Название: Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane
Автор: Felix Dahn
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027222049
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Cethegus selbst eilte mit seinem geringen Gefolge quer durch die Ämilia an die Westküste von Italien, die er bei Populonium erreichte, bestieg ein rasches Kriegsschiff und ließ sich von einem starken Nordnordwest, den, wie er sagte, die alten Götter Latiums gesendet, nach dem Hafen von Rom, Portus, tragen.
Auf dem Landweg hätte er nicht mehr durchdringen können: denn nach dem Sieg Totilas an der Padusbrücke fiel ganz Tuscia und ganz Valeria den Goten zu, das Flachland rückhaltlos, und auch die Städte, die nicht starke byzantinische Besatzung in Zaum hielt.
Bei Mucella, einen Tagmarsch von Florenz, schlug der König nochmal ein starkes Heer der Byzantiner unter elf uneinigen Führern, welche die kaiserlichen Besatzungen der tuscischen Städte zusammengerafft hatten, ihm den Weg zu verlegen. Mit Mühe entkam der Oberfeldherr Justinus nach Florentia. Der König behandelte seine zahlreichen Gefangenen mit solcher Güte, daß sehr viele derselben, Italier und kaiserliche Söldner, in seine Dienste traten. Und nun waren alle Straßen von Mittelitalien bedeckt von neu zu den Waffen eilenden Goten und von Colonen, die, unter deren Anführung, Totilas Märschen gegen Rom folgten.
In dieser Stadt angelangt, hatte Cethegus sofort alle Anstalten zur Verteidigung getroffen. Denn im Fluge nahte nun, nach dem zweiten Siege, bei Mucella, König Totila, aufgehalten fast nur noch durch die Huldigungen der Städte und Kastelle auf seinem Wege, die wetteifernd und jubelnd ihm die bei seinem Eintritt bekränzten Tore erschlossen. Die wenigen Burgen, die, von starken byzantinischen Besatzungen gehalten, widerstanden, wurden eingeschlossen von kleinen Abteilungen, die Totila aus Italiern bildete, durch wenige gotische Kerntruppen zusammengehalten.
Er konnte dies, da seine Macht während des Zuges auf Rom von allen Seiten, einem Strome gleich, große und kleine Zuflüsse von Goten und Italiern erhielt.
Zu Tausenden eilten die italischen Colonen, die er frei erklärt, zu seinen Fahnen. In kleinen Städten erhoben sich die Bürger gegen die byzantinische Besatzung, entwaffneten sie oder zwangen sie zum Abzug. Ja, sogar Söldner Belisars, die seit dessen Entfernung monatelang von den kaiserlichen Logotheten keinen Sold erhalten hatten, boten nun den Goten ihre Waffen an.
So war es ein sehr ansehnliches Heer von Goten und Italiern, das Totila, wenige Tage nach dem Eintreffen des Präfekten, vor die Tore Roms führte.
Mit lautem Jubel wurden bald darauf in dem gotischen Lager der tapfere Wölsung Herzog Guntharis, Wisand der Bandalarius, Graf Markja und der alte Grippa begrüßt, deren Auswechselung gegen den an der Padusbrücke gefangenen kaiserlichen Oberfeldherrn und mehrere seiner Heerführer Totila bei Constantianus und Johannes, den Befehlshabern von Ravenna, erwirkt hatte.
Auf Cethegus aber fiel nun die fast unlösbare Aufgabe, seine großartig angelegten Befestigungen hinlänglich zu bemannen. Fehlte ihm doch nicht bloß das ganze Heer Belisars – auch der größte Teil der eignen Söldner, die erst allmählich auf dem Seeweg von Ravenna her in dem Hafen Portus eintrafen. Um den ganzen Kreis der weiten Umwallung auch nur notdürftig zu decken, mußte Cethegus den römischen Legionären nicht nur ungewohnte und unerwartete Anstrengungen unabgelösten Wachdienstes zumuten – er mußte auch deren Zahl durch Gewaltmaßregeln erhöhen.
Vom sechzehnjährigen Knaben bis zum sechzigjährigen Greise rief er «alle Söhne des Romulus, Camillus und Cäsar zu den Waffen, die Heiligtümer der Väter zu schirmen wider die Barbaren».
Aber sein Aufruf wurde kaum gelesen und verbreitet und führte ihm nur wenige Freiwillige zu, während er mit Ingrimm sah, wie das Manifest des Gotenkönigs, das jede Nacht an vielen Stellen über die Mauern flog, überall umlief und vor dichten Gruppen verlesen wurde: so daß er zornig befahl, jeden mit Einziehung des Vermögens oder Verknechtung zu strafen, der das Manifest aufhöbe, anschläge, vorlese, verbreite. Aber es lief doch überall um, und seine in allen «Regionen» der Stadt ausgelegten Listen der Freiwilligen blieben leer.
