Название: Aus der Sicht der Fremden
Автор: Maria von Hall
Издательство: Автор
Жанр: Контркультура
isbn: 9783958408418
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Meine Nichte Halinka hat sich schnell an die neue Lebenssituation gewöhnt. Sie war ein kluges Kind mit einem hellem Kopf und eine sehr gute Schülerin. Auch in der Klasse hat sie schnell Anschluss gefunden und Kameradschaften geknüpft.
Anfangs gab es keine Hoffnung, dass das Kind legal aus Polen ausreisen konnte, aber nach zwei Jahren hat sich die Situation doch geändert und sie durfte das Land verlassen. Es hieß, im Rahmen der Familienzusammenführung. Ich habe sie am Tag der Abreise mit meinem Bekannten nach Warschau begleitet. Dieser kannte die Stadt wie seine eigene Hosentasche, weil er dort geboren worden war. Er liebte die Stadt und besuchte sie mehrmals pro Jahr, weil er sehen wollte, wie sie sich entwickelt und was sich verändert hatte. Er half mir, wo er konnte – ohne seine Hilfe wäre ich total ratlos gewesen und die Sache war ja ernst. Halinka und ich waren um 04:00 Uhr morgens aufgestanden, die Verbindung sollte doch klappen, um den Flieger aus Warschau nach Wien nicht zu verpassen. Meine Nichte hatte vor dem Fliegen keine Angst und das war für mich schon sehr beruhigend.
Um dieselbe Zeit warteten die Eltern auf dem Flugplatz in Wien auf ihre Tochter. Als wir so auf die Ansage des Fluges nach Wien warteten, schlug das Wetter um und der Flug nach Wien wurde abgesagt. Man hat umdisponiert und das Kind ist erst nach Paris geflogen, wo es umsteigen mußte, um weiter nach Wien zu fliegen. Halinka ist mit einer sehr großen Verspätung in Wien angekommen. Man hat die Wartenden in Wien nicht darüber informiert, dass der Flug aus Warschau nach Wien nicht hatte stattfinden können! Die Eltern haben schreckliche Stunden der Ungewissheit und Angst erlebt, aber sie haben konsequent so lange gewartet, bis sie schließlich ihre Tochter in die Arme schließen konnten.
Das Kind war in der neuen Heimat aber nicht glücklich. Ich habe Briefe von ihr bekommen mit der Nachricht, dass sie zurückkommen möchte. Zu Hause bei den Eltern durfte sie nicht bleiben, sie wurde – so verlangte es das Gesetz – mit anderen gleichaltrigen Kindern, die aus verschiedenen Ländern stammten und auch wie sie erst Deutsch lernen mussten, in einem Internat untergebracht. Das Leben unter einem Dach mit den fremden Kindern hat sich nicht gerade erfreulich gestaltet, deswegen wollte sie unbedingt zurück.
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Nach fünf Jahren Wartezeit hat sich im Jahre 1973 die Wohnungsgemeinschaft in Tychy bei mir gemeldet. Man hatte mich schriftlich informiert, dass ich eine Wohnung zugeteilt bekommen sollte und gratulierte mir sogar zu diesem Ereignis. Nachdem ich die gute Nachricht erhalten hatte, bin ich eines Tages nach Tychy gefahren und habe mich bei der Wohnungsgemeinschaft gemeldet. Diesmal hat mich eine andere Dame empfangen. Sie gab mir den Schlüssel und die Adresse der zugeteilten Wohnung und erklärte mir den Weg zu der Siedlung D, in der sie sich befand. Das Hochhaus habe ich gleich gefunden. Die Wohnung befand sich im achten Stock. Ich öffnete sie mit klopfendem Herzen und bin ganz erschrocken im ersten Zimmer stehengeblieben. Die Wohnung hatte denselben Grundriss und dieselbe Größe von 35 Quadratmetern wie die in Laziska Gorne. Außerdem habe ich festgestellt, dass an der längsten Wand im ersten Zimmer der Heizkörper in der Mitte der Wand befestigt worden war. Noch dazu war die Miete viermal höher als meine bisherige. Sehr enttäuscht bin ich in die Wohnungsgemeinschaft Oskard zurückgekommen, habe den Schlüssel abgegeben und gesagt, dass ich dazu bereit bin, weitere Jahre abzuwarten, bis man vernünftige Wohnungen in der Stadt bauen wird. Die Dame sagte daraufhin nichts – sie wusste genau, was für eine Wohnung man mir angeboten hatte. Die Sache war für mich vorläufig erledigt.
