Sherlock Holmes' Buch der Fälle. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Sherlock Holmes' Buch der Fälle - Arthur Conan Doyle страница 13

Название: Sherlock Holmes' Buch der Fälle

Автор: Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783955012410

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      Bei diesen Worten habe ich die Fassung verloren, Mr. Holmes, und ich sprach wohl ziemlich hitzig.

      ›Ich habe Ihren Sohn gesehen, und ich bin überzeugt, daß Sie ihn aus irgendwelchen nur Ihnen bekannten Gründen vor der Welt verstecken. Ich habe keine Ahnung, warum Sie ihn derartig von der Außenwelt abschneiden, aber ich bin sicher, daß er kein freier Mensch mehr ist. Ich mache Sie darauf aufmerksam, Colonel Emsworth, daß ich von dem Versuch, dem Geheimnis auf den Grund zu kommen, erst ablassen werde, wenn ich von Sicherheit und Wohlergehen meines Freundes überzeugt bin, und ich werde mich von dem, was Sie äußern oder tun könnten, keineswegs einschüchtern lassen.‹

      Der alte Knabe machte ein Gesicht wie ein Teufel, und ich dachte wirklich, er sei drauf und dran, mich anzugreifen. Ich habe ja schon erwähnt, daß er ein hagerer, grimmiger alter Riese ist, und obwohl ich kein Schwächling bin, hätte ich bestimmt Mühe gehabt, mich gegen ihn zu behaupten. Wie auch immer, nach einem langen wütenden Blick machte er auf dem Absatz kehrt und ging aus dem Zimmer. Was mich betrifft, so nahm ich den erwähnten Morgenzug, fest entschlossen, Sie nach einer schriftlichen Anmeldung sofort aufzusuchen und um Rat und Hilfe zu bitten.«

      Dies also war das Problem, das mir mein Besucher vorlegte. Seine Lösung bot, wie der gewitzte Leser längst gemerkt haben wird, nur geringe Schwierigkeiten, denn die Zahl der Möglichkeiten, die ausgeschlossen werden mußten, um zum Kern der Sache vorzustoßen, war sehr begrenzt. Bei aller Einfachheit mögen einige interessante und ungewöhnliche Einzelheiten des Problems seine Protokollierung dennoch rechtfertigen. Ich begann nun, die Lösungsmöglichkeiten einzugrenzen, indem ich mich gewohnheitsgemäß der logischen Analyse bediente.

      »Die Bediensteten«, fragte ich, »wie viele gab es im Haus?«

      »Soviel ich weiß, sind da nur der alte Butler und seine Frau. Man lebt anscheinend sehr einfach.«

      »Dann gab es also keinen Diener in dem Gartenhaus?«

      »Nein, es sei denn, der kleine Mann mit dem Bart hätte diese Funktion. Aber der sah eher wie eine höhergestellte Person aus.«

      »Das gibt doch sehr zu denken. Bestanden irgendwelche Hinweise dafür, daß Nahrungsmittel vom einen Haus zum anderen befördert wurden?«

      »Jetzt, wo Sie es erwähnen – ich habe in der Tat gesehen, wie der alte Ralph den Gartenweg in Richtung dieses Häuschens hinuntergegangen ist und dabei einen Korb getragen hat. Der Gedanke an Nahrungsmittel ist mir dabei allerdings nicht gekommen.«

      »Haben Sie in der Ortschaft irgendwelche Erkundigungen eingezogen?«

      »Ja. Ich habe mit dem Stationsvorsteher gesprochen und außerdem mit dem Wirt des Dorfgasthauses. Ich habe sie einfach gefragt, ob sie etwas über meinen alten Kameraden Godfrey Emsworth wüßten. Beide versicherten mir, daß er sich auf einer Weltreise befinde. Fast unmittelbar nach seiner Heimkehr sei er wieder aufgebrochen. Diese Geschichte wird offenbar allgemein akzeptiert.«

      »Sie haben nichts von Ihrem Verdacht erwähnt?«

      »Nein.«

      »Das war sehr vernünftig. Die Sache sollte zweifellos untersucht werden. Ich fahre mit Ihnen zurück nach Tuxbury Old Park.«

      »Heute?«

      Zufällig war ich just zur gleichen Zeit mit der Aufklärung jenes Falles beschäftigt, den mein Freund Watson als ›Die Abtei-Schule‹ geschildert hat28 und in den der Herzog von Greyminster so tief verwickelt war. Außerdem hatte ich vom türkischen Sultan einen Auftrag, der nach sofortiger Erledigung verlangte, da seine Vernachlässigung politische Konsequenzen von schwerwiegendster Art zeitigen konnte. Daher war ich, wie mein Tagebuch vermerkt, erst zu Beginn der nächsten Woche in der Lage, mich in Begleitung von Mr. James M. Dodd auf den Weg nach Bedfordshire zu machen, um meinen Auftrag in Angriff zu nehmen. Als wir zur Euston Station fuhren, gesellte sich ein ernster und schweigsamer eisengrauer Gentleman zu uns, mit dem ich die nötigen Vereinbarungen getroffen hatte.

