Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs. Charles Dickens
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Название: Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961183197

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СКАЧАТЬ Herr Pickwick ein. »Vor einer Stunde vielleicht?«

      »So was mag's gewesen sein«, versetzte der Mann.

      »Oder zwei Stunden? fragte der Postillion des hinteren Zugs.

      »Könnten auch zwei Stunden sein«, entgegnete der alte Mann zweifelhaft.

      »Fort, Jungen«, rief der Wardle ärgerlich: »haltet euch nicht mit dem alten Dummkopf auf.«

      »Dummkopf?« rief der alte Mann mit einem Grinsen, indem er den Balken halb vorschob und in die Mitte des Weges trat, um der Kutsche nachzusehen, die mit der zunehmenden Entfernung rasch den Blicken verschwand. »Lange kein solcher, als der da drinnen. Verliert er da seine zehn Minuten und geht so klug fort, wie er hergekommen ist. Wenn jeder Schlagbaumwärter seinen Goldfuchs nur halb so gut verdient, wie ich, so wirst du die andere Kutsche vor Michaelis nicht einholen, alter Fettbauch.«

      Und weiter grinsend schloß der Mann den Schlagbaum vollends, trat in sein Haus und schob den Riegel hinter sich zu.

      Inzwischen ging die Kutsche stets mit gleicher Geschwindigkeit weiter, bis sie am Ende der Station anlangte. Der Mond ging, wie Herr Wardle richtig bemerkt hatte, zeitig unter, und große Ballen schwarzer Wolken, die schon seit einiger Zeit den Himmel umzogen, sammelten sich bald zu einer einzigen dunklen Masse. Große Regentropfen, die hin und wieder an die Wagenfenster schlugen, schienen den Reisenden das rasche Annähern einer stürmischen Nacht zu verkündigen. Der Wind, der ihnen gerade entgegenblies, fegte in furchtbaren Stößen die schmale Straße daher und heulte greulich in den die Chaussee begrenzenden Bäumen. Herr Pickwick wickelte sich fester in seinen Überrock, drückte sich behaglich in eine Ecke des Wagens und verfiel in ein gesundes Schläfchen, aus dem er erst wieder erwachte, als die Kutsche halt machte und der Ton der Stallklingel nebst dem lauten Ruf: »Rasch! Pferde vor!« erscholl.

      Aber hier gab es wieder eine Zögerung. Die Postjungen lagen in einem so geheimnisvoll tiefen Schlaf, daß man bei jedem fünf Minuten brauchte, um ihn zu wecken. Der Stallknecht hatte den Stallschlüssel verlegt, und selbst als dieser gefunden war, verwechselten die Postillione die Pferdegeschirre, so daß das Geschäft der Zurichtung wieder aufs neue begonnen werden mußte. Wäre Herr Pickwick allein gewesen, diese vielen Hindernisse hätten jedem Weiterfahren auf einmal ein Ziel gesteckt! aber der alte Herr Wardle war nicht so leicht zu entmutigen. Er ging bei allem so rührig an die Hand, knuffte hin und wieder einen der Burschen, zog da eine Schnalle an und legte dort eine Kette ein, so daß der Wagen in weit kürzerer Zeit, als sich unter so vielen Schwierigkeiten erwarten ließ, zum Abfahren bereit stand.

      Sie nahmen die Reise – allerdings nicht unter besonders günstigen Umständen – wieder auf. Die Station war fünfzehn Meilen lang, die Nacht finster, der Sturm heftig, und der Regen schüttete in Strömen. Es war unmöglich, unter solchen Verhältnissen rasch vorwärts zu kommen. Ein Uhr hatte es bereits geschlagen, und man brauchte fast zwei Stunden, um die andere Station zu erreichen. Hier trafen sie jedoch auf einen Umstand, der alle ihre Hoffnungen wieder aufleben machte und ihren sinkenden Mut hob.

      »Wann ist diese Nacht eine Kutsche angekommen?« rief der alte Wardle, aus seinem eigenen Wagen springend, und auf ein Fuhrwerk deutend, das, mit Kot bedeckt, auf dem Hof stand.

      »Vor nicht ganz einer Viertelstunde, Sir«, versetzte der Stallknecht, an den diese Frage gerichtet war.

      »Ein Herr und eine Dame?« fragte Wardle mit fast atemloser Hast.

