Название: Friede kehrt ein
Автор: Karin Ackermann-Stoletzky
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783955684051
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Frau Schneider berichtete, jemand habe in der Weihnachtsecke des Ladens den Plastikdeckel einer Schachtel mit Krippenfiguren eingeritzt, aufgeklappt und zielsicher die Figur des Jesuskindes rausgefingert.
„Ist das nicht frech? Da können wir gleich die ganze Schachtel wegwerfen, die Krippenfiguren ohne das Jesuskind kauft keiner. Schade!“ Ihre Mitarbeiterin war ärgerlich und traurig zugleich gewesen.
Und was hatte sie dazu gesagt? „Ja, da geb ich Ihnen Recht, die Figur sehen wir bestimmt nie wieder. Aber wissen Sie was? Schauen Sie mal her. Eigentlich fällt das doch kaum auf, finden Sie nicht? Die Vertiefung hier in der Krippe, ob die nun leer ist oder nicht ... Maria und Josef sind ja da und der Ochse und der Esel und hier die Hirten mit ihren Schafen und die drei Weisen mit ihren Geschenken. Lassen Sie das mal stehen, vielleicht kauft das doch noch jemand. Ist ja auch ganz billig. Ich glaube, das merkt gar keiner, dass da eigentlich was fehlt.“
„Wenn Sie meinen ...“ Mehr hatte ihre Mitarbeiterin nicht gesagt. Aber sie hatte genau gewusst, was Frau Schneider dachte und am liebsten auch geäußert hätte: Weihnachten ohne die Botschaft von Jesus, für mich wäre das undenkbar! Jesus ist doch unser Retter und das feiern wir an Weihnachten – oder so was Ähnliches. Aber ihr musste sie damit nicht kommen und das wusste die Schneider genau. Sie hielt nichts von dem frommen Getue um einen Heiland, der als Kind auf die Welt kommt und sich für die Menschheit opfert. Weihnachten, das ist das Fest der Liebe und der Familie, so sah sie die Sache. Natürlich gehörte an Heiligabend für manche Leute die Kirche dazu und das Lesen der Weihnachtsgeschichte und „O du fröhliche“ und „Stille Nacht“. Aber dann war es für die meisten auch abgehakt bis zum nächsten Jahr. Mit ihrem Alltag hatte das Ganze nichts zu tun. Ihr Mann nannte es „Folklore“ und „romantisches Tralala“. Schön anzusehen und angenehm im Gefühl, aber mehr nicht. Hauptsache, das Essen schmeckt, der Weihnachtsbaum steht gerade und die Kinder meckern nicht über ihre Geschenke. Deshalb war es ihr auch egal, ob in der Krippe nun eine Figur lag oder nicht.
Sie hatte den Klebefilm-Abroller geholt und ruckzuck die Einschnitte in der Schachtel geflickt. Die Beschädigung war kaum noch zu sehen. Und dass da was fehlte, auch nicht.
Und nun brachte doch tatsächlich einer die Figur zurück! Damit hätte sie nie gerechnet. Noch dazu ein Junge, der ganz ordentlich und manierlich aussah.
Sie war etwas aus der Fassung geraten und setzte sich auf den Stuhl hinter den Kassentisch.
„Was soll das hier kosten?“ Die Kundin, die sie eigentlich hatte im Auge behalten wollen, legte eine schwarz angelaufene Zuckerzange vor sie hin.
„Fünf Euro, einverstanden? Die ist alt. Kann man nicht mehr nachkaufen.“
„Gut, fünf Euro, die kriegen Sie. Gerne sogar! Genau so eine Zange hat mir noch gefehlt. Eigentlich hat man ja so was gar nicht mehr, aber ich bin noch vom alten Schlag, wissen Sie. Eine Zuckerzange muss sein, damit auf dem Kaffeetisch alles perfekt ist. Danke! Vielen Dank!“ Die Kundin zählte fünf Euromünzen auf den Geldteller und steckte das Objekt ihres Glücks freudestrahlend ein. „Ich seh mich noch ein bisschen um, ja? Vielleicht finde ich ja noch so einen Schatz, wer weiß!“
Wieder schepperte die Tür, als jemand den Laden betrat. Sie erkannte sofort den Mann vom Gehsteig. Er hatte den Jungen im Schlepptau. Wie hieß er doch gleich? Johannes? Jetzt bin ich aber gespannt, dachte sie und griff nach der Figur, die sie neben der Kasse abgelegt hatte. Mit fragendem Blick hielt sie sie den beiden wortlos entgegen.
