Verschwundene Reiche. Norman Davies
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Название: Verschwundene Reiche

Автор: Norman Davies

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806231199

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СКАЧАТЬ Rektoren und Herzöge hatten die Zähringer die Lehenshoheit über eine Vielzahl von Edlen, Grafen und Bischöfen inne sowie über ein Archipel von loyalen Städten, die verstreut waren über ein widerspenstiges Land. Sie bauten ein Netz von miteinander verbundenen Städten auf, wozu Freiburg, Burgdorf, Murten (Morat), Rheinfelden und Thun gehörten. Ihr bedeutsamster Repräsentant, Graf Berthold V. von Zähringen (1160–1218), ließ die Burg von Thun erbauen und gründete im Jahr 1191, angeblich nachdem er einen Bären erlegt hatte, die Stadt Bern. Er starb kinderlos, und mit ihm endete die Linie der Zähringer. Das Experiment wurde nicht wiederholt.69

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      Schon ab Mitte des 12. Jahrhunderts bemühte sich Friedrich Barbarossa darum, die Macht des Kaisertums zu stärken. Er ließ sich 1152 in Aachen zum deutschen König krönen, 1154 in Pavia zum König von Italien, 1155 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und mit einigem zeitlichen Abstand 1173 in Arles schließlich zum König von Burgund. Allen diesen Schritten gingen jahrelange politische Aktivitäten und Feldzüge voraus. Im Laufe dieser Zeit verbündete er sich mit dem Papst und ermöglichte dadurch die Wiederbelebung der »Zwei-Schwerter-Lehre«, wonach Gott den Menschen zwei Schwerter gegeben habe, das geistliche und das weltliche, die vom Papst beziehungsweise vom Kaiser geführt werden sollten. Barbarossas Interesse an Burgund wurde durch seine zweite Ehe entfacht, seine Heirat mit Beatrix von Burgund, der Erbin des burgundischen Pfalzgrafen. Durch diese Heirat unterstellte Barbarossa das Gebiet seiner unmittelbaren Herrschaft und verwickelte sich in die Konflikte im Königreich Burgund, konnte aber keine entscheidenden Erfolge erzielen. Er starb auf dem Zweiten Kreuzzug, ohne jemals das Heilige Land zu Gesicht bekommen zu haben.70

      Der langwierige »Investiturstreit«, der Konflikt zwischen geistiger und weltlicher Macht, schwächte die beiden höchsten Autoritäten der mittelalterlichen Welt gleichermaßen. Er begann im 10. Jahrhundert, als die ottonischen Kaiser erstmals die Papstwahl zu beeinflussen versuchten, und setzte sich in mehreren Wendungen bis ins 13. Jahrhundert fort. Dem Konflikt lag im Kern die ungelöste Frage zugrunde, ob der Papst oder der Kaiser die übergeordnete rechtliche Instanz darstellten, und konkret ging es um das Recht auf die Amtseinsetzung (Investitur) von Geistlichen, insbesondere von Bischöfen und Äbten. Der Streit verschärfte die Auseinandersetzungen und Bürgerkriege in Deutschland, bis schließlich 1122 durch das Wormser Konkordat eine Kompromisslösung gefunden wurde. In anderen Ländern jedoch dauerte dieser Streit noch länger an, insbesondere in England unter König John. Seine Bedeutung mag von manchen Historikern übertrieben worden sein, die andere Ursachen für Spannungen unbeachtet ließen,71 doch er führte dazu, dass in allen Teilen des Reiches eine verfahrene Situation entstand, in der weder Papst noch Kaiser den Machtanspruch des anderen anzuerkennen bereit waren, und beschleunigte letztlich die Zersplitterung der Macht:

      In der Zeit des Investiturstreits … entstanden neue territoriale Einheiten, und diese Einheiten bildeten die Keimzellen, aus denen sich in Deutschland die Fürstentümer des Späten Mittelalters entwickelten … Es sollte noch viele Generationen dauern, bis die Fürsten die vollständige Kontrolle über ihre Territorien durchsetzen konnten, doch bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts beschritten die großen Adelsfamilien jenen Weg, der am Ende zur territorialen Souveränität führte; und es war der Investiturstreit mit seinen revolutionären gesellschaftlichen Veränderungen im Gefolge, der ihnen die Möglichkeit eröffnete, ihre Macht zu behaupten und auszubauen.72

