Vom Wind geküsst. Lin Rina
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Название: Vom Wind geküsst

Автор: Lin Rina

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783959913683

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СКАЧАТЬ es sich dabei wohl um einen Scherz handeln sollte, klang Marc doch ein klein wenig zu panisch.

      »Vom Kitzeln stirbt man nicht«, behauptete seine Schwester und zwickte ihn wieder.

      Ich gab nach. Das sah viel zu lustig aus, um nicht dabei zu sein, und hier war ich sowieso nicht hilfreich. Also legte ich das Kleid beiseite, an dem ich gerade den Saum hochnähte, und erhob mich.

      Mei brach in Jubel aus und erwürgte dabei beinahe ihren Bruder, der sich von ihr zu befreien versuchte.

      »Was brauchen wir denn?«, fragte ich und musste ebenfalls lachen, weil die beiden zu komisch aussahen.

      Der Wind hatte beschlossen mit ihnen zu spielen und brachte Meis Haare zum Tanzen, in denen sich die blauen eingeflochtenen Bänder ihres Feuerclans langsam auflösten, weil sie sich weigerte, sie zu erneuern.

      »Wir geben Briefe ab«, sagte Justus, der hinter mir auftauchte, und ein warmer Schauder lief mir über den Rücken.

      Mein Herz machte einen kleinen Sprung, und ich war doppelt froh, mich entschlossen zu haben mitzukommen.

      Ich ging wirklich selten mit in die Stadt oder auch nur in die Dörfer, an denen wir vorbeikamen.

      Zum einen war es mir unangenehm, zu viele fremde Menschen um mich zu haben, da der Wind einfach zu viel über sie wusste.

      Bei der Familie, die mich umgab, hatte ich ihn davon überzeugt, mir die Dinge nicht mitzuteilen. Keine Ahnung, wie ich das geschafft hatte, denn er plauderte zu gern auch über die Menschen, die mir nahestanden. Aber deren Geheimnisse wollte ich nun wirklich nicht wissen.

      Zum anderen war es gefährlich. So viele Menschen auf einem Fleck machten mir Angst, auch wenn ich das ungern zugab. Ich war ein Mädchen vom Windvolk. Die Menschen hatten uns gehasst, weil sie auf unsere Kräfte neidisch gewesen waren, genauso wie sie sie gefürchtet hatten. Dabei waren wir keine Bedrohung. Ich konnte nicht verstehen, wieso man eine Gefahr in jemandem wie mir sah.

      Erpicht war ich also nicht darauf, dass jemand erfuhr, wer ich war.

      Das Feuervolk hielt es da anders. Es hatte sich von Anbeginn der Zeiten vor den Menschen verborgen und seine Fähigkeiten geheim gehalten.

      Wenn schon das friedfertige Windvolk so gefürchtet wurde, wie würde man erst auf ein Volk reagieren, das das Feuer leiten konnte.

      Es hatte eine eigene Stadt inmitten des Egralin-Gebirges, die über dicke Mauern verfügte und in die niemand hineinkam, der nicht zu ihm gehörte.

      Ich war bisher die einzige Ausnahme seit Errichtung der Stadt. Man gewährte mir Asyl, aus dem einfachen und traurigen Grund, dass es das Windvolk nicht mehr gab und ich die Einzige war, die den Genozid vor zwölf Jahren überlebt hatte. Ich allein. Ich war die Letzte meines Volkes.

      Doch würde es mir wirklich helfen, mich immer zu verstecken und mich meinen Ängsten nicht zu stellen?

      »Bringt mir ein kleines Fass Butter mit!«, rief Tanja uns hinterher.

      »Ja, Mama«, antworteten Justus, Marc und Mei beinahe gleichzeitig.

      »Und fragt nach Koriander.« Sie kam auf uns zu und drückte mir einen kleinen gelben Seidenbeutel mit Münzen in die Hand. »Und Cate. Achte ja darauf, dass sich die drei gut benehmen. Man kann nie wissen, was sie anstellen, wenn du nicht ein Auge auf sie hast.« Um ihre warmen dunkelbraunen Augen bildeten sich Lachfältchen, als sie mir zuzwinkerte.

      Justus’ Iris hatten genau die gleiche Farbe.

      »Als ob wir so schlimm wären«, beschwerte sich Marc mürrisch und verpasste Mei einen letzten rächenden Knuff in die Seite.

