Название: AEIOU
Автор: Sigrid-Maria Größing
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902998736
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Manch anderer hätte in dieser prekären Situation vielleicht klein beigegeben, nicht so Albrecht. Es war für ihn keine Frage, mitten im Winter 1292 gegen die rebellierenden Steirer vorzugehen, ein Unterfangen, von dem ihm alle abgeraten hatten, denn der tief verschneite Semmering galt beinah als unüberwindliches Hindernis. Aber er und seine Leute trotzten allen Gefahren bei tiefem Schnee und eisiger Kälte und es gelang ihm, die unbotmäßigen Steirer zu besiegen und in seine Abhängigkeit zu zwingen.
Dies wirbelte auch im Reich viel Staub auf. Der Charakter des jungen Herzogs wurde landauf, landab in den düstersten Farben geschildert und diese Kunde blieb auch den Kurfürsten, die sich nach dem Tode König Rudolfs zu einer neuen Wahl entschließen mussten, nicht verborgen. Ein starker Mann schien im Kommen und das war etwas, was eigentlich niemand wollte. Womöglich würde sich wieder das Erbkönigtum durchsetzen und damit die Position der Kurfürsten ad absurdum führen.
Es dauerte nicht lange, bis Albrecht von allen Seiten umzingelt war. Die Gegner des Habsburgers schlossen ein gefährliches Bündnis gegen ihn, dem nicht nur die deutschen Kurfürsten, die Könige von Ungarn und Böhmen, der Erzbischof von Salzburg, der Herzog von Niederbayern, der Graf von Savoyen, die Kirchenfürsten von Aquileia und Konstanz, die lombardischen Städte und die Eidgenossen, sondern auch Papst Nikolaus IV. angehörten. Die Situation für Albrecht schien beinahe aussichtslos, als der frisch gekürte ungarische König Andreas III. ein gewaltiges Heer gegen ihn aufstellte und in die angrenzenden Gebiete raubend und plündernd mit seinen Heerscharen einzog. Auch der Erzbischof von Salzburg hatte zu den Waffen gegriffen und versucht, einzelne Orte im Ennstal an sich zu reißen. Lediglich der König von Böhmen war von einem kriegerischen Vorgehen Albrecht gegenüber abzubringen gewesen, da seine Frau Guta, eine Schwester des Habsburgers, ihn dazu überredet hatte.
Albrecht konnte sich in dieser äußerst unangenehmen Lage nur auf einen einzigen wahren Freund verlassen, auf seinen Schwiegervater Meinhard II. von Tirol, der ihn, wo er nur konnte, unterstützte. Er hatte sich einen starken Verbündeten gewählt, denn Meinhard galt als Landesherr, der in der Auswahl seiner Mittel nicht gerade zimperlich war und deshalb, auch aus vielen anderen Gründen, des Öfteren mit dem Kirchenbann belegt worden war. Mit seiner Hilfe, die vor brutalen Aktionen nicht zurückschreckte, gelang es, der großen Gefahr Herr zu werden, wobei Albrecht klar erkannte, dass der Erzbischof von Salzburg nur durch Zugeständnisse zum Frieden bereit sein würde.
Obwohl er sich in den österreichischen Gebieten behauptet hatte, war es ihm nicht möglich gewesen, die Kurfürsten in ihrer Meinung ihm gegenüber umzustimmen. Sie blieben bei ihrer ablehnenden Haltung und wählten, teilweise aus rein egoistischen Gründen wie der Erzbischof von Köln im Jahr 1292 einen Mann, der sich ihnen gegenüber sehr willfährig erwiesen hatte: Adolf von Nassau, der im wahrsten Sinne des Wortes ein armer Graf war, wodurch er natürlich für die Großen im Reich in jeder nur möglichen Hinsicht erpressbar war.
Gespannt wartete man landauf, landab auf die Reaktion des Habsburgers, denn man war allgemein der Ansicht, dass Albrecht die Wahl Adolfs keineswegs anerkennen würde. Aber man schien sich zunächst getäuscht zu haben, wenn man geglaubt hatte, dass Albrecht sofort zu den Waffen greifen würde. Er überraschte alle, indem er sich entschloss, Adolf von Nassau zu huldigen und offiziell seine Länder als Lehen aus dessen Hand zu empfangen. Denn mit sicherem Instinkt hatte er erkannt, dass die Sympathie der Kurfürsten nicht allzu lange Adolf erhalten bleiben würden. Der Nassauer hatte nur zwei Möglichkeiten: Entweder er blieb Befehlsempfänger der Kurfürsten oder er machte sich daran, wie sein Vorgänger allmählich eine Hausmacht zu erwerben. Dabei boten sich für ihn die Gebiete in Thüringen und um Meißen an. Als die Reichsfürsten seine Bestrebungen erkannten, merkten sie sehr bald, dass sie den Teufel vielleicht mit dem Beelzebub ausgetrieben hatten. Genauso wie sie Adolf von Nassau gewählt hatten, ließen sie ihn fallen. Denn sie vertraten den Standpunkt, dass sie den von ihnen gewählten König ebenso absetzen konnten, wie sie ihn seinerzeit gekürt hatten. Es war das erste Mal, dass ein gewählter römischer König von den einstigen Wahlmännern abgesetzt worden war, ohne dass er mit dem Papst in Konflikt geraten und daher gebannt worden war.
