Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann
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Читать онлайн книгу Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann страница 39

СКАЧАТЬ etwas gegeben, damit er ruhiger wurde. Und seine Mum hatte Jules erklärt, dass Cam eine besondere Seele war und er deshalb einen besonderen Freund an seiner Seite brauchte, der auf ihn aufpasste und ihm half, wenn seine Wut oder seine Unruhe zu schlimm wurden.

      Jules war sofort bereit gewesen, dieser besondere Freund für Cam zu sein, auch wenn er nicht gewusst hatte, was genau er dafür tun sollte.

      »Sei einfach nur an seiner Seite«, hatte seine Mum gesagt. »Zeig ihm, dass du immer da bist, wenn er dich braucht.«

      Das fand Jules nicht sonderlich schwierig, schließlich waren sie ja sowieso unzertrennlich.

      Und es hatte funktioniert.

      Cam hatte sich nie wieder die Fäuste aufgeschlagen.

      Er war allerdings auch nie wieder auf den Spielplatz gegangen. Lieber spielte er alleine mit Jules abseits der Wege im Wald und er entdeckte Gabriels altes Skateboard für sich. Stundenlang übte er in ihrer Sackgasse, bis er die Bordsteine und Treppenstufen zu ihrem Vorgarten rauf- und runterspringen konnte. Wenn Jules ihn mal wieder mit zum Spielplatz nehmen wollte, hatte Cam abgelehnt. Selbst dann, wenn Gabriel angeboten hatte, mitzugehen.

      Es machte Cam aber nichts aus, wenn die anderen ohne ihn gingen. Meistens war er sich selbst genug und spielte auch gerne alleine. Bis heute hatte sich daran nicht viel geändert.

      Auch für Jules nicht.

      Nach wie vor war Cam für ihn jemand Besonderes und die Zeit, die sie miteinander verbrachten, war Jules wertvoll, weil sie ihm guttat. Und wenn Cam ihn brauchte, war er für ihn da. Immer. Ohne Wenn und Aber.

      Doch Jules brauchte auch die Gesellschaft von anderen. Nur seine Familie, nur Cam – das reichte ihm einfach nicht.

      Es schmerzte, dass er für Cam nicht der sein konnte, den Cam gerne gehabt hätte. Aber er konnte ihn nicht anlügen und ihm irgendetwas vormachen. Er war noch nicht bereit, für eine feste Beziehung. So etwas ging man schließlich nicht leichtfertig ein. Es war etwas Besonderes – und er war noch zu neugierig, wollte sich ausprobieren und einfach Spaß haben.

      Unbeschwert.

      Ohne Verpflichtungen oder schlechtes Gewissen.

      Er war froh, dass Cam das verstanden hatte, auch wenn er deshalb auf Abstand zu Jules gegangen war. Jules hatte respektiert, dass Cam den brauchte und er hatte ihn in Ruhe gelassen.

      Doch damit war jetzt Schluss.

      Das Keuchen, das aus Cams Zimmer drang, klang panisch und verzweifelt, deshalb schoss Jules Respekt und Rücksichtnahme in den Wind und stieß die Tür zu Cams Zimmer auf.

      »Cam, ich bin’s.«, sagte er leise und eilte zum Nachttisch. »Ich mache Licht an, okay?«

      Er fand den Schalter und warmer Lichtschein vertrieb die Finsternis.

      Cam lag steif wie ein Brett auf seiner Matratze und starrte an die Decke. Sein Atem ging in kurzen abgehackten Stößen, als müsste er um sein Leben rennen, während ihm gleichzeitig irgendetwas seine Brust zusammenquetschte. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn und seine Finger hatten sich so fest in seine Bettdecke gekrallt, dass die Knöchel weiß hervortraten.

      »Hey, es ist alles gut.«

      Cam reagiert nicht, als Jules sich zu ihm auf die Bettkante setzte. Den Blick noch immer starr zur Decke gerichtet, schien er nicht einmal wahrzunehmen, dass jemand bei ihm war.

      Jules zog die Bettdecke zurück und legte eine Hand auf Cams Herz, die andere auf seine Stirn.

