Название: Geist Gottes - Quelle des Lebens
Автор: Heinrich Christian Rust
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
Серия: Edition IGW
isbn: 9783862567607
isbn:
Das Wirken des Geistes ist allerdings nicht nur auf einzelne Führungspersonen beschränkt – das ganze Volk Israel sollte mit der Ruach Gottes im Einklang leben. In Notzeiten erinnerte sich das Volk an die Wirksamkeit des Geistes, um darin Trost zu finden: „Der Geist Gottes führte das Volk und brachte sie schließlich ins Land Kanaan. Hier durften sie sich niederlassen wie eine Herde, die von den Berghängen hinunter in ein grünes Tal kommt. So hast du, o Gott, dein Volk damals geführt, damit dein herrlicher Name geehrt wird“ (Jes 63,14). Nach der Rückkehr aus dem Exil in Babylon spricht der Prophet Haggai die Verheißung des bleibenden Geistes über dem Volk aus. „Ich halte, was ich euren Vorfahren versprochen habe, als sie aus Ägypten zogen. Mein Geist bleibt bei euch. Habt also keine Angst!“ (Hag 2,5). Serubabel erhält den Zuspruch, dass nicht „Heer oder Kraft“, sondern die Ruach Gottes die ersehnte Befreiung wirken wird (Sach 4,6; LU).
Unmissverständlich wird das vielfältig bezeugte prophetische Wort im Alten Bund als eine Wirkung des Geistes Gottes gedeutet. Propheten erhielten auf unterschiedliche Weise eine Offenbarung von Gott, die ihr natürliches Denk-, Vorstel-lungs- und Sprachvermögen übersteigen. Ebenso vermittelte der Geist Gottes ihnen den Mut und die Autorität, diese Offenbarungen weiterzugeben und zu verkündigen. Dabei finden wir ein geradezu Ekstase auslösendes Wirken, wobei der Prophet eine Erfahrung mit der transzendenten Wirklichkeit Gottes macht.55 Der Geist Gottes kommt auf eine Person und gibt Inspiration (vgl. u. a. 4Mo 11,25; 1Sam 10,6.10; 1Kön 18,22; 2Kön 1,15; Jes 1,8; Hes 1,3; 3,12; 37,1). Die alttestamentlichen Propheten werden als Menschen des Geistes beschrieben (Hos 9,7; Mi 3,8).
Die frühen biblischen Zeugnisse berichten nicht nur von dem Geist Gottes, der aus Not rettet und der Orientierung und Geschlossenheit im Volk Gottes vermittelt. Gott kann auch einen „bösen Geist“ oder einen „Geist der Verirrung“ senden (Ri 9,23; Jes 19,2f; 1Sam 16,14ff). Es bedarf der prophetischen Einsicht und Offenbarung, um einen Lügengeist vom Geist Gottes unterscheiden zu können. Das Problem bei der Unterscheidung der Geister wird eindrucksvoll in der Vision Michas, des Sohnes Jimlas, zum Ausdruck gebracht (1Kön 22; 2Chr 18). Micha stellt sich mit seiner prophetischen Offenbarung und Deutung gegen ein Heer von über 400 Lügenpropheten. Allgemeine Prüfkriterien, wie sie etwa M. Welker herausstellt und auf die heutigen Erfahrungszusammenhänge zu übertragen versucht, sind hier nur sehr zurückhaltend zu hören, zumal die neutestamentliche Prophetie sich wesensmäßig von der alttestamentlichen unterscheidet.56 Die Propheten klagen darüber, dass Israel dem Geist Gottes Widerstand leiste. Allerdings sehen sie einen Tag kommen, an welchem die Ruach Jahwes eine neue Zeit einführen wird. Die zerfallene Hütte Davids (Am 9,11) wird wieder aufgebaut werden. Das wird durch einen Nachkommen Davids geschehen, auf dem der Geist Gottes ruht. „Der Geist des Herrn wird auf ihm ruhen, ein Geist der Weisheit und der Einsicht, ein Geist des Rates und der Kraft, ein Geist der Erkenntnis und der Ehrfurcht vor dem Herrn“ (Jes 11,2). Diese Verheißung fand in Jesus Christus ihre Erfüllung (Joh 1,32; 3,34). Wenn vom Nachkommen Davids, vom Sohn Davids, die Rede ist, wird damit die königliche Seite des vom Geist Gottes Gesalbten hervorgehoben. Daneben gibt es die Verheißungen vom leidenden Gottesknecht. Hier wird ebenso bezeugt, dass auf diesem Gottesknecht der Geist des Herrn ruht (Jes 42,1; 61,1f). Der erwartete messianische Geistträger verband die Erfahrung der Gerechtigkeit Gottes mit der umgesetzten Gerechtigkeit der Thora (Gesetz), konkret in der Kombination von Recht, Erbarmen und Gotteserkenntnis.57