Die folgenden Jahre, die mit Pflicht und ständiger Arbeit erfüllt waren, gingen schnell vorbei, aber ich hatte auch viel Zeit zum Nachdenken. Ich habe mir einen Plan zurechtgelegt, um unsere Wohnsituation zu verbessern. Es ging darum, wie ich meine zukünftige Wohnung in Tychy annehmen und dabei gleichzeitig die in Laziska Gorne behalten konnte. In meiner Stadt hat nur die Grube „Boleslaw Smialy“ ein paar Häuser bauen können, weil sie den Bau für die Bergmänner auch finanzieren konnte. Die Stadt selbst war arm und konnte keine Häuser bauen. Meine ältere Tochter war erst vierzehn Jahre alt und ich war dazu bereit, die nächsten vier Jahre, bis sie volljährig wurde, abzuwarten. Diese beiden Tatsachen habe ich in meinen Plan eingebaut. Ich war überzeugt davon, dass dies mir bei der Durchführung meines Planes behilflich sein würde. Als es dann so weit war und meine Tochter volljährig war, bin ich eines Tages in das Rathaus im Ort gegangen. Ich habe aber nicht die Wohnungsabteilung aufgesucht, sondern im Sekretariat um ein persönliches Gespräch mit dem Bürgermeister gebeten. Dieser hat mich freundlich empfangen und auch mein Anliegen geduldig angehört. Sein freundliches Verhalten mir gegenüber hat mir mein Vorgehen sehr erleichtert und am Schluss rückte ich mit meiner gut überlegten Frage heraus: „Ich möchte Sie fragen, ob Sie mir eine größere Wohnung geben können. Wie gesagt, meine beiden Töchter sind fast erwachsen und wir treten uns schon auf die Fersen, so klein ist meine Wohnung für uns drei.“ Seine Antwort überraschte mich nicht, ich hatte sie erwartet! Ich wusste, was er sagen würde, weil die Stadt doch keine Wohnungen zur Verfügung hatte. Ich habe diese Antwort in meinem Plan eingebaut. Er sagte mir also, dass er mir leider keine größere Wohnung geben könne, weil er keine hatte. Mir ging es nur darum, dass der Bürgermeister sich an mich und unser Gespräch erinnern würde, wenn ich später nochmal wegen meines Anliegens zu ihm kommen würde. Ich habe dann bewusst zwei Monate abgewartet, dann wieder das Sekretariat des Bürgermeisters aufgesucht und erneut um ein persönliches Gespräch mit ihm gebeten. Er hat mich wieder sehr freundlich empfangen. In seinem Gesicht konnte ich aber eine Frage ablesen. Deswegen fragte ich ihn auch gleich, ob er sich an mich und mein Anliegen erinnerte. Natürlich hat er das. Alles ist nach meinem Plan weitergelaufen und ich richtete meine nächste Frage an ihn: „Wenn ich eine Lösung für mein Problem finden würde, würden Sie mir dabei helfen?“ „Aber natürlich“, sagte er sofort und überraschend für mich. Ich war gerettet! Mein Plan hatte funktioniert! Und ich fragte ihn weiter: „Wenn ich zum Beispiel mit der jüngeren Tochter in eine andere Stadt umziehen würde, wären Sie dann dazu bereit, die kleine Wohnung meiner volljährigen Tochter zuzuteilen? Damit wäre uns sehr geholfen.“ Der Bürgermeister sagte nach ein paar Sekunden höflich: „Legen Sie Ihre Wohnungssituation schriftlich dar und geben Sie das Schreiben bei unserem Juristen in der Rechtsabteilung ab. Er ist schon über Ihren Fall informiert.“ „Das ist ja ein Ding“, dachte ich überrascht. Ich bedankte mich sehr für seine Freundlichkeit und das Entgegenkommen und ging zufrieden nach Hause zurück. Trotzdem war ich überrascht, dass mein Plan geklappt hatte.
Nachdem meine ältere Tochter problemlos unsere kleine Wohnung zugeteilt bekommen hatte, bin ich nach den weiteren vier Jahren nach Tychy gefahren und habe die Wohngesellschaft wieder aufgesucht. Meine Akte war nach so vielen Jahren nicht leicht zu finden. Man hatte sie in drei Büros gesucht und vorläufig nicht gefunden. Dann hatte sich eine Angestellte gefunden, die sich an meinen Fall erinnerte und schließlich СКАЧАТЬ