      »Ich bin hier und ich helfe dir da raus. Versprochen.«

      Er sprach sanft und leise. Wenn Cam diese seltsamen Anfälle von Nachtangst als Kind gehabt hatte, hatte Jules immer seine Mum geholt, damit sie Cam half. Doch nach der Sache mit den blutigen Fäusten hatte Jules es selbst können wollen. Schließlich war er ja jetzt Cams besonderer Freund, also musste er auch wissen, wie er ihm bei diesen gemeinen Angstattacken helfen konnte.

      Die ersten paar Mal war er schrecklich aufgeregt gewesen und hatte Angst gehabt, irgendetwas falsch zu machen. Doch seine Mum hatte ihm gezeigt, wie es ging. Eigentlich war es ganz einfach. Er durfte bloß keine Angst haben. Und er musste selbst ruhig bleiben. Dann konnte er seine Ruhe in sein Silberlicht stecken und sie Cam schenken, damit er aufwachte.

      Richtig aufwachte.

      Nicht mit diesen starren Augen, die zwar offen waren, aber nichts sahen, und in denen so viel Angst und Panik lag.

      Jules atmete tief durch und griff nach seiner inneren Ruhe.

      Er spürte Cams hämmernden Herzschlag durch den dünnen Stoff seines Schlafshirts und fühlte seine klamme Stirn und die verschwitzten Haare.

      Direkter Hautkontakt machte eine Verbindung leichter, also suchte er sie an Cams Schläfe und fuhr sanft über die schwarzen Totenbändigerlinien.

      Feiner Silbernebel erschien an seinen Fingerspitzen. Jules leitete ihn durch Cams Schläfe und schickte ihn los, die dunklen Angstträume zu vertreiben, die Cam gefangen hielten.

      »Okay, du weißt, dass du mithelfen musst, dann geht es schneller. Also denk an deinen Fluchtplan.«

      Cam atmete noch immer flach und zu schnell, doch sein Blick flackerte kurz.

      Jules ließ seine Finger an Cams Schläfe und schenkte ihm weiter Ruhe. Seine andere Hand legte er über Cams Faust, die sich in die Bettdecke gekrallt hatte.

      »Konzentriere dich auf deine Hand.« Sacht strich er mit dem Daumen über Cams verkrampfte Finger. »Sag deinen Fingern, dass sie die Decke loslassen sollen. Du kannst das. Das weiß ich.« Wieder strich er über Cams Hand. »Lockere deine Finger und hol dir so die Kontrolle zurück.«

      Cams Finger zuckten. Dann fuhr er plötzlich keuchend aus der Schlafstarre und sog tief die Luft ein. Panisch wich er vor Jules zurück und schien nur langsam zu realisieren, wo er sich befand und wer bei ihm war.

      Jules lächelte. »Hey, da bist du ja. Willkommen zurück aus Nightmareville.«

      Erschöpft schloss Cam die Augen und sank zurück in die Kissen. Ihm war kalt, seine Muskeln kribbelten unangenehm, als sie sich langsam entkrampften, und er fühlte sich so matt und zittrig wie nach einer schweren Grippe.

      »Ich schätze mal, du kannst dich auch heute Nacht nicht daran erinnern, was du im Albtraumland erlebt hast?«

      Das konnte er nie.

      Wenn er aufwachte, wusste er immer nur, dass er Todesangst ausgestanden hatte. Meist blieb noch ein Schatten davon nach dem Aufwachen bei ihm zurück.

      Cam schüttelte den Kopf, ließ es aber sofort, weil ihm davon schwindelig wurde. Während der verdammten Starre hatte er zu lange zu schnell geatmet.

      »Du solltest was trinken«, hörte er Jules sagen. »Kannst du dich schon aufsetzen?«

      Cam öffnete die Augen. Sein Herzschlag wurde langsam ruhiger, doch er fühlte sich noch immer zittrig und völlig ausgelaugt. Nach diesen beschissenen Anfällen war sein Körper immer ziemlich am Ende. Trotzdem wäre СКАЧАТЬ