Die Fälle der Shifter Cops. Natalie Winter
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Название: Die Fälle der Shifter Cops

Автор: Natalie Winter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall der Shifter Cops

isbn: 9783948483685

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СКАЧАТЬ Sie hob die Hand und winkte Julie näher heran. Erst als Julie sich neben ihren Sessel kniete, bemerkte sie die feinen Fältchen in den Augen- und Mundwinkeln ihrer Tante, die vom Schmerz erzählten.

      »Meine Kleine«, flüsterte Laurie und ihre grünen Au­­gen glänzten. »Wie lange habe ich auf dich gewartet. Aber nun bist du endlich da, und ich kann in Frieden gehen.«

      »Es tut …«, setzte Julie an.

      »Pst«, unterbrach ihre Tante sie und verzog den Mund zu einem mühsamen Lächeln. »Es spielt keine Rolle.« Sie sah an Julie vorbei zu Alastair, der ihr stumm ein Glas Wasser reichte.

      Julie erhob sich und trat zur Seite. Sie fühlte sich wie ein Eindringling, als sie sah, wie zärtlich Alastairs ­Finger sich um Lauries schlossen, als er ihr beim Trinken half. Mit einer Wucht, die sie völlig unerwartet traf, begriff sie auf einmal, was bislang nur theoretisches Wissen gewesen war: Tante Laurie würde sterben. Ein lebendiges, liebendes Wesen würde von der Erde verschwinden und sich in Nichts auflösen. Sie würde ihr fehlen, aber Alastair würde ihr Tod tausend Mal schlimmer treffen.

      Bittere Tränen brannten in Julies Augen und sie wandte den Kopf ab, damit Laurie sie nicht weinen sah. Sie war so egoistisch gewesen. Ihre Tante hatte ihr den Wegzug aus Yarnville ermöglicht und sie hatte sich nie gefragt, ob Laurie nicht auch gern ein Leben abseits der Hexentradition gewählt hätte, wäre es ihr möglich gewesen.

      So lautlos wie möglich ging Julie in Richtung Tür. Sie wollte ihre Tante und Alastair allein lassen, aber trotz ihrer geschlossenen Augen schien Laurie zu ahnen, was sie vorhatte.

      »Du störst nicht«, sagte sie mit einem Anflug ihres alten, stets beherrschten Selbst. »Bleib!«

      Julie meinte zu sehen, wie sich Alastairs Schultern anspannten, aber er sagte nichts. Also suchte sie sich einen Sessel nahe am Fenster und wartete darauf, dass ihre Tante den letzten Atemzug tat.

      Ihr »Bleib!« hallte in Julies Kopf nach. Einmal, als Lauries Atemzüge immer flacher wurden, fasste sich Julie ein Herz und fragte Alastair, ob sie nicht doch einen Arzt rufen sollte.

      Wie in einer Trance schaute er sie an. Sein Blick war leer und er wirkte selbst wie ein Sterbender, nein, wie ein Toter. Unter der papierdünnen Haut sah Julie die Knochen seines Schädels und auch, wie sich das Kiefer­gelenk bewegte, als er mit den Zähnen knirschte. Mit pochendem Herzen betrachtete sie die Schwärze, die dort lauerte, wo eigentlich seine Augen hätten sein sollen. Erst als sie blinzelte, kehrte die Realität zurück.

      Ich bin übermüdet, nichts weiter, sagte sie sich und fragte sich für einen Moment, ob sie wohl verrückt würde. Der nahende Tod ihrer einzigen Verwandten, die Rückkehr nach Yarnville und alles, was das für sie bedeutete, mochten zu viel gewesen sein.

      »Vielleicht solltest du dich ein wenig hinlegen«, schlug Alastair vor. Er las sicher nicht ihre Gedanken, sondern sprach nur das Offensichtliche aus. »Und nein, Laurie möchte keinen Arzt. Sie will nicht unter Drogen gesetzt werden, bis sie einschläft. Das hat sie mir mehr als einmal gesagt und wir sollten es respektieren.«

      Julie senkte den Kopf und nickte. »Schon gut, ich ­verstehe.« Dann stand sie auf und ging zu ihm hinüber.

      Warum hatte er sich nicht einen Stuhl genommen und kniete stattdessen auf einem Sofakissen? Wahrscheinlich war er der Meinung, diese Position sei die einzig würdevolle Möglichkeit, Laurie in ihrer schwersten Stunde beizustehen.

      Julie hockte sich neben ihn und legte besänftigend ihre Hand auf seine. Zuerst glaubte sie, er wolle sie zur Seite stoßen, aber dann entspannten sich seine Finger unter ihren. Mit ihrer Hand in seiner Linken und Lauries in seiner Rechten war es wie ein Kreis, in dem die Energie ungehindert fließen konnte – so wie früher, wenn ihre Großmutter und Tante Laurie sie in die Mitte genommen hatten, um eines der harmloseren Rituale mit ihr durchzuführen.

