MATTHEW CORBETT in den Fängen des Kraken. Robert Mccammon
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Название: MATTHEW CORBETT in den Fängen des Kraken

Автор: Robert Mccammon

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Matthew Corbett

isbn: 9783958355026

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СКАЧАТЬ einer ebenso monströsen Spinne wirkten. Matthew entschied, dass er in einem solchen Haus vielleicht eine Nacht verbringen konnte – aber zwei? Nein.

      Sie erreichten die Haustür. Oberley pochte zweimal mit dem Türklopfer, der wie ein Stück Kohle geformt war. Immer noch fiel der Eisregen und bildete eine Kruste auf Matthew Umhang. Schließlich wurde ein Riegel zurückgeschoben, die Tür geöffnet und eine schlanke Frau mit einem straffen grauen Dutt und traurigen, aber wachsamen Augen spähte hinaus. Sie trug ein schwarzes Kleid, das mit grauer Spitze verziert war, und hielt einen dreiarmigen Kerzenleuchter in der Hand.

      »Ich habe jemanden mitgebracht«, sagte Oberley. Diese einfache Erklärung schien Bände zu sprechen, denn die Dienstmagd mit dem Gesicht, das einer zerknitterten Tasche glich, nickte und trat zurück, um ihnen Eintritt zu gewähren.

      »Sir? Ich werde das tragen«, sagte ein anderer Diener, der mit einer brennenden Kerze aus der Halbfinsternis kam, und nahm Matthews Tasche. Er half Matthew aus seinem Umhang heraus und nahm auch den Dreispitz entgegen, bevor er wieder ging.

      »Wie steht’s um ihn, Bess?« Oberley sprach mit der Frau, die die Tür zugemacht und den Riegel wieder vorgeschoben hatte.

      »Schlechter«, antwortete die Frau, deren schmallippiger Mund sich gerade so viel bewegte, dass sie dieses eine Wort hinauspressen konnte.

      »Dann gehen wir jetzt zu ihm. Wollen wir, Mr. Corbett?«

      »Ja.« Hatte er denn eine Wahl?

      »Bess, macht Mr. Corbett einen Tee. Und bringt ihm einen Teller Maisbrot und Schinken. Ich bin mir sicher, dass unser Gast Hunger hat.« Als die Frau durch die Eingangshalle verschwand, nahm Oberley einen Kerzenhalter mit einem brennenden Talglicht von einem Tisch. »Folgt mir bitte«, sagte er. Es klang weniger wie eine Einladung als wie eine ernste und gefürchtete Pflicht.

      Matthew lief Oberley durch einen von Ritterrüstungen flankierten Korridor hinterher. Die Helme und Brustplatten reflektierten die einsame Kerzenflamme. Matthew fuhr der Gedanke durch den Kopf, dass solche Rüstungen gemacht waren, um den darin befindlichen Körper vor gefährlichen Schlägen und Stößen zu schützen. Lord Brodd Mortimers Körper konnte ein solcher Schutz jetzt nicht mehr gewährt werden. Matthew konnte die gefürchtete Krankheit in diesem Haus bedrückend deutlich spüren. Die an den Wänden angebrachten Hirsch- und Wildschweinköpfe und gekreuzten Degen, und auch die Kollektion von Musketen in einem Glaskabinett entgingen ihm nicht. Lord Mortimer war ein Jäger gewesen, ein lebhafter Mann der Tat. Aber jetzt tickte eine vergoldete Standuhr in der Ecke und jede verstreichende Sekunde klang so laut wie ein Schuss.

      Am Ende des Korridors befand sich eine Treppe. Matthew folgte Oberley nach oben und erreichte schon bald eine Tür. Der Knauf wurde gedreht und die beiden Männer betraten einen Raum, in dem selbst das mildeste Kerzenlicht harte Grausamkeit war.

      In dem Schlafzimmer brannten ein paar Talglichter. Es war ein großer Raum, dessen Fußboden von einem roten Teppich mit goldenen Verzierungen bedeckt war. Die Möbel waren dunkel und wuchtig. Die Zimmerdecke war hoch, und von den freiliegenden Balken hingen Flaggen, auf die Wappen und Symbole wie von Geschäften und Wirtschaftszweigen gestickt zu sein schienen. Riesige Gemälde schmückten die Wände. Auf einem kämpfte ein Dreimaster vor mondbeschienenem Himmel gegen die Wellen an, auf einem anderen saßen vier Gentlemen in ein Kartenspiel vertieft um einen Tisch herum, auf dessen Mitte Goldmünzen aufgehäuft waren.

      Das Himmelbett befand sich so weit von der Tür entfernt, dass man fast eine Kutsche rufen musste, um hinzugelangen. Neben dem Bett stand ein schwarzer Lederstuhl im Kerzenlicht, und von diesem Stuhl erhob sich ein silberhaariger Mann in grauem Anzug, als Matthew hinter Oberley eintrat.

