Название: Verschwundene Reiche
Автор: Norman Davies
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806231199
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Dennoch erlaubte die Demütigung der Wikinger von York und Northumbria den Herrschern von Strathclyde, einen Teil des entstehenden Vakuums zu füllen und viele historische Territorien des »Alten Nordens« wieder unter ihre Fittiche zu nehmen. In den folgenden Jahrzehnten stießen sie nach Süden in die früheren Gebiete von Rheged und tief in die Pennines vor. Als abhängiger Staat schoben sie die Grenze Albas mit England weit über die heutige Grenzregion hinaus nach Süden. Ein Stein bei Stainmore – auf halbem Weg zwischen Penrith und Barnard Castle –, bekannt als Rere Cross, Rear Cross oder Rey Cross, markiert wahrscheinlich die Grenze der Herrschaft von Alba und Strathclyde. Eine Ansammlung von cumbrischen, dem hl. Mungo/Kentigern geweihten Pfarrkirchen vor allem in Dearham nahe Cockermouth bezeugt die fortdauernden Einflüsse der Clydeside. In dieser Zeit kamen die Bräuche und die Sprache der brythonischen Bevölkerungselemente, nicht zuletzt der cumbrischen Schafzähler, sicher wieder stärker zum Tragen, obwohl die etablierte Dominanz der anglischen und nordischen Elemente nicht völlig verloren ging. Die große Mehrheit der Ortsnamen im Lake District etwa, wie Bassenthwaite, Langdale oder Scafell, sind eindeutig nordischen Ursprungs, und nur einer Minderheit wie Derwent, »Oak Valley«, oder Helvellyn, »Gelbes Moor«, merkt man ihre brythonische Herkunft an. Der Gebirgspass Dunmail Raise an der Straße zwischen Keswick und Grasmere, wo in späteren Zeiten ein Cairn die Grenze zwischen Cumberland und Westmorland markieren sollte, war nach einem der drei gleichnamigen Unterkönige von Strathclyde benannt. Im frühen 10. Jahrhundert könnte der Cairn von Dunmail ein südliches Gegenstück zum Rere Cross bei Stainmore gewesen sein.
Doch die Atempause währte nicht lange. Im Jahr 937 fand eine für die Geschichte der Britischen Inseln entscheidende, aber häufig unbeachtete Schlacht bei Brunanburh statt, einer nicht näher bekannten Stätte irgendwo in Merseyside.65 Die Angelsächsische Chronik schildert diese Begegnung in Versform, und Alfred, Lord Tennyson übersetzte das Gedicht unter dem Titel The Battle of Brunanburh:
Athelstan King, Lord among Earls, Bracelet-bestower and Baron of Barons, He with his brother Edmund Atheling, Gaining a lifelong Glory in battle, Slew with the sword-edge There by Brunanburh, Brake the shield-wall, Hew’d the lindenwood, Hack’d the battleshield … | König Athelstan Herr unter Grafen, Geber des Ehrenbandes und Baron der Barone, Er mit seinem Bruder Edmund Atheling, Sie errangen ewigen Ruhm in der Schlacht, Schlugen mit der Schwertklinge Dort bei Brunanburh, Durchbrachen die Mauer aus Schilden, Zerhauten das Lindenholz, Zerhackten den Kampfschild … |
In Brunanburh stand Athelstan von Wessex, seines Zeichens »König von ganz Britannien«, einer Koalition von Walisern, Schotten, und nordischen Königen gegenüber, die ganz offenbar durch den plötzlichen südenglischen Machtgewinn aufgescheucht worden waren und ihre Soldaten in Athelstans Territorium geführt hatten. Unter ihnen war auch der König von Strathclyde, wahrscheinlich Ywain map Dynfwal. An diesem Punkt hätten die nichtenglischen Truppen, wenn ihnen das Schlachtenglück hold gewesen wäre, Wessex die Flügel stutzen können. England war nicht stärker als Schottland, und das Schlachtenglück immer wieder ungewiss. Doch letztendlich triumphierte Athelstan, und die antienglische Koalition zerbrach. Der angelsächsische Chronist (wieder von Tennyson übersetzt) verkündete einen endgültigen Sieg über die »Wahser«:
Never liad liuger | Nie war ein gewaltigeres |
Slaughter of heroes | Heldengemetzel, |
Slain by the sword-edge – | Erschlagen durch die Schwertklinge – |
Such as old writers | Wie es die alten Schreiber |
Have writ of in histories – | in Geschichten geschildert haben – |
Hapt in this isle, since | geschehen auf dieser Insel seit |
Up from the East hither | hierher vom Osten herauf |
Saxon und Angle from | Sachsen und Angeln von |
Over the broad billow | Jenseits des weiten Meeres |
Broke into Britain with | Nach Britannien eingefallen waren mit |
Haughty war-workers who | Stolzen Kriegsarbeitern, die |
Harried the Welshman, when | die Waliser hetzten, als |
Earls that were lured by the | Grafen, durch die Ruhmsucht |
Hunger of glory gat | herbeigelockt, das Land |
Hold of the land. | in ihre Macht bekamen. |
Die Folgen von Brunanburh – von den Engländern als die »Große Schlacht« bezeichnet – zeigten sich nicht sofort. Athelstans früher Tod führte vielmehr dazu, dass seine Feinde wieder Morgenluft witterten und die Erben hart um seine Eroberungen kämpfen mussten. Im Jahr 944/945 marschierte zum Beispiel Athelstans Halbbruder und Nachfolger Edmund der Ältere in das durch zusätzliche Territorien erweiterte Königreich Strathclyde ein, schlug dessen Unterkönig Dynfwal III. – den die Angelsächsische Chronik »Dunmail« nennt – und bestand als Teil einer allgemeinen Abmachung darauf, dass Strathclyde sich formell Alba unterstellte. Den Herrschern von Alba befahl er, die Zügel bei ihren Unterkönigen anzuziehen. Die unabhängige Existenz des früheren Alt Clud näherte sich ihrem Ende.
Ein einzelner Satz des walisischen Brut y Tywysogion ist bemerkenswert. Nachdem dort der Tod des Bishof Emerys von St Davids im Jahr 944 vermeldet worden ist, heißt es völlig kommentarlos: »Ystrat Clut adiffeithóyt y gan y Saeson« (»Ystrat Clut wurde von den Sachsen verheert«). Es muss wenigstens das vierte Mal gewesen sein, dass Alt Clud verwüstet wurde, und die Täter können nur die Soldaten oder Verbündeten Edmunds I. gewesen sein. Aber es war das erste Mal, dass die Waliser den traditionellen brythonischen Namen Alt Clud durch Ystrad Clut oder »Tal des Clyde« ersetzten – eine einfache Übersetzung des gälischen Namens. Der brythonisch/cumbrische Charakter des Reiches schwand fortan; das gälisierte »schottische« Strathclyde tauchte auf, und die Waliser waren sich dessen bewusst.66 Die Briten des Alten Nordens wurden nicht einmal mehr erwähnt.
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