Heute bei uns zu Haus. Ханс Фаллада
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Название: Heute bei uns zu Haus

Автор: Ханс Фаллада

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Hans-Fallada-Reihe

isbn: 9783961189151

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СКАЧАТЬ dann hörte er von allein auf. Ich machte ihn nur immer wilder. Schließlich flog ich mit meinen Mappen aus dem Allerheiligsten. Zerschmettert, schlimmster Ahnungen voll. Der erste Lichtblick in der allgemeinen Finsternis meiner Lebensaussichten war unser Kontorbote Manne, der im Durchgangszimmer damit beschäftigt war, Post fertigzumachen. Bei meinem Anblick hob er den Kopf und sagte als echter Berliner: »Fallada, morjen früh kommen Se aber mit frisch jewaschener Brust: morjen früh erschießt der Chef Ihnen!«

      Ein bißchen atmete ich auf. Also wurde dieses Gebrüll nicht so tragisch genommen, noch war unsere und des Ungeborenen Existenz nicht bedroht. Ich habe es dann auch erlebt, wie der Chef sich allmählich mit den unhandlichen Mappen abfand. Langsam gab er zu, daß sie auch Vorteile hatten. Dann, als die gedruckten Formulare erschöpft waren, sagte er mit einem halben Lächeln: »Na, lassen Sie wieder welche drucken. Schließlich haben sich die Untiere doch bewährt.«

      Aber bis wir soweit waren, hatten wir noch über manchen Berg zu klettern. Vorläufig beherrschte mich noch völlig die Sorge um unser Auskommen. Es war klar, von dem Gehalt konnten wir nicht leben, ich mußte etwas dazuverdienen. Nun hatte mein Brotgeber eine seltsame Einrichtung getroffen, ohne ein Wort zu mir, ohne eine Erklärung. Auf dem ganzen Verlag wurde bis abends fünf oder sechs gearbeitet, ich aber hatte jeden Tag um zwei Uhr Büroschluß, so hatte er es angeordnet. Dieser listige alte Verleger! Nie hatte er mit einem Wort meine früher erschienenen Bücher erwähnt (auch nicht den Vorschuß). Nie hatte er sich erkundigt, ob ich wohl Lust hätte, etwas Neues zu schreiben. Aber er schickte mich um zwei Uhr nach Haus, er gab mir den halben Tag frei. Er war ein großer Menschenkenner, er las es mir an der Nase ab, daß ich zu den Menschen gehörte, die immer beschäftigt sein müssen, die stets etwas vorhaben müssen. Die Zeit meines Nichtstuns war eine Zeit des Gelähmtseins, von Krankheit gewesen, nun war ich wieder gesund. Wenn mir kein anderer Arbeit auftrug, machte ich mir selber welche.

      Hinter ›Kupferberg Gold‹ setzte ich mich an den Schreibtisch und fing an, Papier vollzuschreiben. Oh, ich hatte meinen Stoff, ich hatte in Altholm so einiges gesehen, erlebt, gehört. Ich fing an, einen Roman zu schreiben, des Titels ›Ein kleiner Zirkus namens Monte‹.

      Ich schrieb mit tausend Zweifeln, oft ganz mutlos. Ich hatte es mir technisch so schwierig wie nur möglich gemacht. Nach meinen ungeliebten Erstlingen, die gar zu persönlich gewesen waren, sollte der Autor diesmal im Buch ganz fehlen. Mit keinem Wort sollte er andeuten, was er selbst über das Erzählte dachte, das war Sache des Lesers. Wie ich geächzt habe! Wie ich darüber verzweifelt bin, daß ich nie »beschreiben« wollte, daß die ganze Entwicklung in Dialogform gegeben werden sollte! Sagte er, sagte sie – ich konnte das schon nicht mehr sehen.

      Daß ich das Buch je zu Ende geschrieben habe, verdanke ich nur meiner niederdeutschen Hartnäckigkeit. Ich war überzeugt, es war alles Mist – aber ich war hartnäckig wie ein Maulesel. Es mußte zu Ende geschrieben werden, da es einmal angefangen war. Halbe Geschichten habe ich nie gemocht.

      Dann wanderte das Manuskript, da es nun einmal geschrieben war, auf den Verlag. Die Lektoren lasen es, der Verleger las es. Ich muß sagen, daß er nach jenem ersten Zornesausbruch wegen meiner überdimensionierten Mappen der angenehmste Chef gewesen war. Er hatte nie den Arbeitgeber herausgekehrt, sein Ton war immer freundschaftlich gewesen. Aber nun klang er doch noch anders. Er hatte richtig getippt, er hatte eine gute Nase gehabt: in diesem halb verbummelten Menschen steckte etwas. Ein Verlagsvertrag wurde geschlossen ...

