es mit eigenen Augen gesehen! Sie haben gesehen, wie die Wände sich abschälten. Wie die Steine herauswuchsen. Sie wissen, dass die Blinden hier waren. Sie kennen die Wahrheit genauso gut wie ich, aber sie erheben Zweifel, weil das der Sache des Rates dient.«

      Jarladin sah ihn an. »Ist es das, was dich antreibt? Recht haben? Unsinn! Du hast nie was auf deine Stellung gegeben. Wenn doch, dann würdest du deine eigene Familie stärken.«

      Rime wandte sich von ihm ab. Jarladin war ein Stier von einem Mann und sein einziger Freund am Tisch. Aber das bedeutete ganz und gar nicht, dass dadurch der Umgang mit ihm einfacher war.

      »Ich habe gesagt, was ich zu dieser Sache zu sagen habe. Ich bin ein Schwarzrock. Wir schwören niemandem die Treue, so lauten die Regeln.«

      »Regeln, Rime? Du kannst die ganze Bibliothek durchpflügen, ohne eine einzige Regel zu finden, gegen die du nicht schon verstoßen hast. Nenne mir wenigstens einen Grund, an den ich glauben kann.«

      »Hältst du mich für einen Schwachkopf? Der Rat will, dass ich eine Familie gründe, weil das euch stärken würde. Nicht mich.«

      Jarladin СКАЧАТЬ