      »Ja, Sir.«

      »Der Herr groß – dünn – lange Beine?«

      »Ja, Sir.«

      »Dame ältlich – schmales Gesicht – etwas mager – wie?«

      »Ja, Sir.«

      »Beim Himmel, sie sind's, Pickwick!« rief der alte Herr.

      »Sie wären schon früher angelangt, wenn ihnen nicht ein Zugstrang zerrissen wäre«, sagte der Stallknecht.

      »Sie sind's«, rief Herr Wardle. »Gerechter Himmel, sie sind's! Geschwind – eine Kutsche und vier Pferde! Wir holen sie ein, noch ehe sie die nächste Station erreichen. Jedem einen Goldfuchs, Jungens – rührt euch – tapfer – so; brave Burschen.«

      Unter solchen Ermunterungen rannte der alte Herr geschäftig im Hofe hin und her. Er war in einer Aufregung, die sich sogar Herrn Pickwick mitteilte, so daß dieser Gentleman gleichfalls an dem Einschirren der Pferde mithalf und auf eine ganz wundersame Weise nach den Rossen und den Rädern sah, fest überzeugt, durch seine Mitwirkung die Vorbereitungen zum schleunigsten Aufbruch wesentlich zu fördern.

      »Hinein – hinein!« rief der alte Wardle, indem er in den Wagen stieg, den Tritt nachzog und den Schlag schloß. »Kommen Sie – beeilen Sie sich.«

      Und noch ehe Herr Pickwick wußte wie, fühlte er sich durch einen tüchtigen Ruck von seiten des alten Herrn und durch einen Nachschub des Stallknechts durch den andern Schlag in den Wagen gehoben. Dann ging es wieder weiter.

      »So – jetzt sind wir wieder in Bewegung«, rief der alte Herr frohlockend.

      Das war auch in der Tat der Fall, wie Herr Pickwick aus den häufigen Zusammenstößen mit der Kutschenwand und seinem Nachbar am besten empfand.

      »Greifen Sie nach dem Halter«, sagte Herr Wardle, als ihm Herrn Pickwicks Kopf gegen die Rippen fuhr.

      »Ich bin in meinem Leben nie so gerüttelt worden«, entgegnete Herr Pickwick.

      »Macht nichts«, versetzte sein Gefährte: »wird bald vorüber sein. Halten Sie sich nur fest.«

      Herr Pickwick drückte sich so fest er konnte in seine Ecke, und der Wagen rollte schneller als je dahin.

      Sie hatten in dieser Weise ungefähr drei Meilen zurückgelegt, als Herr Wardle, der auf ein paar Minuten durch den Schlag hinaus gesehen, plötzlich den von Kot bespritzten Kopf zurückzog und in atemloser Hast ausrief:

      »Dort sind sie!«

      Herr Pickwick steckte den Kopf gleichfalls durch das Fenster. Ja, es war eine Kutsche mit vier Pferden, die in vollem Galopp in kurzer Entfernung vor ihnen dahinsprengte.

      »Vorwärts! vorwärts!« schrie der alte Herr. »Zwei Goldfüchse für jeden. Jungen – holt sie ein – drauf – drauf!«

      Die Pferde der ersten Kutsche jagten in höchster Eile davon, und Herrn Wardles jagten wütend hinterdrein.

      »Ich sehe seinen Kopf«, rief der cholerische alte Herr; »ich will verdammt sein, wenn ich nicht seinen Kopf sehe.«

      »Ich gleichfalls«, sagte Herr Pickwick. »Er ist's!«

      Herr Pickwick hatte sich nicht geirrt. Herrn Jingles Gesicht, über und über mit Straßenkot bespritzt, war deutlich an dem Fenster der Kutsche zu erkennen, und die ungestümen Bewegungen seines Armes verrieten, daß er die Postillione antrieb, ihr Äußerstes zu tun.

      Die Spannung war aufs höchste gesteigert. Felder, Bäume und Hecken schienen mit der Schnelligkeit des Windes an ihnen vorbeizufliegen, so jagten die Rosse dahin. Sie waren hart an der ersten Kutsche und konnten Jingles Stimme selbst unter dem Rädergerassel die Postillione antreiben hören. Der alte Wardle schäumte vor Zorn und Wut. Er warf ihm »Schurken« und »Spitzbuben« zu Dutzenden nach und schüttelte die Faust nachdrücklich gegen den Gegenstand seiner Entrüstung. СКАЧАТЬ