Die Siebte Sage. Christa Ludwig
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Название: Die Siebte Sage

Автор: Christa Ludwig

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783772542701

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      Januão beeilte sich. Es hatte keinen Sinn mehr, die Zeit zu verzögern. Dshirah war in Sicherheit. Als er in den Patio trat, zündete seine Mutter gerade die Öllampen an.

      «Wann hast du deine Schwester zuletzt gesehen?», fragte der Polizeioffizier.

      «Heute Morgen. Das habe ich doch schon alles erzählt.»

      «Erzähl es noch einmal.»

      «Wir sind zusammen mit der Herde bis zum Stadtrand geritten. Das machen wir meist so. Von da muss sie laufen. Ich bringe die Pferde auf die Weideplätze.»

      «Warum bist du nicht zur Schule gegangen?»

      «Ich bin ein guter Schüler. Ich gehe nicht jeden Tag zur Schule.»

      «Was für Schuhe hatte deine Schwester an?»

      Januão zögerte. Jetzt musste er aufpassen.

      «Ihre leichten Lederschuhe, glaube ich. Ja, natürlich. Ihre Sandalen sind doch hier. Sie hat nur das eine Paar Sandalen.»

      Er merkte, wie seine Mutter ihn von der Seite sehr aufmerksam beobachtete, aber er schaute sie nicht an.

      «Warum trägt sie in der Stadt nie Sandalen», fragte der Offizier.

      «Natürlich trägt sie in der Stadt Sandalen, aber …», sagte die Mutter sehr schnell.

      Der Polizist unterbrach sie: «Ich habe den Jungen gefragt. Nun!»

      «Natürlich trägt sie in der Stadt Sandalen», Januão sprach ruhig, er war jetzt nicht aufgeregt. Dshirah war in Sicherheit, und was er hier zu antworten hatte, wusste er, sie hatten das geübt, die Mutter hatte ihm das Stichwort gegeben.

      «Wenn wir bis zur Stadt reiten und auch wieder zurück, zieht sie gern Sandalen an. Aber von der Schule zurück muss sie laufen, und dann will sie immer geschlossene Schuhe haben. Sonst kommen ihr Steine rein. Dshirah stellt sich ein bisschen an. Sie mag auch nur ganz feine Wolle auf der Haut.»

      «Der kleine bardische Junge hat gesagt, dass sie nie Sandalen trägt.»

      «Die kleine bardische Kröte hat gelogen», mischte sich einer der anderen Polizisten ein. «Der wollte sich nur wichtig machen. Und der Fußabdruck im Sand war doch ziemlich verwischt. Können wir nicht endlich gehen? Es gibt keinen Tee und keinen Kuchen mehr.»

      Der Offizier nickte. «Morgen, wenn die Schulen schließen, sind wir wieder hier. Da wird das Kind ja wohl nach Hause kommen. Und wenn es nicht kommt – ja dann, dann stimmt es doch. Dann werden wir es suchen. Ein Kind mit sechs Zehen ist im gesamten Kalifenreich nicht zu verstecken.»

      Endlich brachen sie auf und erlösten ihre Pferde.

      Es blieben zurück: Januão, sein Vater Tazihlo, seine Mutter Chomina.

      «Du weißt, wo sie ist?», fragte die.

      Januão nickte. Und er erzählte von Silbãos Schwester und dessen heimlichen Besuchen in En-Wlowa.

      «Dshirah in En-Wlowa», flüsterte Chomina. «Wie schlimm ist es dort?»

      «Sie wird es überleben», sagte Januão.

      «Was machen wir, wenn sie morgen wiederkommen?», überlegte Tazihlo. «Die Polizisten kommen nicht wieder, die nicht. Morgen weiß es der Minister, und der schickt Soldaten. Was können wir tun?»

      «Fliehen?», fragte Januão. «Sofort. Nach Afrika. Wir haben alles vorbereitet. Und nach einem Monat, wenn sie die Suche nach Dshirah aufgegeben haben, komme ich zurück und hole sie.»

      Aber sein Vater schüttelte den Kopf.