      Unaufhaltsam erlebte das Königreich Burgund nun eine Reihe von Abspaltungen. In regelmäßigen Abständen brach ein Teil des Reiches weg. Die ursprüngliche Ansammlung von Territorien schrumpfte stetig. Als erstes Gebiet schied die Provence aus, dann folgten das Comtat Venaissin, Lyon und die Dauphiné. Die Kaiser hielten noch an einigen Ansprüchen und Rechten fest, doch die Entwicklung war unumkehrbar. Das Königreich zerfiel langsam. Die ersten Schritte zur Abspaltung wurden von den Geistlichen vollzogen, von denen einige den Titel »Fürstbischof« beanspruchten. Sie fühlten sich dazu ermutigt, weil die Kaiser die Unterstützung der Kirche benötigten. Die Bischöfe von Sion (im Valais) und von Genf sagten sich schon sehr früh los, und andere folgten ihnen.

      Die Haltung der Kirche in der Investitur-Frage wurde am eindrücklichsten im Jahr 1157 in Burgund zum Ausdruck gebracht. Auf der Versammlung von Besanz (Besançon) vertrat der päpstliche Gesandte die Ansicht, dass das Kaiserreich lediglich ein päpstliches benefizium sei, also ein freiwilliges Geschenk, über das der Papst weiterhin verfügen könne. Dadurch riskierte er, wie ein Historiker bemerkte, dass einer der anwesenden Herzöge des Reiches ihm mit seiner Streitaxt den Schädel spaltete, denn mit dieser Aussage stellte er die unbestrittene Autorität des Kaisers eindeutig infrage. Doch der Erzbischof von Besanz wie auch einige Grafen aus der Region kamen dadurch wohl auf neue Ideen.

      Die Pfalzgrafschaft Burgund – die diesen Namen aufgrund ihrer Lage an der nördlichen Grenze des Königreiches erhalten hatte – war ein sehr wichtiges Gebiet. Graf Rainald III. (gest. 1148) hatte hier bereits vergeblich ein eigenes kleines Reich aufzubauen versucht. Nachdem er die Grafschaft Mâcon im benachbarten französischen Herzogtum Burgund geerbt hatte, hatte er sich zum Freigrafen (franc comte) innerhalb des Heiligen Römischen Reiches erklärt. Doch die kaiserlichen Behörden billigten diesen Schritt nicht und beschlagnahmten zur Strafe einen Großteil von Rainalds Gütern. Aber dann heiratete Kaiser Friedrich Barbarossa Rainalds Tochter und die Erinnerung an Rainalds »Freigrafschaft« lebte weiter.74 Im Jahr 1178 gelang es dem Erzbischof von Besanz, einem Enkel von Rainald III., durch Verhandlungen seinen Bischofsitz in eine Reichsstadt umzuwandeln, die von ihren Lehenspflichten gegenüber dem Pfalzgrafen befreit wurde. Das war ein wegweisender Präzedenzfall. Einige Jahrzehnte später ging der Bischof von Basel noch einen Schritt weiter und schuf ein »Fürstbistum«, das nicht nur über seinen Bischofssitz herrschte, sondern auch über die nahe gelegenen beschlagnahmten Güter von Rainald III.75

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      Auch große Teile der künftigen Schweiz wurden aus dem zum Heiligen Römischen Reich gehörenden Königreich Burgund herausgeschnitten. Anfang des 13. Jahrhunderts wanderten Bauern aus dem Gebiet des Bischofs von Sion im Valais nach Graubünden im Osten. Die Einwanderer brachten Brückenbautechniken mit, machten die Schöllenenschlucht für Reisende passierbar und ermöglichten den Zugang zu dem bedeutsamen Handelsweg über den Gotthard-Pass nach Italien. Im August 1291 gelobten die Männer von Uri, Schwyz und Unterwalden, die Mautstellen am Pass betrieben, dass sie sich jeder Einmischung von außen widersetzen würden. Dies gilt als Gründungsakt der schweizerischen Eidgenossenschaft.76

      Die Provence löste sich durch eine Reihe von Heiraten von Burgund. Im Jahr 1127, in der ersten Phase, hatte die letzte Bosoniden-Erbin ihre Rechte ihrem aus Barcelona stammenden СКАЧАТЬ