      »Gerade du solltest lieber den Mund halten. Wegen dir haben wir immer den meisten Ärger«, erwiderte Tanja mit ernster Miene und stieß ihm mit dem Zeigefinger gegen die breite Brust. »Wehe, du lachst dir wieder ein Mädchen an, das so dumm ist und sich von deinem Charme einwickeln lässt.«

      »Mama«, empörte er sich und zog eine Fleppe. »Du tust grad so, als wäre ich ein Lüstling.«

      Energisch stemmte Tanja die Hände in die Hüften und hob herausfordernd die Augenbrauen. »Was du nicht sagst.«

      »Müssen wir nicht los?«, warf ich ein, bevor die Scherze zwischen den beiden zu ernst wurden und sie sich wieder heftig in die Haare kriegen konnten.

      »Dann los«, bestätigte Justus, der sich bei den Streitereien zwischen Marc und seiner Mutter meistens raushielt, sich dafür aber immer darüber amüsierte. Auch Mei grinste etwas zu gemein und Marc zog ihr dafür an einem ihrer unzähligen langen Zöpfen. Sie streckte ihm die Zunge raus.

      Der Weg zu Stadtmauer war nicht weit. Wir gingen durch eine kleine Tannenschonung zu einer gepflasterten Straße, die an einem kleinen Brunnen vorbei und dann direkt in den Ort führte.

      Es war uns wichtig, nicht in Sichtweite der Siedlungen haltzumachen. Man konnte nie wissen, was bei uns spontan in Flammen aufging und dann hatte man lieber keine unerwünschten Zuschauer.

      Nur ein paar wenige Menschen waren bereits auf dem Weg zu uns, um die Stände anzuschauen, die die anderen aufgebaut hatten.

      Wir näherten uns der Mauer, begegneten mehr Leuten und der Lärm der Stadt war bereits zu hören.

      Es war keine große Stadt, doch größer als die Dörfer, an denen wir in der letzten Zeit vorbeigekommen waren. Es gab bunte Tore und viele Straßen. Als wir auf den Marktplatz zukamen, wuselte es nur so von geschäftigen Menschen. Vor mehreren Ständen mit Obst und Gemüse drängten sich die Leute. Frauen tratschten am Brunnen und füllten ihre Krüge und Eimer. Kinder eilten mit ihren Schreibtafeln und Büchern zur Schule. Männer saßen vor ihren Geschäften oder gingen in der Morgensonne ihren Handwerken nach.

      Justus und Marc waren die Ruhe selbst und bahnten sich zielstrebig ihren Weg durch die Menge. Ganz dicht blieb ich bei ihnen und versuchte mich zusammenzureißen und dem Unwohlsein keinen Raum zu geben, auch wenn es sich anfühlte, als könnte ich nicht atmen.

      Überall waren Menschen. Sie gingen dicht an mir vorbei, rempelten mich an, traten mir auf die Füße.

      Ich achtete darauf, keinen lang genug anzusehen, damit der Wind mich nicht mit Wissen überschüttete.

      Doch sie alle sahen mich an! Oder bildete ich mir das nur ein? Ich konnte ihre Blicke spüren, auf meinem Rücken, meinen Händen, meinem Gesicht. Ich konnte sehen, wie sie meine helle Haut und meine im Wind tanzenden Haare betrachteten.

      Nein! Ich schüttelte den Kopf, drängte die Gefühle zurück, die nicht echt waren und bloß meiner eigenen Panik entsprangen. Man konnte mir nicht ansehen, dass ich ein Windkind war. Oder doch?

      Was, wenn sie zu genau hinsahen? Wenn sie den Windhauch, der mich immer begleitete, richtig deuteten? Wenn sie wussten, wer ich wirklich war?

      Meine Heimat war nicht weit weg von hier. Es war eine Reise von höchstens vier Tagen in Richtung Süden, zum Meer. Dort war das Stück Küstenland, das einmal dem Windvolk gehört hatte.

      Die Menschen hier in den Dörfern waren Teil der Aufstände gewesen. Hatten uns gefürchtet, uns gehasst und alle auf einmal in einem Akt sinnloser Gewalt abgeschlachtet.

      Ich bekam keine Luft mehr, als sich СКАЧАТЬ