      «Wir können jetzt nicht mehr heimlich fliehen. Sie merken ja gleich morgen, dass wir fort sind. Und wir sind nicht mehr irgendwelche Hirten. Sie suchen das Kind mit den sechs Zehen. Und seine Eltern. Und seinen Bruder. Sie haben Brieftauben. Mit denen schicken sie die Nachricht voraus. Wir kommen nicht mehr bis zum Meer und schon gar nicht auf ein Schiff.»

      «Und wie willst du zurückkehren?», fragte die Mutter. «Und dann die Pferde an En-Wlowa vorbeipfeifen? Und Silbão brauchst du auch.»

      Sie schwiegen so lange, bis die Stille Januão wehtat. Dann fragte Chomina: «Diese Sandalen. Wo hast du die Sandalen? Gib sie mir!»

      Januão holte die Sandalen wieder aus der Kiste. Chomina hielt sie unter eine der Öllampen, drehte sie in den Händen, sagte:

      «Und wie ist Dshirah hierher gekommen? Am Steg war ein Wächter.»

      «Sie ist geritten», erklärte Januão. «sie hat ein frei laufendes Pferd eingefangen und ist durch die Furt geritten.»

      «Am Stadtrand laufen keine Pferde herum», zweifelte sein Vater.

      «Doch. Wahrscheinlich ist einer der Pferdejungen von Antvaris runtergefallen. Es ist ein Vollblut.»

      «Bring es in den Patio», verlangte Tazihlo.

      Auch für Januão war es nicht leicht, das fremde Pferd bei dem schwachen Mondlicht in der Herde zu finden. Der Mond war nicht mehr als ein dünner Haken am Himmel, und wenn man die Augen voller Tränen hatte, konnte man nicht viel sehen. Januão wusste nicht mehr weiter. Der Vater hatte recht, sie konnten nicht mehr fliehen. Sie waren verloren. Seine Füße waren schwer. Er stolperte über jeden Stein, und das Einzige, was ihn noch auf den Beinen hielt, war der Auftrag des Vaters. Noch hatte er etwas zu tun. Wenn das auch keinen Sinn mehr hatte, keinen Sinn … Er wischte sich die Tränen aus den Augen und erkannte den Hengst. Der schimmerte heller, auch in dem schwachen Licht. Er ging zu ihm. Wahrscheinlich hielt der Hengst die fremde Stute neben sich. Januão erkannte das Vollblut, es hatte einen helleren Kopf. Er legte der Stute ein Halfter an und führte sie in den Patio, ins Licht. Seine Eltern schauten das Pferd an, tauschten einen Blick.

      «Sie ist es», sagte Chomina.

      «Wer?», Januão verstand nichts mehr.

      «Dshallalalama», erklärte Tazihlo. «Die hat Dshirah nicht herumstreunend gefunden. Niemand außer Zaiira reitet dieses Pferd, und wenn sie wirklich einmal runterfällt, dann bleibt die Stute neben ihr stehen.»

      «Glaubst du, Dshirah hat sie gestohlen?», fragte Januão. «Sie hat sie ja dann nur ausgeliehen. Sie war in Not …»

      «Niemals», sagte der Vater, «würde sie sich mit nur einem Schuh am Fuß in das Haus eines araminischen Fürsten wagen, wenn nicht …»

      Er zögerte.

      «Es sind Zaiiras Sandalen», sagte Chomina. «Ich kenne sie. Dieses helle Leder – und es ist hier auf eine Weise geflochten, wie man es selten sieht. Wenn die Polizisten nicht so dumm wären, hätten sie gemerkt, dass dies nicht die Schuhe eines Hirtenkindes sind. Zaiira hat ihr die Schuhe gegeben.»

      «Und das Pferd», nickte Tazihlo. «Zaiira und Dshirah sind Freundinnen. Sie treffen sich heimlich. Wir haben es gemerkt und geduldet. Aber wir wissen nicht, wie Zaiiras Eltern dazu stehen.»

      «Doch, wir wissen es», widersprach Chomina. «Zaiira kann sich nicht heimlich aus ihrem Haus entfernen wie irgendein Hirtenkind. Ich bin sicher, ihre СКАЧАТЬ