Название: Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Chefarzt Dr. Norden Box
isbn: 9783740970215
isbn:
Fee legte die Hand auf ihren Arm.
»Im Augenblick bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als abzuwarten. Nicht nur Sie haben eine schwere Zeit hinter sich«, gab sie zu bedenken. »Auch Oskar hat ziemlich viele Federn gelassen. Die Arbeit im Kiosk, Ihre schlechte Laune. Und dann noch Ihre Schwärmerei für den Professor …«
»Meine Güte. Seit wann ist er denn so empfindlich …«
»Lenni«, mahnte Dr. Norden.
Sie kannte ihn lange genug, um diesen Tonfall einordnen zu können.
»Ist ja schon gut.« Beleidigt drehte sie den Kopf weg. »Ich hätte mir ja denken können, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt.«
Daniels Mundwinkel zogen sich nach oben.
»Wenn Sie Oskar zurückgewinnen wollen, müssen Sie sich schon etwas Mühe geben. Und vor allen Dingen nicht mehr so viel herummeckern. Schließlich ist es keine Selbstverständlichkeit, in diesem Lebensabschnitt noch einmal einen Partner zu finden.«
»Schon gar nicht für eine Frau«, stimmte Janni seinem Vater zu. »Erwiesenermaßen haben Frauen es im Alter schwerer, einen neuen Partner zu finden«, erklärte er und erntete überraschte Blicke. Kein Thema, zu dem er nicht irgendwelche Weisheiten beisteuern konnte. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen begann er, vor dem Bett auf und ab zu gehen. Lenni konnte ihn nicht sehen, hörte aber sehr wohl seine Schritte. »Das liegt zum einen an ihren hohen Ansprüchen. Ein weiterer Grund ist die unterschiedlich hohe Lebenserwartung. Heutzutage werden Frauen im Schnitt fünf Jahre älter als Männer. Das bedeutet, dass mit zunehmendem Alter die Auswahl für das weibliche Geschlecht kleiner wird. Oder um es mit Bildern aus dem Tierreich darzustellen: Immer mehr Weibchen kämpfen um immer weniger Männchen.« Er blieb vor dem Bett stehen und seufzte tief. Lenni reckte den Kopf in seine Richtung.
»Willst du damit sagen, dass Oskar an jeder Ecke eine Neue findet?«
»Wenn er will, dann lautet die Antwort eindeutig ja.«
Bis auf Janni hielt die ganze Familie Norden die Luft an. Niemand hätte es gewagt, Lenni die Wahrheit so unverblümt mitten ins Gesicht zu sagen. Doch das erwartete Donnerwetter blieb aus.
»Soll er sich doch eine andere suchen. Wird er schon sehen, was er davon hat«, murrte Lenni.
Sie hatte schon überzeugender geklungen.
*
Nach der Begegnung mit ihrem Chef fühlte sich Andrea Sander besser. Das Gesicht hinter einer riesigen Sonnenbrille verborgen, machte sie sich daran, die Unterlagen aufzuarbeiten, die in ihrer Abewesenheit liegen geblieben waren.
Obwohl eine Kollegin eingesprungen war, stapelten sich die Akten auf ihrem Schreibtisch. Sie erledigte die Korrespondenz, notierte Termine in ihren Kalender, erstellte eine Statistik, um die der Verwaltungsdirektor Dieter Fuchs gebeten hatte, und leitete alles für die geplante Fortbildung der Assistenzärzte ein.
Zwischendurch führte sie Telefonate mit einem Unternehmen für Medizintechnik. Derart gefangen in ihren Aufgaben, vergaß sie sogar ihr entstelltes Gesicht. Es fiel ihr erst wieder ein, als Clemens Kremling im Büro auftauchte. Wie jedes Mal, wenn sie dem neuen Leiter der Sozialstation begegnete, verwandelten sich ihre Knie in Pudding. Bisher nicht immer mit gutem Ausgang. Ein Mal war sie in seine Arme gesunken und hatte deutliche Make-up-Spuren auf dem weißen Hemd hinterlassen. Ein anderes Mal musste er den Apfelstrudel mit Vanillesauce von der Hose pflücken, den sie sich aus dem Klinikkiosk geholt hatte. Es sprach für Clemens, das er jeden dieser Unfälle mit einem Lachen quittiert hatte und sich obendrein auch noch über jede weitere Begegnung freute. Wenn das nicht ein Grund war, sich in diesen Mann zu verlieben!