Jesus verband in seiner Person die beiden Seiten dieser verheißenen Messiasgestalt: Er war der angekündigte Spross aus Davids Stamm und der leidende Gottesknecht. In der Messiaserwartung der spätjüdischen Zeit dominierte die Vorstellung vom königlichen und mächtigen Messias, der jedoch nicht mit Leiden und Schmerzen behaftet sei. Zudem war mit der Messiaserwartung auch die Erwartung einer umfassenden Ausgießung des Heiligen Geistes verknüpft, die nicht nur einzelne Führungspersonen, sondern das ganze Volk, ja das ganze Land, ergreifen würde (Jes 32,15; 44,3; Hes 36,25–27). Die Ruach Gottes wird in der messianischen Zeit nicht nur für Israel, sondern für die gesamte Schöpfung erwartet. Der Geist Gottes würde eine neue prophetische Zeit einleiten, in der eine breite prophetische Salbung über alle Menschen ausgegossen würde. „In späterer Zeit will ich, der Herr, alle Menschen mit meinem Geist erfüllen. Eure Söhne und Töchter werden aus göttlicher Eingebung reden, die alten Männer werden bedeutungsvolle Träume haben und die jungen Männer Visionen; ja, sogar euren Sklaven und Sklavinnen gebe ich in jenen Tagen meinen Geist“ (Joel 3,1f). Petrus zitiert dieses Joelwort in seiner Pfingstpredigt (Apg 2,17) und bestätigt damit den Anbruch der neuen pneumatologisch geprägten Zeit. Aus der Wirkung des Geistes geht ein neues Gottesvolk hervor, ein Volk, das vom Geist Gottes geleitet ist und in einer prophetischen Existenz lebt. Die Zeit, in welcher der Geist Gottes nur auf einzelne Führungspersonen beschränkt sein würde, hat mit dem Pfingstereignis ein Ende gefunden.
Schon in den vorchristlich geprägten prophetischen Äußerungen wird die Wirksamkeit des Geistes deutlich, welcher diese mächtige Ausgießung an den Geisttäufer knüpfen würde (Lk 1,15.44.67; 2,25). Alle vier Evangelien berichten von der Wirksamkeit Johannes des Täufers, der als der größte unter den Menschen in der vorchristlichen Zeit gesehen wird (Lk 7,28). „Das Große an Johannes war sein einzigartiges Vorrecht, den Weg für den Christus vorzubereiten; kein anderer Prophet hatte je einen solch hohen Auftrag erhalten. Er konnte jedoch nur bis zur ‚Schwelle des Himmelreiches‘, welches mit Jesus anbrach, treten. Jesu Nachfolger sind noch bevorzugter (größer); sie waren Zeugen vom Anbruch des Gottesreiches durch Jesus Christus. Von denen aber, die zum Zeitalter der Verheißung gehörten, war Johannes der Größte; die, welche zum Zeitalter der Erfüllung gehörten, sind noch bevorzugter.“58
c.Der Messias als Träger des Geistes
Über die künftige Wirksamkeit des Geistes tauchen in den alttestamentlichen Verheißungen zwei kooperierende Aussagen auf. Zum einen wird die Ausgießung des Geistes aus der Höhe durch den Übermittler, den Messias (Geistträger) betont. Zum anderen wird dieser Geist ausgegossen auf alles Fleisch, in die Herzen der Menschen (Joel 3,1f; Hes 36,25–27). Erwartet wird eine Geistausgießung, die sich nicht nur auf einzelne Menschen, nicht nur auf einzelne Gruppen beschränkt, sondern die sozial überschreitend ist. Der Geistträger wird zum Geisttäufer. Im Zeugnis des NT laufen diese beiden Verheißungslinien zusammen in der Person von Jesus von Nazareth. Er wird als der Messias, der Geistträger und auch der Geisttäufer bezeugt.59 Jesus wurde nicht nur vom Geist Gottes gezeugt, eingesetzt und in seiner Verkündigung und seinem Wirken als ein vom Geist Gottes Bevollmächtigter gesehen. Er ist es auch, der die Verheißung der Ausgießung des Geistes erst ermöglicht. „Die Macht Gottes, Gott als Stifter des Lebens, Geist als die größte Macht, das alles bleibt jetzt nicht mehr ‚hinter‘ den Dingen, bleibt nicht transzendent und nur erahnbar, sondern diese Macht tritt sozusagen an diesem einen Punkt in den Vordergrund, in Jesus Christus.“60
Matthäus und Lukas bezeugen, dass Joseph die Mutter Jesu vor der Geburt nicht „erkannte“, also keine menschliche Zeugung stattfand (Mt 1,18; Lk 1,34f). Maria erfährt vom göttlichen Boten: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft Gottes wird sich an dir zeigen. Darum wird dieses Kind auch heilig sein und Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35). Matthäus bezeugt, dass Maria „schwanger war von dem Heiligen Geist“ (Mt 1,18; LU). Die Evangelisten СКАЧАТЬ