Название: Mission
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Theologisch-praktische Quartalschrift
isbn: 9783791761763
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2.2.2 Apg 1,1–11 schließt an die heilsgeschichtliche Perspektive des Lukasevangeliums an und spannt räumlich und zeitlich den Horizont der Mission und Kirche auf. Das Vorwort Apg 1,1–3 verweist auf das erste Buch, auf alles, „was Jesus anfing zu tun und zu lehren“18. Damit wird deutlich, dass es auch im zweiten Buch – der Apostelgeschichte – darum geht, was Jesus als der Auferstandene tut und lehrt, dass er immer noch am Werk ist, und zwar durch seine Apostel. Apg 1,2–8 drückt das vielfältig aus: Jesus erwählte die Apostel durch den Geist und gab ihnen Weisung, erschien ihnen als der Lebendige und knüpfte – ein besonderer Kontinuitätsfaktor – an seiner Reich-Gottes-Botschaft an.19 Wie in Lk 24,47–49 kündigt Jesus den Aposteln die Kraft des Heiligen Geistes an, damit sie seine Zeugen sein können. Als sie nach der Wiederherstellung Israels fragen, weitet Jesus den Blick auf ihre Zeugenschaft „bis an die Grenzen der Erde“. Wie Lk 24,47 von der Verkündigung an alle Völker spricht, spannt der Missionsbefehl Apg 1,8 den Horizont bis ans Ende der Welt, es ist also „von vornherein die Heilsbezeugung für die Heiden mit im Blick“20. Dass auch der zeitliche, ja eschatologische Horizont anklingt, wird in Apg 1,9–11 deutlich. Selbst in der Erfahrung der Diskontinuität, nach Jesu Hinaufnahme in den Himmel, vermitteln zwei Deuteengel Kontinuität: Jesus wird „[…] wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“. Wie er auf Wolken in den Himmel ging, so wird er auf Wolken – als der Menschensohn (vgl. Dan 7,13–14) – am Ende der Welt wiederkommen. Wie Jesu Himmelfahrt den Beginn der Mission markiert, so seine Wiederkunft den Endpunkt. Ein zeitlicher Horizont wird aufgespannt: Die Zeit der Kirche als Zeit der kontinuierlichen Zeugenschaft für den Auferstandenen, der durch den Geist in den Seinen am Werk ist.21
2.3 Johannes: Der Auferstandene überträgt seine Sendung an die Jüngerinnen und Jünger
Auch das Johannesevangelium kennt einen Missionsbefehl (Joh 20,19–23): Am Osterabend kommt Jesus in die Mitte der Jünger, die hinter verschlossenen Türen sitzen. Er überwindet die Barrieren der Angst und Trauer, gibt sich zu erkennen und schenkt den Seinen bleibend Frieden und Freude.22 Sein Missionsauftrag „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21) gewinnt durch die Verbindung mit der johanneischen Sendungschristologie hohes theologisches Gewicht: Die Jüngerinnen und Jünger sind vom Auferstandenen gesandt, wie er vom Vater gesandt ist. In johanneischer Sprache wird Kontinuität zwischen dem Wirken Jesu und dem seiner Gesandten ausgedrückt. Jesus „überträgt seine Sendung an die Jünger und stärkt sie dafür mit dem Heiligen Geist. Dass der Geist durch Anhauchen übertragen wird, […] erinnert […] an das Einblasen des Lebensatems bei der Schöpfung. Der Geist, den Jesus gibt, ist die Kraft des ewigen göttlichen Lebens.“23 In dieser Kraft sollen die Jünger Jesus „in der Welt präsent machen und sein Heilswirken fortsetzen“24. Als Repräsentanten Jesu haben sie die Vollmacht der Sündenvergebung, d. h. der Zuwendung des Heils, das Jesus gewirkt hat.25
3 Die Entwicklung zur Heidenmission nach der Apostelgeschichte
3.1 Heidenmission als Aspekt der Diskontinutität – und doch legitim
Wie sich zeigte, ist das Anliegen der Missionsbefehle, Kontinuität zwischen Jesu Wirken und dem seiner Gesandten aufzuweisen. Umso mehr fällt ein Aspekt der Diskontinuität auf: Wenn Jesus sich, von Ausnahmen abgesehen (v. a. Mk 5,1–20; 7,24–30 parr.; 7,31–37), mit seiner Mission nur an Israel wandte, wie kommt es, dass der Auferstandene die Seinen beauftragt, zu allen Völkern zu gehen? Die Erklärung dafür ist, dass die Missionsbefehle durchsichtig für nachösterliche Erfahrungen sind, die der Abfassung der Evangelien 80–90 n. Chr. vorangingen: Sie setzen „die bereits Faktum gewordene ‚heiden‘-missionarische Öffnung der neutestamentlichen Gemeinde […] voraus. Theologisch wird das nachösterliche heilshafte Wirken der Gemeinde von der Vollmacht des Auferstandenen und der Bemächtigung durch den Geist abgeleitet.“26
Es lohnt sich nachzuzeichnen, wie die Apostelgeschichte aus der Perspektive der dritten christlichen Generation „für die theologische Legitimität des Heidenchristentums“ und der Heidenmission plädiert, indem sie „auf den Weg zurückblickt, den Gott die Kirche geführt hat“27. Vom Gedanken der Kontinuität der Heilsgeschichte ausgehend, entfaltet Lukas eine reflektierte narrative Theologie der Mission.