Da schickte er seine Isaurier in alle Häuser und ließ Knaben und Greise mit Gewalt auf die Wälle schleppen: bald war er mehr gefürchtet, ja, gehaßt als geliebt. Nur seine eiserne Strenge und das allmähliche Eintreffen seiner isaurischen Söldner hielt noch die Unzufriedenheit der Römer nieder.
In dem Gotenlager aber überholte eine Glücksbotschaft die andre.
Teja und Hildebrand hatten die Byzantiner bis vor die Tore von Ravenna verfolgt. Diese Stadt verteidigten der wieder freigegebene Demetrius und Johannes der Blutige, und die Hafenstadt Constantianus gegen Hildebrand, der Ariminum im Vorüberziehen gewonnen, da die Bürger die armenischen Söldner des Artasires entwaffneten und die Tore öffneten. Teja aber schlug und tötete im Zweikampf den tapfern Byzantiner Feldherrn Verus, der mit auserlesenen pisidischen und kilikischen Söldnern ihm den Übergang des Santernus verwehren wollte, durchzog ganz Norditalien, den Aufruf Totilas in der Linken, das drohende Schwert in der Rechten: und in wenigen Wochen waren alle Städte und Burgen bis auf Mediolanum zur Unterwerfung gewonnen oder geschreckt.
Totila, durch die Erfahrung der ersten Belagerung gewitzigt, wollte sein Heer einem Sturm auf die furchtbaren Werke des Präfekten nicht aussetzen und auch seine künftige Hauptstadt nicht den Zerstörungen stürmender Einnahme preisgeben. «Auf hölzernen Brücken, auf linnenen Flügeln gelang’ ich nach Rom!» so rief er eines Tages Herzog Guntharis zu, überließ diesem die Einschließung der Stadt, brach auf mit der ganzen Reiterei und eilte nach Neapolis. In diesem Hafen lag, schwach bemannt, eine kaiserliche Flotte.
Einem Triumphzug, nicht einem Feldzug, glich Totilas Marsch auf der appischen Straße durch Unteritalien. Diese Gegenden, die am längsten unter dem Joche der Byzantiner litten, waren am meisten bereit, nun die Goten als Befreier zu begrüßen.
Mit Blumengebinden zogen die Jungfrauen von Terracina dem schönen Gotenkönig entgegen. Das Volk von Minturnä fuhr, ihm zum Empfang, einen vergoldeten Wagen hinaus, hob ihn vom weißen Roß und zog ihn auf dem Wagen jubelnd in die Tore. «Sehet hin» – scholl es in den Straßen von Casilinum, einer alten Kultstätte der campanischen Diana –, «Phöbus Apollo ist niedergestiegen vom Olymp und hält befreienden Einzug in der Stadt seiner Schwester.» Die Bürger von Capua aber baten ihn, die ersten Goldmünzen seines Königsnamens in ihrer Münze zu prägen mit der Umschrift: «Capua revindicata».
So ging es fort bis Neapolis: dieselbe Straße, die er dereinst, ein Flüchtling, verwundet, in nächtlicher Hast zurückgelegt. Der Befehlshaber der armenischen Söldner in der Stadt, einer sehr tapfern, aber schwachen Schar, der Arsakide Phaza, wagte nicht, der Bevölkerung für den Fall einer Belagerung zu trauen.
Er führte seine Lanzenträger und bewaffnete Bürger von Neapolis dem König zur offenen Feldschlacht entgegen.
Da, vor dem Beginn des Gefechts, ritt ein Reiter auf weißem Roß aus der Schlachtreihe der Goten, nahm den Helm vom Haupt und rief: «Kennt ihr mich nicht mehr, ihr Männer der parthenopäischen Stadt? Ich bin Totila. Ihr habt mich geliebt, da ich der Seegraf eures Hafens war. Ihr sollt mich segnen als euren König. Gedenkt ihr nicht mehr, wie ich eure Weiber und Kinder auf meinen rettenden Schiffen geflüchtet vor den Hunnen Belisars? Vernehmt: diese eure Frauen und Töchter, sie sind abermals in meiner Hand; nicht als Schützlinge, als Gefangene. Nach Cumä habt ihr sie gebracht, in das feste Schloß, sie vor den Byzantinern zu schützen, vielleicht auch vor mir. Wisset aber: Cumä hat sich mir ergeben, und alle dorthin Geflüchteten sind in meine Gewalt gefallen.
Man riet mir: sie als Geiseln zu behalten, euch und die andern Städte zur Ergebung zu zwingen. Das widerstrebt mir. Frei ließ ich sie alle – nach Rom hab’ ich die Frauen der römischen Senatoren geleiten lassen. Nur eure Weiber und Kinder, ihr Männer von Neapolis, hab’ ich in mein Lager kommen lassen, nicht als СКАЧАТЬ