»Frau Sander, das ist ja eine schöne Überraschung. Sie sind endlich wieder da!« Die Freude strahlte aus seinen Augen wie die Sonne persönlich. Als Clemens näherkam, glätteten sich die Lachfalten aber wieder. »Was ist denn mit Ihrem Gesicht passiert?«
Andrea hielt die Luft an. Unmöglich, ihm die Wahrheit zu sagen.
»Ich …. mich … mir …«, stammelte sie, als ihr glücklicherweise die Frage ihres Chefs wieder in den Sinn kam. »Ich hatte einen Zusammenstoß mit einem Wespennest.«
»Sie Ärmste.« Clemens Kremlings Mitgefühl war echt. »Das muss ja schrecklich weh tun.«
»Zum Glück arbeiten wir ja in einer Klinik. Da gibt es Ärzte und Schmerzmittel im Überfluss.« Was redete sie denn da? Und dann erst ihr Lachen! Am liebsten hätte sich Andrea unter dem Tisch versteckt.
Zum Glück schien Clemens nichts zu bemerken.
»Zumindest haben Sie Ihren Humor nicht verloren.« Er lachte und hielte eine Mappe hoch. »Das hier ist die Akte Gerda Kraft. Dr. Norden hat mich darum gebeten, mir Gedanken zu machen. Die Vorschläge bezüglich der Reha-Maßnahmen liegen bei. Er soll sich bitte mit mir in Verbindung setzen. Dann können wir alles weiter besprechen.«
»Natürlich.« Andrea Sander nickte abwesend und legte die Akte zur Seite.
Clemens hätte eigentlich gehen können. Warum nur stand er immer noch vor ihrem Schreibtisch und bewegte sich keinen Millimeter?
»Zu dumm, dass Ihnen so etwas ausgerechnet im Urlaub passiert«, stellte er nach einer Weile fest.
»Na ja, das kann man sich nicht aussuchen.« Andrea Sander betete, dass ihre Stimme sie nicht verriet.
»Sie hätten sich krankschreiben lassen können.«
»Um allein zu Hause herumzusitzen und über mein schlimmes Schicksal nachzudenken?« Sie schüttelte den Kopf, dass ihre Sonnenbrille von der Nase rutschte. Schnell schob sie sie zurück an ihren Platz. »Nein, das ist nichts für mich. Da gehe ich lieber arbeiten. Das lenkt ab.«
»Weise Worte aus dem Mund einer schönen Frau.« Clemens griff nach ihrer Hand und zog sie an die Lippen.
Wie oft hatte Andrea von so etwas geträumt! Doch es war wie verhext. Jetzt, da ihr Traum Wirklichkeit wurde, konnte sie sich nichts Schlimmeres vorstellen, als dass er ihr zu nahe kam.
»Sie machen sich lustig über mich.« Schnell zog sie die Hand zurück.
»So denken Sie über mich?« Clemens machte keinen Hehl aus seiner Fassungslosigkeit.
»Nein, nein, natürlich nicht. Es ist nur … es ist … ich fühle mich so schrecklich hässlich«, jammerte Andrea und hatte das Gefühl, mit jedem Wort alles nur noch schlimmer zu machen. Am besten, sie hielt für den Rest des Tages den Mund. Um den Tränen keine Macht zu geben, starrte sie auf den Brief, der vor ihr auf dem Tisch lag. So bemerkte sie nicht, dass Clemens Kremling amüsiert lächelte.
»Einen schönen Menschen entstellt nichts. So sagt man doch, oder? Und ich komme so oft wieder und sage Ihnen das, bis Sie es selbst glauben.«
Als Andrea wieder hochblickte, war der Platz vor dem Schreibtisch leer. Im ersten Moment fühlte sie sich, als hätte sie einen viel zu warmen Mantel ausgezogen. Doch die Erleichterung währte nur kurz.
»Das war DIE Chance, auf die du so СКАЧАТЬ