Nochmal Schwan gehabt. Christoph Wagner-Trenkwitz
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Название: Nochmal Schwan gehabt

Автор: Christoph Wagner-Trenkwitz

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783902998996

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СКАЧАТЬ 2013 zum Sommerkonzert, Angelika war der Vokalstar, ich der Moderator. Wir erfreuten das Publikum nach Kräften, vor der zweiten Zugabe wurde Angelika merkbar nervös: Sie müsse schnellstens nach Wien zurück, ein Auto warte bereits. Als alle Zugaben abgeliefert waren, beorderte sie mich in ihre Garderobe, damit ich ihr Kleid öffnete; der Zippverschluss verhakte sich, alles klemmte.

      Darauf kommandierte die Kirchschlager, ohne jeden Anflug von Belcanto in der Stimme: »Reiß den Dreck auf!«

      Ich gehorchte, das Abendkleid war in Fetzen, aber beseitigt.

      Apropos mangelhafte Bekleidung: In meiner Kellertheater-Zeit bescherte mir ein irrtümlich nicht geschlossenes Hosentor einmal einen unverhofften Erfolg.

      Reifere Künstler achten vor dem Auftritt darauf, dass alles vorschriftsmäßig zugezippt ist. Götz Zemann, bejahrter Grazer Publikumsliebling, kann diesen letzten Sicherheitsblick wegen übergroßer Leibesfülle nicht selbst vornehmen. Vor einer Vorstellung des Weißen Rössl an der Grazer Oper hörte ich ihn seine Garderobiere fragen: »Alles in Ordnung, Puppi? Hosentürl zu?«

      Die Dame namens Puppi sah nach und erteilte Zemann die Erlaubnis, auf die Bühne zu gehen.

      Nochmals zurück nach Laxenburg: 2015 moderierte ich dort abermals ein Sommerkonzert, und Ildikó Raimondi hat mich bis zum Schluss nicht gebeten, ihr das Kleid vom Leib zu reißen.

      Auch Dalma Viczina, die schöne Finalistin im Wettbewerb für Musikalisches Unterhaltungstheater, dem sogenannten M.U.T., blieb mir diese Aufforderung schuldig. Als ich sie nach ihrer Darbietung fragte, was denn der rare Vorname bedeute, sagte die Ungarin: »›Dalma‹ heißt ›Das heutige Lied‹. Meine Mutter muss gut aufgelegt gewesen sein, als sie mich so nannte!« Ich gab zurück: »Na Gott sei Dank war sie nicht noch besser aufgelegt und hat dich mit zweitem Namen Tina genannt!«

      In demselben, von Josef Ernst Köpplinger an seinem Münchner Gärtnerplatztheater abgehaltenen Wettbewerb wurden auch die legendären Kessler-Zwillinge in der Jury erwartet. Leider konnten Alice und Ellen Kessler nicht kommen, denn sie hatten – ob man es mir glaubt oder nicht – eine Doppelvorstellung!

      Allerlei Diebesgut

      Keinen gemeinsamen Nenner weiß ich für die folgenden Begebenheiten, außer, dass ich sie erbeutet habe und nun ruchlos weitergebe – der Tatbestand der Hehlerei ist erfüllt, aber hoffentlich zu Ihrer Freude.

      Für einen mir persönlich bekannten Oboisten der Wiener Philharmoniker wurde eines Salzburger Festspielsommers der Musiker-Albtraum schlechthin wahr: Er hatte den Termin der öffentlichen Generalprobe zu Bergs Lulu falsch notiert. Publikum und Orchester waren schon versammelt, als den Unvorbereiteten der Anruf traf, wo er denn bleibe. Trotz einer halsbrecherischen Radlfahrt schaffte es der geplagte Musiker nur mit beträchtlicher Verspätung ins Festspielhaus. Die Verschiebung des Beginns um eine Stunde wurde vom Intendanten Jürgen Flimm persönlich mit einem »technischen Gebrechen« begründet. Die Panne wurde Stadtgespräch, der Schuldige allerdings blieb ungeoutet.

      Wenige Tage nach dem Vorfall benützte die Oboistengattin ein Salzburger Taxi. Der Chauffeur gab sich kundig: »Wissen S’, warum die Lulu-Generalprob’ verschoben worden is’? Der Dirigent hat verschlafen!«

      Franz Patay, mittlerweile Rektor der Konservatorium Wien Privatuniversität (was uns nicht berechtigt, ihn als »Privatrektor« anzusprechen), ist Sohn eines Philharmonikers. Der Vater nahm den kleinen Franz mehrmals zum Dienst in die Staatsoper mit. Der Knabe sah die unterirdischen Garderoben und den versenkten Orchestergraben und meinte, »Oper« sei eine Art U-Boot. Erst als er einmal in der Mittelloge für eine Ballettaufführung Platz nehmen durfte, weitete sich sein Begriff von dieser Kunstform zum Guten.