      »Das ist ein alter Freund«, sagte ich zu Dodd. »Möglicherweise ist seine Anwesenheit vollkommen überflüssig; andererseits kann sie aber auch von wesentlicher Bedeutung sein. Im Moment brauchen wir darauf nicht weiter einzugehen.«

      Die Erzählungen Watsons haben den Leser zweifellos schon an die Tatsache gewöhnt, daß ich weder Worte verschwende noch meine Gedanken enthülle, solange ein Fall noch überdacht wird. Dodd schien überrascht, doch es wurde nichts mehr gesagt, und wir setzten zu dritt unsere Fahrt fort. Im Zug stellte ich Dodd dann noch eine Frage; mir lag daran, daß unser Reisebegleiter sie ebenfalls hörte.

      »Sie sagen, daß Sie das Gesicht Ihres Freundes ganz deutlich am Fenster gesehen haben – so deutlich, daß Sie von seiner Identität völlig überzeugt sind?«

      »Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran. Er hat die Nase gegen die Scheibe gepreßt. Das Lampenlicht fiel voll auf ihn.«

      »Es hätte niemand sein können, der ihm ähnlich sah?«

      »Nein, nein; das war er selbst.«

      »Aber Sie sagen doch, er sei verändert gewesen?«

      »Nur die Hautfarbe. Sein Gesicht war – wie soll ich es beschreiben? – es war weiß wie ein Fischbauch. Es war wie gebleicht.«

      »War es überall gleichmäßig blaß?«

      »Ich glaube nicht. So deutlich habe ich ja nur seine Stirn gesehen, weil sie gegen die Scheibe gepreßt war.«

      »Haben Sie ihn gerufen?«

      »Ich war in dem Moment zu erschrocken und entsetzt. Dann bin ich ihm nachgerannt – wie ich Ihnen ja schon berichtet habe –, aber ohne Erfolg.«

      Mein Fall war praktisch abgeschlossen; es bedurfte nur noch eines kleinen Details, um ihn abzurunden. Als wir nach ziemlich langer Fahrt bei dem seltsamen alten weitläufigen Haus, das mein Klient geschildert hatte, ankamen, öffnete uns Ralph, der ältliche Butler. Ich hatte den Wagen für den ganzen Tag gemietet und meinen älteren Freund gebeten, in ihm zu warten – es sei dehn, wir würden nach ihm rufen. Ralph, ein kleiner runzliger alter Knabe, trug die konventionelle Dienstkleidung: schwarzer Rock und grau gesprenkelte Hose – mit einer kuriosen Variante allerdings. Er hatte braune Lederhandschuhe an, die er bei unserem Anblick jedoch sofort abstreifte; als wir eintraten, legte er sie auf den Tisch in der Halle. Ich verfuge, wie mein Freund Watson wohl schon angemerkt hat, über ungewöhnlich scharfe Sinne; ein schwacher, aber beißender Geruch ließ sich wahrnehmen. Er schien von dem Tisch in der Halle auszugehen. Ich wandte mich um, legte meinen Hut dort ab, wischte ihn herunter und bückte mich, um ihn aufzuheben; dabei gelang es mir, meine Nase bis auf dreißig Zentimeter an die Handschuhe heranzubringen. Ja, unzweifelhaft waren sie die Quelle des seltsamen teerartigen Geruchs. Als ich ins Arbeitszimmer weiterging, hatte ich den Fall bereits gelöst. Ach, daß ich mir so in die Karten schauen lassen muß – nun, da ich meine Geschichte selbst erzähle! Denn nur indem Watson solche Glieder in der Kette zu verheimlichen pflegte, konnte er seine effekthascherischen Finale inszenieren.

      Colonel Emsworth war nicht in seinem Zimmer; auf Ralphs Anmeldung hin kam er jedoch ziemlich rasch herbei. Wir vernahmen seine schnellen, schweren Schritte im Flur. Die Tür flog auf, und mit gesträubtem Bart und verzerrter Miene stürmte er herein – der schrecklichste alte Mann, den ich jemals gesehen habe. Er hielt unsere Visitenkarten in der Hand; dann zerriß er sie und trampelte auf den Fetzen herum.

      »Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie elender Schnüffler, daß Sie Hausverbot haben? СКАЧАТЬ