      Bei dieser Erinnerung begann Julie, sich unwohl zu fühlen. Sie wollte ihre Finger lösen, aber Alastair hielt sie fest.

      »Es dauert nicht mehr lange«, flüsterte er und verstärkte seinen Griff.

      Und tatsächlich tat Laurie kurz darauf ihren letzten Atemzug – mit offenen Augen, die Julie bis zuletzt nicht losließen. Es war ein merkwürdiger Moment, denn obwohl Julie sah, dass Laurie nicht mehr lebte, hatte sie nicht das Gefühl, dass ihre Tante wirklich fort war. Erst als Alastair ihr sanft die Lider schloss und etwas murmelte, das Julie nicht verstand, begriff sie, dass es wirklich und wahrhaftig vorbei war.

      »Jetzt kannst du einen Arzt rufen«, sagte er, während er aufstand und sich auf die Hosenbeine klopfte.

      Julie erhob sich ebenfalls und wollte ihn umarmen, aber er drehte sich fort von ihr und ging zum Fenster. Sein Gesicht spiegelte sich in der Scheibe und Julie sah, dass er lächelte. Ihre Blicke trafen sich in der Fensterscheibe und kurz glaubte Julie, eine Bewegung hinter ihrem Rücken zu sehen, einen Schatten, der sich drohend erhob. Sie rieb sich die Augen und die Erscheinung verschwand.

      »Wärst du so lieb, mich ein paar Minuten mit deiner Tante allein zu lassen?«, fragte Alastair.

      »Natürlich«, antwortete Julie, ging in den Flur hinaus und schloss leise die Tür hinter sich. Dann sah sie sich um.

      Das Telefon stand noch immer auf dem Tischchen und daneben lag Tante Lauries kleines schwarzes Adressbuch. Julie fand die Nummer ihres Arztes, rief ihn an, und die Maschinerie geriet in Bewegung.

      Der Arzt kam, stellte den Totenschein aus und gab Julie den Prospekt des einzigen Beerdigungsunternehmens der Stadt. Ohne den bunten Bildern einen Blick zu gönnen, suchte sie nach der Telefonnummer und bat den Bestatter, ihre Tante abzuholen. Alastair wich unterdessen nicht von Lauries Seite. Erst als der Bestatter ihn behutsam an der Schulter berührte, schien er aus seinem Dämmerzustand zu erwachen und wahrzunehmen, was um ihn herum geschah. Der Bestatter sprach ihm sein Beileid aus, bevor er sich wie in einem Nachgedanken Julie zuwandte und ihr ebenfalls die Hand drückte. In diesem Moment begriff sie, dass nicht sie, sondern Alastair, der langjährige Vertraute ihrer Tante, als der Hauptleidtragende galt.

      Nachdem der Bestatter gegangen war, folgte Julie Alastair in die Küche. Auch hier war fast alles noch genau so, wie sie es in Erinnerung hatte. Die einzigen Neuerungen waren technischer Natur, wie etwa die Spülmaschine und ein riesiger Kühlschrank.

      »Soll ich uns einen Tee kochen?«, bot Julie an.

      Alastair nickte stumm und setzte sich an den Küchentisch. Julie nahm zwei Tassen und die angeschlagene Teekanne mit dem verblassten Rosenmuster, die ihre Großmutter so oft benutzt hatte, aus dem Schrank. Alles fühlte sich vertraut und fremd zugleich an.

      Alastair räusperte sich. »Du weißt, dass Laurie diesen ganzen modernen Kram nur für dich hat einbauen ­lassen. Es gibt jetzt sogar eine Internetverbindung hier.«

      Julie setzte Wasser auf und versuchte, das wachsende Gewicht auf ihren Schultern zu ignorieren. Alastair war wie eine Katze, die sich ihrer Beute nicht direkt näherte, sondern sie zuerst in Sicherheit wiegte. In dem Augenblick, in dem Julies Wachsamkeit nachließ, würde er zuschlagen. Sicher, er hatte nur »ihr Bestes« im Sinn, aber das machte es nicht leichter für sie.

      »Ja«, antwortete sie schließlich. »So wird sich das Haus leichter verkaufen lassen.« Sie gab Teeblätter in die Kanne, und als das Wasser kochte, goss sie es hinein. Sofort stieg der Duft von Kräutern und Blüten auf.

      Julie setzte sich Alastair gegenüber und spürte, wie sich das schlechte Gewissen in ihr ausbreitete. Sie griff über den Tisch СКАЧАТЬ