3.2 Pfingsten: Die Sendung des Geistes als Voraussetzung der Mission
Der Geist als „Ersatz für die leibliche Gegenwart des Geistträgers Jesus“ ist im Konzept der Apostelgeschichte die bestimmende Wirklichkeit der Kirche. Er ermöglicht prophetische Rede, d. h. Zeugnis von Jesus, und bestimmt den Weg der Kirche an kritischen Wendepunkten.28 Die Geistsendung zu Pfingsten (Apg 2) erfüllt alttestamentliche Verheißungen (Joel 3,1–5; Jes 32,14 f.; Ez 36,26): Das für Israel angekündigte erneuerte Gottesverhältnis mit seiner unmittelbaren Nähe zu Gott ist verwirklicht. Es kann nicht auf die kleine Gruppe der Jesusjünger beschränkt bleiben: „Es greift aus nach dem gesamten Gottesvolk und, darüber hinaus, auf die jetzt noch außerhalb Israels stehenden Heiden. Die Apostelgeschichte beschreibt deshalb den mit Pfingsten einsetzenden Prozeß der sichtbaren Sammlung des Gottesvolkes als ein Geschehen, das in zwei Phasen […] abläuft: der Sammlung Israels folgt die Sammlung der Heiden.“29
3.3 Die Sammlung Israels mit dem Umkehrruf zum Messias Jesus
Die Sammlung Israels schildert Lukas in Apg 2–6. Sie nimmt mit in Jerusalem wohnenden Diasporajuden (Apg 2,5) ihren Anfang, deren Herkunft die Völkerliste nennt (2,9–11).30 Sie erscheinen als Vertreter des über viele Weltgegenden verbreiteten Judentums, vorausschauend auch als Repräsentanten der Weltvölker. Die Predigten des Petrus zu Pfingsten (2,14–36), am Tempelplatz (3,12–26) und vor dem Hohen Rat (4,9–12; 5,29–32) sind Umkehrpredigten an die Angehörigen seines Volkes mit einem dreiteiligen Schema:31 Der Unheilstat der Tötung Jesu wird die Heilstat seiner Auferweckung durch Gott gegenübergestellt32 und daraus folgend die Möglichkeit der Umkehr eröffnet: „Diese besteht in der Einsicht, daß Gott das Unheilshandeln des Volkes, das zur Kreuzigung Jesu führte, durch sein Eingreifen zum Heil gewendet hat, indem er Jesus von den Toten auferweckte und zum messianischen Herrscher Israels in der Nachfolge Davids einsetzte (2,23–34).“33 Lukas erzählt, dass – abgesehen von den Anführern – wesentliche Teile Israels dem Umkehrruf folgten (2,41; 4,4; 5,14; 6,1.7). So repräsentiert „die Jerusalemer Urgemeinde am Ende ihrer Gründungsphase […] die Erfüllung der Verheißung der Erneuerung Israels […]“34.
3.4 Die Sammlung der Heiden – wichtige Etappen der Heidenmission
Nachdem die Phase der Sammlung Israels in Jerusalem für Lukas zu einem gewissen Abschluss gekommen ist, schildert er ab Apg 6,1 ausführlich die Sammlung der Heiden und plädiert damit im Rückblick für die Legitimität der Heidenmission.
3.4.1 Die Hellenisten: Wegbereiter der Heidenmission
Die Hellenisten waren Rückwanderer aus der griechischsprachigen Diaspora, die sich in Jerusalem der Urgemeinde anschlossen.35 Nach dem Martyrium des Stephanus wurden sie in verschiedene Regionen zerstreut (8,1b–4) und missionierten Randsiedler des Judentums: Philippus wandte sich mit seiner Mission an die Samaritaner (8,5–13) und an einen Sympathisanten des Judentums aus Äthiopien (8,26–40). Einige Hellenisten kamen nach Antiochia, wo sie Juden, aber auch anderen Hellenisten, d. h. griechisch sprechenden heidnischen Einwohnern, das Evangelium verkündeten (11,19 f.).36 So begann in Antiochia die Heidenmission, ja die Gemeinde wurde zu ihrem Zentrum, wo auch Paulus einige Jahre wirkte (11,25 f.).37 Fragt man nach dem theologischen Grund, warum sich die Hellenisten mit ihrer Mission Heiden zuwandten, findet man in der Anklage gegen Stephanus den entscheidenden Hinweis. Es heißt dort, er habe Kritik an Tempel und Gesetz geübt (Apg 6,13 f.).38 Als Hintergrund dieser Kritik ist die Überzeugung der Hellenisten anzunehmen, СКАЧАТЬ