Название: Ermordet in Kabul
Автор: Heidemarie Führer
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783775174916
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Ein kleines Aufnahmegerät, das einem Rasierapparat ähnelt, liegt bei den Papieren. Auf manchen Bildern hält Simone Beck ein solches Gerät in der Hand. Damit fing die Linguistin, die Sprachforscherin, in einem weltentrückten Hochtal unter dem Hindukusch Wörter, fremde Laute und unbekannte Geschichten ein, um die Sprache der Volksgruppe dort zu verschriftlichen. Es ist ein unscheinbares technisches Gerät, doch es stellt für mich eine winzige Verbindung zu einem Menschen her, den ich nicht persönlich gekannt habe, dessen Geschichte ich aber erzählen will. Und es verbindet mich noch etwas mit ihr: Die Liebe zu Gottes Wort, das lebendig, stark und tröstlich ist. Simone Beck hat einen hohen Preis dafür bezahlt, als Christin und Sprachforscherin irgendwo in Asien zu leben und zu arbeiten. Bescheiden, entschlossen und mit großer Hingabe lebte und wirkte sie unter den Menschen, die sie liebte. Sie arbeitete zäh und ausdauernd an einem großen Sprach- und Schriftprojekt.
Viele Frauen und Männer, allein oder mit ihren Familien, setzen in ähnlicher Weise ihre Kraft ein als Ärzte, Ingenieure, Brunnenbauer, Piloten, als Krankenschwestern und Hebammen. Und dies oft unter schwierigen Bedingungen an vielen Orten der Welt, auch in Westasien. Darum möchte ich diese Geschichte von Simone Beck stellvertretend auch für sie erzählen.
Wer dieses Buch liest, sollte es tun wie ein Bergsteiger: ruhig und gleichmäßig die Höhe gewinnen. Dort, das sei schon gesagt, wird er auf eines jener Rätsel stoßen, die auf Erden nicht gelöst werden können.
Ich wünsche mir, dass Gott jeden Leser segnen, berühren und ermutigen möge.
Sr. Heidemarie Führer
Villingen, im November 2019
PROLOG
Nun öffnete das Lamm das fünfte Siegel.
Da sah ich am Fuß des Altars die Seelen derer,
die umgebracht worden waren, weil sie an Gottes Wort festgehalten
und sich zur Botschaft von Jesus bekannt hatten.
Mit lauter Stimme riefen sie:
»Du heiliger und gerechter Herrscher!
Wie lange dauert es noch,
bis du über die Bewohner der Erde Gericht hältst
und sie dafür zur Rechenschaft ziehst,
dass unser Blut an ihren Händen klebt?«
Daraufhin
erhielt jeder von ihnen ein weißes Gewand,
und es wurde ihnen gesagt,
sie sollten noch eine kurze Zeit Geduld haben.
Ihre Zahl sei noch nicht vollständig;
denn auch unter ihren Geschwistern,
die wie sie Gott dienten, gebe es noch solche,
denen es bestimmt sei,
dasselbe Schicksal zu erleiden
und für ihren Glauben zu sterben.
Offenbarung 6,9-11 (NGÜ)
Mai 2017. Es ist Nacht in Kabul. Eine milde Wärme liegt über der dunklen Stadt. Kaltes Mondlicht fließt über die Hügel und die schneebedeckten Gipfel der Berge ringsum. Ein heftiger Wind rüttelt schon seit Stunden an den klapprigen Türen und Fensterläden der Häuser. Im siebten Polizeidistrikt haben sich die Bewohner eines Compounds in ihre Wohnungen zurückgezogen. Der Wachmann genießt hinter dem Tor, das zu dem Wohnkomplex führt, sein einfaches Abendbrot.
Ein Auto hält vor dem Tor. Türen werden zugeschlagen. Es wird energisch an die metallene, blau gestrichene Tür geklopft. Der Wächter öffnet. Sie töten ihn schnell und lautlos.
Zwei Frauen sitzen gemütlich beim Abendessen. Sie haben sich viel zu erzählen. Eine von ihnen hört verdächtige Geräusche, die andere meint, es sei der Wind. Doch schon stehen dunkle Gestalten im Türrahmen. Ein gellender Schrei zerreißt die Stille. Drei Schüsse aus nächster Nähe treffen eine der beiden Frauen tödlich, die andere wird betäubt und schnell weggeschleppt. Der Wagen fährt mit quietschenden Reifen davon.
Grauweiße Wolken schieben sich wie ein Schleier vor den bleichen Mond.
Es ist 19:30 Uhr, Ortszeit.
1. TRÄUME. WÜNSCHE. SCHMERZEN.
Denn ich weiß wohl,
was ich für Gedanken über euch habe,
spricht der Herr:
Gedanken des Friedens
und nicht des Leides, dass ich euch gebe
Zukunft und Hoffnung.
Jeremia 29,11
Sie lag schon eine Weile im Bett, als sie die Schritte der Mutter hörte. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Was würde die Mutter zu ihrem großen Traum sagen? Wie jeden Abend sprachen sie noch eine Weile über den vergangenen Tag. Dann beteten sie miteinander und wünschten sich eine gute Nacht. Die Mutter war schon auf dem Weg zur Tür, da sagte Simone plötzlich:
»Mama, ich will Missionarin werden. Darf ich das?«
Völlig überrascht machte die Mutter kehrt, setzte sich noch mal zu Simone ans Bett und nahm ihre Hand.
»Missionarin? Natürlich darfst du das, Simone. Aber wie kommst du denn darauf?«
In einigen Jungscharstunden war die Geschichte von Gladys Aylward erzählt worden. Die schottische Missionarin hatte mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, ehe sie nach China ausreisen konnte. Da Simone auch täglich mit vielen Schwierigkeiten kämpfen musste, wurde Gladys für sie mehr und mehr zum Vorbild. Eine Missionarin wie Gladys, das wollte sie werden. Davon träumte sie.
Simones Mutter lag in dieser Nacht noch lange wach. Sie war vom Wunsch ihrer Tochter berührt und bewegt. Wie in einem Film zogen die vergangenen Jahre an ihr vorbei. Sollte Gott ihre Gebete erhört haben?
Anneliese, die Mutter von Simone, stammt aus dem Hohenlohischen, aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Crailsheim. Als es um die Berufswahl ging, war sie unschlüssig, ob sie Kindergärtnerin oder Krankenschwester werden sollte. Ihr Konfirmator riet ihr eher zu Kindern als zu Kranken und vermittelte ihr einen Ausbildungsplatz bei den Großheppacher Diakonissen. Das Leitwort der Schwesternschaft: »Wir können Gott nur dadurch dienen, dass wir den Menschen dienen«, ist Anneliese Beck bis heute wichtig. Nach ihrer Ausbildung und einiger Erfahrung im Beruf wurde sie von der Oberin gebeten, einen Kindergarten in Dettingen an der Erms zu übernehmen. Dafür waren Pioniergeist, Durchhaltevermögen СКАЧАТЬ