      »Dr. Zachary Baker«, stellte Oberley ihn vor. »Er hat die letzten Tage an der Seite meines Herrn verbracht.«

      Sie gingen ans Bett. Baker, der um die sechzig war, trug eine Brille mit quadratischen Gläsern. Er hatte eine schlanke, gerade Figur. Seine silbernen Haare fielen ihm bis auf die Schultern. Er hatte einen ausgeprägten Kiefer und die klaren, blauen Augen eines Menschen jugendlicher Natur. Das ist kein Landarzt, dachte Matthew. Vermutlich stammte er aus Boston oder war vielleicht sogar aus England geholt worden.

      »Guten Abend«, sagte Baker und nickte Matthew zu. Sein Blick war neugierig, aber nicht unhöflich. »Ihr seid …?« Er streckte die Hand aus.

      »Matthew Corbett, zu Euren Diensten.« Matthew schüttelte ihm die Hand und spürte eine Kraft, die einen Mann zehn Jahre zuvor noch in die Knie hätte zwingen können.

      »Aha. Ich nehme an, Ihr seid aus New York geholt worden, um Euch dem Tod in den Weg zu stellen?«

      »Ja, das scheint wohl meine Aufgabe zu sein.«

      »Nun dann.« Ein kurzer Blick durchbohrte Oberley. »Unsinn und nichts als Unsinn, aber gut, so ist es nun mal.«

       »Corbett?«

      Dann wieder: »Corbett?«

      Die Stimme hatte den Namen wie das Rascheln von trockenem Schilfgras im Wind geächzt. Sie klang wie ein einsames Echo in einem ausgeräumten Zimmer. Sie war wie das Klappern von Knochen in einer leeren Suppenschüssel. Sie klang wie der traurigste Ton einer Geige und das Winseln, das vor dem Schluchzen kommt.

      »Sprecht nur mit Lord Mortimer«, sagte Dr. Baker und wedelte mit der Hand in Richtung Bett.

      Matthew hatte noch keinen Blick aufs Bett geworfen. Er zögerte es absichtlich hinaus. Er war sich bewusst gewesen, dass unter den Laken und der roten Decke etwas lag, aber sein Verstand hatte seinen Augen noch nicht erlaubt, sich darauf zu richten.

      Aber jetzt drehte er den Kopf ein paar Zentimeter nach links und sein Blick fiel auf den reichen Mann.

      Konnte Haut flüssig werden, wenn sie sich noch an den Knochen festhielt? Konnte sie gerinnen und glitzern und wie eine überreife Birne kurz vor dem Verfaulen mit dunklen Flecken überzogen sein? Es sah tatsächlich so aus. Und dann waren da noch die Pflaster, die wohl offene Wunden bedeckten, und dann die offenen Wunden, die so groß waren, dass weder Pflaster noch Verband sie bedecken konnten. Und es schien, als gäbe es davon unzählbar viele.

      Lord Mortimer hatte seit seinem letzten Jagdausflug mit Sicherheit abgenommen, denn seine stöckchendünnen Arme konnten niemals eine Muskete oder auch nur eine Handvoll Musketenkugeln halten, und solch skeletöse Beine konnten selbst einen so gebrechlichen Körper nicht tragen. Spinnenhafte Hände waren auf der knochigen Brust gefaltet und über der Brust ragten der von Adern überzogene Hals und das bartstoppelige, kadaverartige Gesicht empor. Die Nase schien bereits nach innen einzufallen. Die Lippen waren weiß mit irgendeiner Salbe beschmiert, die die Schmerzen der roten wunden Stellen in den Mundwinkeln lindern sollte. Unter den spärlichen weißen Haaren und der schweißbesetzten Stirn starrten zwei Augen voller Angst und Hoffnung zu Matthew hoch. Das linke Auge war dunkelbraun, das rechte unter einem hellen, austernfarbenen Schleier blind.

      Der Geruch nach Krankheit, den Matthew bei Betreten des Schlafzimmers sofort gerochen hatte, war hier am Bett so durchdringlich, als würde ihm jemand einen Teller mit verfaultem, madendurchzogenem Rindfleisch unter die Nase halten. Matthew zweifelte an seinem Mut, als er die Ruine von Lord Mortimers Gesicht musterte. Er konnte nicht anders als sich fragen, ob sein Leben eines Tages auch so enden würde. Möge Gott ihn davor bewahren, dass er auch nur einen Augenblick als feuchtes, sich auflösendes Fleisch im faulig grünen Dunst von Krankheit und Pisse und Exkrementen durchleben musste.

      »Helft mir, Mr. Corbett«, wisperte der reiche Mann. »Ich weiß, Ihr könnt es.«

      Matthew СКАЧАТЬ