Der Junge schaute zu dem Mann auf. Der nickte ihm aufmunternd zu: „Nun mal los!“
Mit hochrotem Kopf trat der Junge einen kleinen Schritt vor und sagte leise: „Bitte entschuldigen Sie. Ich mach so was nie wieder. Es tut mir echt leid.“
„Warst du das? Hast du das Jesuskind aus der Packung geholt?“
„Ja, weil ... das fehlte bei uns. Wir haben zu Hause die gleichen Figuren und irgendwann war das Jesuskind weg und Mama hat überall gesucht, und als ich die Figur hier in Ihrem Laden gesehen habe, dachte ich, ich brauch ja nur das Kind. Und weil ich auch kein Geld hatte ... Aber ich weiß, dass man das nicht darf, klauen. Tut mir wirklich leid, bitte entschuldigen Sie!“
Der Mann hatte ihn die ganze Zeit von der Seite angesehen und sagte nun leise: „Ist gut, Johannes. Jetzt ist es gut.“
Der Junge sah sie fragend an. „Es ist doch gut, oder?“
„Ja, es ist gut. Ich nehme deine Entschuldigung an. Du hast wirklich Mut, Johannes. Das hast du gut gemacht – das Entschuldigen, nicht das Stehlen.“
Sie wandte sich an den Mann. „Und Sie auch. Sie haben das auch gut gemacht, den Jungen zu begleiten, meine ich.“
Und zu Johannes sagte sie noch: „Wollen wir das Jesuskind wieder an seinen Platz legen? Kommst du mit?“
Der Junge nickte mit gesenktem Kopf und sie gingen zu dritt in die Ecke mit dem Weihnachtsschmuck.
Johannes fand die Schachtel mit dem geklebten Deckel sofort, hob ihn vorsichtig hoch und legte die Figur fast andächtig in die Futterkrippe. „Da gehört er hin“, hörte sie ihn leise sagen. „Weihnachten ohne Jesus, das geht ja gar nicht.“
Weihnachten ohne Jesus, das geht ja gar nicht. Mit diesem Satz im Kopf fuhr sie nach Hause. Weihnachten ohne Jesus, das geht ja gar nicht. Mit diesem Satz im Kopf ging sie ins Bett, dieser Satz verfolgte sie, als sie nachts ein paar Mal aufwachte. Dieser Satz war auch am Morgen ihr erster Gedanke: Weihnachten ohne Jesus, das geht ja gar nicht.
Später im Laden lief sie als Erstes in die Weihnachtsecke, nahm die Schachtel mit den Krippenfiguren in ihre Hände und strich sacht über das Jesuskind. Dann gab sie sich einen Ruck und wandte sich an ihre Mitarbeiterin: „Frau Schneider, darf ich Sie in der Mittagspause zu einem Kaffee einladen? Ich möchte Sie mal was fragen ...“
Heilige Nacht im August
von Monika Büchel
Die Nachricht hatte uns aufgeschreckt, dass Opa das nächste Weihnachtsfest wohl nicht mehr erleben würde, das Fest, dem er noch immer mit kindlicher Freude, glänzenden Augen und großer Ungeduld entgegenfieberte.
Wenn sie sich am ersten Weihnachtstag als Familie trafen, hatte er es sich nie nehmen lassen, die Weihnachtsgeschichte aus seiner großen, abgegriffenen Bibel vorzulesen. Wir Erwachsenen kannten das und warteten gespannt auf einen bestimmten Satz. Wenn er an diese Stelle kam, atmete Opa noch einmal tief durch und las mit seiner festen, wohlklingenden Stimme: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Danach schwieg er eine Weile, bevor er fortfuhr. Sogar als die Enkelkinder noch jünger waren, lauschten sie Opa still. Irgendwie spürten sie, wie besonders der Augenblick und wie wichtig Opa dieser eine Satz war.
Ja, der Satz bedeutete ihm alles, denn das „Heute“ war für ihn nicht nur jene eine Nacht, damals vor 2000 Jahren in Bethlehem. Nicht nur in jener Nacht hatte Gott es hell werden lassen. Nicht nur in jener Nacht hatte Gott den Beweis geliefert, uns ganz nah zu sein. Nicht nur in jener Nacht hatte Gott seine tiefe Liebe zu uns in Jesus gezeigt. Dieses „Heute“ galt für Opa jeden neuen Tag, das ganze Leben lang. Auch an dem Tag, an dem er die Diagnose der unheilbaren Krankheit erhielt. Selbst da drang ein Lichtstrahl in die bevorstehende dunkle Zeit, weil Jesus, der Heiland, lebt und bei ihm sein würde, was auch immer geschieht. Das war Opas unerschütterlicher Glaube, weil er es tausendfach erlebt hatte.
Als wir uns einigermaßen von dem Schock erholt hatten, hielten wir Erwachsenen СКАЧАТЬ