Man trat erneut zur Wahl zusammen und jetzt geschah das, was sich Albrecht schon von allem Anfang an erhofft hatte: Sechs der sieben Fürsten wählten ihn als Gegenkönig, denn in ihm sah man plötzlich den starken Mann, der das Zeug zum König haben würde.
Dass Adolf von Nassau nicht von heute auf morgen die Flinte ins Korn werfen würde, war den Kurfürsten sehr bald bewusst geworden. Zunächst hatte man zwar geglaubt, dass er sich von einem König Albrecht abschrecken lassen würde, dessen Erfolge im Osten immer mehr Tagesgespräch geworden waren. Aber Adolf dachte nicht daran, klein beizugeben. Und so kam es, wie es kommen musste: Die Reiterheere der beiden Kontrahenten standen sich eines Tages bei Göllheim in Rheinhessen gegenüber. Es war für Adolf ein Kampf auf Leben und Tod, in dem Albrecht als Sieger hervorging. Obwohl Adolf von Nassau heldenhaft um seine Königsehre kämpfte, konnte er nur noch tot vom Schlachtfeld getragen werden.
Nun galt es für Albrecht, alle Kurstimmen für sich zu gewinnen, um eine sichere solide Rechtsgrundlage für sein Königtum zu haben. Daher legte er seine Königswürde vorübergehend zurück, damit noch einmal eine offizielle Wahl abgehalten werden konnte. Endlich wurde er einstimmig zum deutschen König gewählt und feierlich am 24. August 1298, so wie es die Tradition vorschrieb, in Aachen gekrönt.
Viele neue Probleme stellten sich Albrecht I. in den Weg, unter anderem war seine Position der Kirche gegenüber schon lange sehr umstritten. Es war ihm ein Dorn im Auge gewesen, dass der Papst und die Kirche in der Vergangenheit zu einem derartigen Machtfaktor geworden waren, der über Sein oder Nichtsein der deutschen Kaiser entschied. Daher hatte er schon sehr früh begonnen, die angestammten Rechte der Geistlichkeit in seinen Ländern drastisch einzuengen, was sich natürlich auch bis nach Rom herumgesprochen hatte. Und hier saß zu dieser Zeit Papst Bonifaz VIII., ein unkonzilianter Machtpolitiker auf dem Stuhle Petri, der alles daran setzte, in der Politik des Reiches die erste Geige zu spielen. In Albrecht war ihm ein starker Kontrahent erwachsen, den es im Zaum zu halten galt.
Bonifaz war ein durch und durch gefährlicher Mann, der die Mittel und die Macht dazu hatte, auch einen König Albrecht zu stürzen. Öffentlich bezeichnete der Papst den deutschen König als Rebellen und Thronräuber, als Majestätsverbrecher und Kirchenverfolger und forderte ihn binnen sechs Monaten auf, Rechenschaft über seine Taten abzulegen. Sollte Albrecht diese Frist vorübergehen lassen, so würde Bonifaz nicht zögern, ihn mit dem Kirchenbann zu belegen, was für den König bedeutete, dass keiner seiner Untertanen mehr verpflichtet war, sich an seine Anordnungen zu halten.
Was der Papst in seiner Geiferei nicht bedachte, war, dass Albrecht durchaus in der Lage war, einerseits die Situation realistisch zu erkennen, in die er sich eventuell durch eine offizielle Konfrontation mit Bonifaz begeben würde, andererseits, dass der Habsburger über so viel diplomatisches Geschick verfügte, um sich dem Papst gegenüber demütig und untertänig zu zeigen. Bonifaz hatte daher seine Rechnung ohne Albrecht gemacht. Denn der veränderte seine Taktik von heute auf morgen und ging zum Erstaunen aller auf alles ein, was von ihm von Seiten der Kirche gefordert wurde, denn sein angestrebtes Ziel war es, durch den Papst in Rom zum Kaiser gekrönt zu werden. Er schickte Bonifaz zu seiner allgemeinen Rechtfertigung eine wohl berechnete Darstellung seiner Taten seit dem Tode seines Vaters und wandte sich gegen »unwahre, teuflische Gerüchte«, die überall über ihn kursierten. Um den Papst versöhnlich zu stimmen, löste er auch das Bündnis mit seinem Schwager, dem französischen König Philipp dem Schönen, da dieser mit dem Heiligen Stuhl in einem dauernden Kriegszustand lag.
Eigentlich hätten die Kurfürsten diese politische Loslösung von Frankreich mit Freude entgegennehmen müssen, denn es war das Gerücht gestreut worden, СКАЧАТЬ