      Und dann kam der große Glücksschlag: eine illustrierte Wochenschrift entschloß sich zum Vorabdruck des Romans, der in ›Bauern, Bonzen und Bomben‹ umgetauft war. Das war damals eine sehr mutige Tat, denn einmal wimmelte dieser Roman von den deftigsten Derbheiten, zum andern mußte er ›oben‹, ›bei den Roten‹ heftigsten Anstoß erregen. Aber die Zeitung entschloß sich, sie wollte sogar zwölftausend Mark für das Wagnis zahlen! Liebe Leute, zwölftausend Mark – Suse und ich gerieten ja wohl völlig aus dem Häuschen! Zwölftausend Mark, das war Reichtum, das bedeutete Sorgenlosigkeit – dafür konnte man sich die halbe Welt kaufen! Unterdes war unser Erstgeborener längst eingetroffen und schrie die Wände hinter der Sektreklame dauerhaft an. Natürlich würden wir nun aus der Steinwüste hinausziehen. Wir würden uns in irgendeinem Vorort ein Häuschen kaufen. Wir würden Möbel anschaffen, Wäsche, Kleidung! Und Bücher, natürlich Bücher! Es war wie ein Taumel! Soviel Glück war eigentlich gar nicht möglich!

      Meiner zweiflerischen Veranlagung entsprechend war ich natürlich nicht ohne Befürchtungen. Würden die illustrierten Herren nicht noch zurückweichen? Würden sie auch zahlen? Eigentlich war es ja unmöglich, einen so derben Roman in einer Illustrierten zu veröffentlichen! Suse sollte schon sehen, wir hatten uns umsonst gefreut. Ich sah streng darauf, daß an unserer sparsamen Lebenshaltung nichts geändert wurde!

      Aber die Wochenschrift zahlte, es kam die Stunde, da das Geld beim Verlag einging. Ich fand mich auf der Kasse ein. Der Verlag war damals ›ein bißchen klamm‹, ich bekam eine Abschlagszahlung, fünfhundert oder tausend Mark, weiteres würde ich später erhalten. Aber was kümmerte mich das weitere?! Wir hatten eine ungeheure Barsumme in der Hand. Wir gingen einkaufen.

      Nie hatten Suse und ich einkaufen können, was man so richtig einkaufen nennt. Nun konnten wir es, nun taten wir es, nun genossen wir es. Wir kauften Wäsche und Kleidung und Bücher und Schuhwerk und Gardinen – alles auf Abzahlung. Wir kauften in der Strausberger Gegend ein Einfamilienhaus mit zweieinhalb Zimmern und einem Garten – auf Abzahlung. Das Häuschen hatte zweiundfünfzig Quadratmeter Wohnfläche, der Garten sogar über hundert Quadratmeter. Wir waren Herren über hundertzweiundfünfzig Quadratmeter! Eigentum, meine Lieben, Eigentum! Aus den Handkofferbesitzern waren Grundeigentümer geworden!

      Erinnert sich noch jemand an die düsteren Julitage des Jahres 1931? Weiß jemand noch, was für ein unheilvoller Tag es war, als der große Bankenkrach kam, als eine Firma nach der andern die Zahlungen einstellte? Ich habe immer Glück im Unglück gehabt, aber ich hatte auch stets Pech im Glück. Mein Verlag stellte seine Zahlungen ein. Ich war mit elftausend Mark Forderungen an dieser Zahlungseinstellung beteiligt, aber ich hatte ungefähr achttausend Mark Abzahlungsschulden! Das waren Zeiten! Das waren Stunden tiefster Bekümmernis! Statt vorwärtsgekommen zu sein, steckten wir bis über die Ohren, bis über die Haare in Schulden! Wir ertranken in Schulden! Wir hatten nichts – nur Sorgen und schlaflose Nächte!

      Wie habe ich meinen ›Leichtsinn‹ verflucht. Damals habe ich mir zugeschworen, nie wieder Schulden zu machen, nie wieder etwas auf Abzahlung zu kaufen. Der Schreck jener Zeit sitzt heute noch so fest in mir, daß ich jede Rechnung sofort am Tage ihres Eingangs bezahle. Es darf ruhig daraufstehen ›Zahlbar in 4 Wochen‹, ich zahle sie doch heute. Ich ängstige meine Lieferanten, daß sie mir ihre Rechnungen auch schnell genug schicken. Ich kann mein Geld nicht rasch genug loswerden, wenn es jemand anders gehört! Das sitzt alles von damals her in mir!

      Als sei es noch nicht genug des Unheils, verliere ich meine Stellung auf dem Verlag. Dort war irgend so ein Treuhänder eingesetzt, der begann seine Tätigkeit damit, daß er erst einmal die Gehälter der Angestellten heruntersetzte. Wer nicht damit einverstanden war, der konnte gehen. Ich war nicht damit einverstanden, ganz und gar nicht. Schon bisher hatte es nicht hin und her gereicht, und nun sollte ich noch auf ein Viertel verzichten?! Nein, meinen allerschönsten Dank, alles oder nichts! Natürlich war Suse mit meiner Entscheidung zufrieden, sie hielt immer zu mir durch dick und dünn! Freilich hatte sie die Hauptlast zu tragen.

      Nun wohnten wir schon draußen in Altenhagen, in unsern zweiundfünfzig plus hundert Quadratmetern, von denen die erste Rate anbezahlt war, zwischen unsern neuen Möbeln, dito, ganz nett versorgt mit Wäsche und Kleidung, dito. Wir saßen in einem Paradies, das uns mit Brennesseln brannte: jeden Tag konnten wir wieder ausziehen müssen, mit zwei Handkoffern und unserm Sohn Ulrich, genannt Uli, genannt Murkel, genannt Muxe-Puxe, genannt Ulli-Bulli, genannt ... genannt ...

      Jeden Morgen, wenn Suse den Hausstand besorgte, zog ich mit meinem Sohn im Kinderwagen los. Er СКАЧАТЬ