Die Siebte Sage. Christa Ludwig
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Название: Die Siebte Sage

Автор: Christa Ludwig

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783772542701

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      Sein Vater zuckte die Achseln.

      «Ich reite hinüber. Du kommst mit.»

      «Wenn ihr mich hier allein zurücklasst, werde ich wahnsinnig», sagte Chomina.

      «Du musst bleiben. Wir haben die Herde noch nie allein gelassen. Wir tun es auch jetzt nicht. Du hast die Hunde hier. Und du packst alles für unsere Flucht. Denn gehen müssen wir. Wie auch immer.»

      Januão hatte die Sandalen zusammengeschnallt und trug sie am Gürtel. Sie ritten zwei Arbeitspferde und führten Dshallalalama am Halfter. Sie kannten den Weg, und die Pferde liefen sicher, sogar in der Nacht. Im Haus der Antvaris brannten die Öllampen. Auch in den Ställen war Licht. Man öffnete den späten Besuchern sofort. Mitten im Hof stand Zaiira. Sie sah schlimm aus.

      «Da ist sie!», rief Sidi Antvari. «Zaiira! Tazihlo hat sie gefunden.»

      Aber Zaiira rührte sich nicht. Sie blieb starr und steif und ging keinen Schritt auf ihr Pferd zu. Ihr Vater nahm sie in die Arme, hob sie hoch, trug sie zu ihrer Stute, dabei redete er: «Danke, Tazihlo, du bist unsere Rettung. Zaiira, siehst du, da ist sie wieder. Und wenn du sie noch so gut erzogen hast, eine Stute läuft zu der Herde, wenn da ein Hengst ist. Vielleicht ist sie wirklich noch nicht gedeckt. Und danke, Tazihlo, dass du sie sofort gebracht hast …»

      Aber Zaiira starrte nur auf die Sandalen an Januãos Gürtel. Dann verkroch sie sich in den Armen ihres Vaters, weinte und schluchzte, dass ihr ganzer Körper geschüttelt wurde. Ihr Vater hob den Kopf, schaute hilflos, ratlos um sich und sagte: «Was geht hier vor? Was ist hier los?»

      Tazihlo fasste seinen Sohn an der Schulter, zog ihn mit sich, als er dicht an Sidi Antvari herantrat und ihm, gerade so laut, dass Januão es hören konnte, zuflüsterte: «Sidi, lass uns von hier fortgehen, bevor die Pferdeburschen merken, dass deine kleine Tochter nicht um ihr Pferd gezittert hat.»

      Antvari stellte Zaiira wieder auf ihre Füße, und Januão sagte laut: «Nun hör auf zu weinen, Zaiira. Dshalla ist nichts geschehen. Ich habe sie gründlich untersucht. Sie ist nicht verletzt, überhaupt nicht. Und sei nicht mehr traurig, dass sie dir davongelaufen ist. Das ist doch nicht so schlimm.»

      Er schob sie sachte zu ihrem Pferd und leise flüsterte er ihr zu: «Dshirah ist in Sicherheit.»

      «Nein», Zaiira musste husten, erst dann konnte man sie verstehen, und sie sprach jetzt laut genug, dass alle sie hören konnten. «Nein, das ist nicht so schlimm. Sie ist ja wieder da. Bringt sie in den Stall.»

      «Tazihlo», sagte Antvari, «wir sind dir zu größtem Dank verpflichtet, weil du das Pferd gleich heute Abend gebracht hast. Dies wäre eine schlimme Nacht geworden. Kommt und trinkt noch einen Tee mit uns. Wir brauchen keine Bedienung. Die Siada wird den Tee selber bereiten.»

      Erst jetzt entdeckte Januão Zaiiras Mutter. Sie stand abseits, reglos. Ihr Gesicht konnte man nicht sehen. Sie hatte den Schleier bis tief über die Augen gezogen. Sidi Antvari ging voran. Er führte sie in seine Arbeitsräume. Die Siada huschte lautlos neben ihnen durch die Flure und Korridore. Sie war in diesem Flügel des Hauses fremder als Tazihlo, denn hier gingen nur Männer ein und aus. Und Zaiira. Sie war das einzige Kind der Familie, und ihr Vater ließ sie aufwachsen wie einen Sohn. Im Arbeitszimmer setzte sich die Siada abseits auf ein Kissen. Sie nahm den Schleier vom Gesicht, sagte nichts, bereitete auch keinen Tee, saß nur da mit großen, dunklen, erschrockenen Augen. So schaute sie aus einem dunkelroten Gewand heraus, das ihr über die Füße und halb über das noch dunklere Sitzkissen fiel. Obwohl niemand sprach, schien sie noch stiller als die anderen. Zaiira hielt sich dicht neben ihrem Vater. Keiner verlangte Tee.