      Jahre später schnupperte der Student Patay auch Bühnenluft als Staatsopern-Statist. Vorstellung für Vorstellung marschierte er zum Beispiel im Schlussbild von Carmen als stolzer Spanier in der hinteren Reihe ein. Als er den Kollegen aus der ersten Reihe fragte, ob man nicht einmal Platz tauschen könnte, winkte dieser kategorisch ab:

      – Das geht nicht.

      – Warum nicht?

      – Ich bin Premierenbesetzung.

      Bisweilen passiert es, dass man Anekdoten witzig, aber falsch erzählt. So geschah es mir in Schwan drüber, wo sich folgende Zeilen finden:

      Der ehemalige ORF-Archivchef und Opernfreunde-Präsident Peter Dusek empfing Luciano Pavarotti in Salzburg zu einem Künstlergespräch. Er öffnete dem Tenorissimo die Wagentüre, und während sich der beleibte Italiener mühsam aus dem Auto kämpfte, verwies der ebenfalls nicht magere Dusek auf die Außentemperaturen: »Hot, what?«

      In Wahrheit spielte sich diese Geschichte, wie mir mitgeteilt wurde, anders ab. Luciano Pavarotti hatte in Salzburg einen Liederabend bei Rekord-Außentemperaturen absolviert.

      Im Anschluss daran fragte er Peter Dusek: »How was it?«

      Und dieser replizierte: »Hot was!«

      Auch nicht schlecht.

      Aufmerksamer Korrektor in dieser Sache war mein Freund Franz-Leo Popp, dessen Lob ich im ersten Schwan gesungen habe.

      Zum runden Geburtstag des fanatischen und international bewunderten Autogrammsammlers Erich Wirl holte Leo selbst zur Laudatio aus. Wirls Hobby, von Künstlern stets drei bis vier Porträts signieren zu lassen – und das durch Jahrzehnte –, hatte ihn zum Herrscher über eines der größten privaten Fotoarchive der Welt werden lassen. Leo weckte in seiner Rede Mitleid mit den Sängerinnen und Sängern: Ein Tenor mit Doppelnamen, dessen Wirl vor der Vorstellung in der Arena di Verona habhaft wurde, hätte angeblich seine Auftrittsarie versäumt, weil er zu so vielen Unterschriften genötigt worden war.

      Und auch die junge Maria Meneghini-Callas bereute der Legende nach ihren Doppelnamen, nachdem sie von Erich Wirl in die Pflicht genommen worden war: »Hast g’hört? Die Callas hat sich scheiden lassen. Wegen dem Wirl!«

      Villazóniana

      Man kann ja selbst am wenigsten beurteilen, wem man ähnlich sieht. Mir wurde jahrelang eine Ähnlichkeit mit Rolando Villazón und mit Rowan Atkinson (dem Darsteller des Mr. Bean) unterstellt, was mich immer ehrte und freute.

      In der New Yorker Buchhandlung Barnes & Noble zeigte sich ein Verkäufer vor Jahren richtig enttäuscht, als ich ihm meine Kreditkarte mit dem nichtssagenden Namen vorlegte; er wäre überzeugt gewesen, in der Kassen-Schlange hätte sich der britische Komiker langsam auf ihn zubewegt.

      Den Vogel schoss Dieter Chmelar nach der Präsentation von Schwan drüber ab. Er titelte: »Wagner-Trenkwitz: Wo blieben seine Drillinge?« Unter Villazóns Konterfei schrieb er: »Kam nicht.« Unter jenes von Mr. Bean: »Sagte ab.« Und unter das meine: »Erschien allein.«

      Dass Rolando Villazón einer der witzigsten Zeitgenossen überhaupt (nicht nur in Operngefilden) ist, muss hier nicht bewiesen werden. So sehr man über seine Geschichten lachen kann, wenn er sie persönlich vorträgt, so blass wirken sie, wenn sie auf plattes Papier geworfen werden. Versuchen wir es trotzdem.

      In seiner Debütinszenierung von Massenets Werther beschäftigte Villazón zwei Clowns – er hat das Handwerk des philosophischen, ernsthaften Spaßmachers (oder handelt es sich um spaßhafte Ernstmacher?) ja selbst erlernt. Eine Dame und ein Herr begleiteten und kommentierten also die Leiden des jungen Dichters und hatten auch selbst eine minimale Gesangsaufgabe: »Vivat Klopstock, Klopstock vivat« war von ihnen zu intonieren.

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