      Sidi Antvari setzte sich. Langsam schob er sich die Kissen zurecht, breitete seinen hellroten Mantel darüber – er machte es sich behaglich, wie man es bei den Araminen gewohnt war. Aber dass er nicht nach Tee verlangte, störte die Gemütlichkeit. Und dass eine Frau im Zimmer war, passte noch weniger zu einem Gespräch in den Arbeitsräumen eines araminischen Fürsten. Und wie diese Frau – dunkelrot mit schwarzen Augen – saß und schaute, das passte zu gar nichts im ganzen Kalifenreich. Araminische Fürstinnen hatten keine Angst.

      «Tazihlo», begann Sidi Antvari, «meinen Dank habe ich ausgesprochen. Nun schuldest du mir eine Erklärung.»

      Tazihlo nickte, aber er antwortete nicht. Da schnallte Januão die Sandalen vom Gürtel, gab sie Zaiira zurück und fragte: «Was weißt du?»

      «Ich habe am Fenster gestanden», sagte Zaiira, «den ganzen Abend. Und ich habe Polizisten gesehen. Zwölf. Sie kamen von euch. Da wohnt doch niemand sonst.»

      «Sie kamen von uns», nickte Januão, «aber ich sage dir nicht, was sie wollten. Du sollst sagen, ob du es weißt.»

      «Ich weiß es», flüsterte Zaiira.

      Und da berichteten sie, Tazihlo, Januão und Zaiira, sie erzählten alles. Danach saßen sie noch genauso im Raum: Zaiira kauerte auf ihrem Kissen und zitterte wie zuvor im Patio, ihr Vater sah noch immer gelassen aus, lehnte scheinbar entspannt an einem kleinen Teetisch, auf dem jedoch der Tee fehlte, und auch die Siada hatte sich nicht verändert, denn noch verschreckter konnte sie nicht aus ihren schwarzen Augen schauen.

      «Ihr dürft nicht zu eurem Haus zurück», sagte der Sidi. «Wenn morgen die Soldaten kommen, müsst ihr fort sein. Ich überlege, wo ich euch einige Wochen verbergen könnte, bis es für euch möglich wäre, nach Afrika zu fliehen. Ich habe einige Landgüter in der Ebene und Jagdhäuser im Gebirge.»

      «Das darfst du nicht, Herr», sagte Tazihlo. «Sie werden auch die Jagdhäuser in der Sierra untersuchen. Es wäre gefährlich für deine Familie. Sehr!»

      Antvari nickte. «Dshirah ist die Einzige, die in Sicherheit ist. Du bist wirklich klug, Januão.»

      «Aber sie kommt nie wieder raus!», rief Januão. «Nie!»

      «Könnt ihr nicht morgen, gleich früh, alle nach En-Wlowa?», überlegte Antvari.

      «Ich nicht», Januão schüttelte den Kopf. «Ich muss die Pferde vorbeipfeifen.»

      «Dich könnte ich am ehesten als Pferdeburschen auf einem meiner Gestüte verstecken. Du, Tazihlo, bist am meisten gefährdet. Alle, die mit Halbblutpferden zu tun haben, kennen dein Gesicht.»

      «Ihr denkt falsch.»

      Das war die leise Stimme der Siada.

      Januão schaute sich erst suchend im Zimmer um. Er hatte vergessen, dass da noch jemand war. Und keiner hatte von dieser Frau ein Wort erwartet.

      Die Siada sprach leise weiter, ruhig und ohne Zittern in der Stimme: «Wenn ihr jetzt flieht, seid ihr verloren. Sie finden euch. Sie werden suchen, bis sie euch finden. Was wir brauchen, ist ein bardisches Mädchen, das sie für eure Tochter halten und das nur fünf Zehen hat. Davon gibt es schließlich genug.»

      «Du meinst, wir sollen irgendein bardisches Mädchen als Tazihlos Tochter ausgeben?», fragte der Sidi. «Gut, ja, das ist gut. Wir haben den Vormittag Zeit, eine bardische Familie zu suchen, die bereit wäre, euch zu helfen. Aber was ist, wenn sie fragen und forschen, wo Dshirah diese Nacht gewesen ist? Es ist doch verdächtig, dass sie nicht nach Hause gekommen ist.»

      «Sie werden nicht forschen», sagte die Siada. «Wir erzählen ihnen, Dshirah sei bei der Flucht vor den Jungen über die Dächer geklettert und gestürzt. Ein Spiel mit einem bösen Ende, mehr nicht. Morgen früh, Tazihlo, wird ein Bote aus dem Krankenhaus СКАЧАТЬ