Название: Handlungsfelder des Bildungsmanagements
Автор: Ulrich Muller
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783748201885
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Das Vorgehen im gruppendynamischen Training ist speziell dadurch gekennzeichnet, dass nicht der Trainer die einzelnen Teilnehmer nacheinander in der Gruppe berät, sondern dass eine kollegiale Beratung stattfindet. Die Gruppe ist also nicht nur der Ort, sondern auch das wesentliche Instrument des Geschehens. Der Vorteil dieser gruppendynamischen Form der kollegialen Beratung besteht in der Dichte und Gleichzeitigkeit von Wahrnehmungen der anderen Teilnehmer und des Trainers. Bei jedem Teilnehmer läuft sozusagen der innere Film als Heimkino mit. Damit werden die Lernmöglichkeiten potenziert.
Im gruppendynamischen Training geht es nicht darum, was richtig und falsch, was gut und was schlecht ist, sondern darum, das eigene Verhalten zu reflektieren. Und genau hier setzt die Gruppe an: Mithilfe von Verhaltensfeedback liefert sie unerbittlich Hinweise über den blinden Fleck. Dazu braucht sich Gruppe nicht ausschließlich auf das zu verlassen, was jemand über seine Situation in seinem beruflichen oder auch persönlichen Umfeld berichtet, sondern sie macht ja aktuelle Erfahrungen in der Gruppe: Während jemand seine Situation darstellt, verhält er sich – und die Art und Weise, wie er dies tut, lässt eine sehr spezifische Beziehungsdynamik in und mit der Gruppe entstehen. Das Muster bildet sich sozusagen life in der Gruppe ab. Eine optimale Möglichkeit, das, was von dort und dann, also von draußen aus der Arbeitswelt, berichtet wird, mit dem zu verbinden, was gerade hier und jetzt life abläuft – d.h. die taufrischen Beobachtungen und Empfindungen der Teilnehmer mit den Erzählungen des Teilnehmers aus seiner Situation zuhause in Beziehung setzen und abgleichen.
Wie wortreich und kunstvoll auch immer sich jemand als Opfer widriger Umstände präsentiert – er wird über kurz oder lang im Hier-und-Jetzt des Trainings als (Mit-)Verantwortlicher entlarvt. Und exakt dies ist die entscheidende Chance für ihn: Die (Mit-)Verantwortung übernehmen für das, was (geworden) ist – mit allen Folgen und Zumutungen, die das eigene Verhalten für das Umfeld bedeutet.
Für unsere Zwecke hier möchten wir zwei Formen solcher Trainings grundsätzlich unterscheiden: Erstens, das Training als externe, prinzipiell für alle möglichen Teilnehmer offene firmenübergreifende Veranstaltung, bei dem die Teilnehmer weder vor, noch nach dem Training beruflich etwas miteinander zu tun haben und aus unterschiedlichen Unternehmen kommen. Zweitens, das Training als Veranstaltung im eigenen Haus, bei dem die Teilnehmer aktuell vor und nach dem Training mehr oder weniger eng beruflich miteinander in Beziehung stehen – und für die Zukunft zumindest potentiell immer damit rechnen müssen, miteinander zu tun zu haben.
Das externe Training: Als Fremder unter Fremden gilt nach dem Training nicht das Gesetz des Wiedersehens im normalen Unternehmensalltag. Sicherungsmaßnahmen sind also nicht in dem Maß erforderlich wie zuhause. Als unbeschriebenes Blatt, das nach der Veranstaltung wieder abtauchen kann, steigt die Bereitschaft, Persönliches im geschützten Raum des Trainings zum Thema zu machen.
Das hausinterne Training: Sogenannten Inhouse-Seminaren kann eine vergleichbare Wirkung zukommen – aber nur unter einer Bedingung: „Störendes“ Verhalten muss aufgedeckt werden können, ohne dass daraus Kapital geschlagen wird für spätere mikropolitische Machtspiele. Das ist nicht einfach zu bewerkstelligen. Die Grundvoraussetzung dafür ist, Vertrauen hinsichtlich der Schweigepflicht herzustellen, die es verbietet, Internes aus dem Training herauszutragen und für sich oder gegen andere, die ihre Schwächen offengelegt haben, auszunutzen. Kann dieser Schutz nicht gewährleistet werden, ist von gruppendynamischen Inhouse-Seminaren abzuraten. Die unerwünschten Nebenwirkungen wären zu hoch. Die Gruppendynamik könnte leicht für die Fortsetzung destruktiver Kriegsführung instrumentalisiert werden.
Andererseits lohnt es sich, den notwendigen Sicherheits-Rahmen zu schaffen, auch wenn dies nicht einfach ist. Denn die Vorteile von Inhouse-Trainings sind verlockend: Erstens, die intimere Kenntnis der Schleichwege und all der ungeschriebenen Gesetze, die das Verhalten im Unternehmen bestimmen; zweitens, stärkere gegenseitige Unterstützung vor Ort bei der Umsetzung, und last but not least, eindrucksvollere Modellbildung für andere. Wenn es zum Beispiel gelingt, durch gezielte Inhouse-Trainings bei einer ganzen Gruppe von Führungskräften eines Unternehmens ein neues zeitgemäßeres Führungsverständnis zu entwickeln, so ist damit gleichzeitig auch ein kollegiales Netzwerk etabliert, das im anderen Fall der isolierten Teilnahme Einzelner bei externen Veranstaltungen erst noch gebildet werden müsste.
h) Übungen und Spiele im Training
Es gibt für nahezu alle Verhaltensaspekte, die trainiert werden sollen, maßgeschneiderte Übungen bzw. Spiele. Auch hier besteht generell das Problem, das, was im Spiel gesehen und erlebt wurde, auf die betriebliche Realität zu übertragen. Eins zu eins wird dies nie möglich sein, umso weniger, je ausgeprägter und intensiver der Spielcharakter der jeweiligen Übung ist. Das ist ein richtiges Dilemma: je spannender und aufregender das Spiel, umso weiter weg wahrscheinlich von der Realität, auf welche die Erfahrungen aus dem Spiel übertragen werden sollen ähnlich wie beim Outdoor-Training.
Am wirksamsten scheinen mir das aus dem Psychodrama hervorgegangene Rollenspiel und die Fallstudien, die möglichst exakt auf die Situation und die Ausgangssituation der Teilnehmer zugeschnitten sind, am besten – eine Kombination von beiden: zuerst die Fallstudie, die dann in einer zweiten Phase übergeleitet wird in spontane Rollenspiele, die dazu dienen, in wechselnden Konstellationen und mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bestimmte Verhaltensaspekte gezielt einzuüben.
5 Exemplarisches Konzept eines praxisbezogenen Verhaltenstrainings
5.1 Ziele, Inhalte und Vorgehen
a) Durchgängige Ziele und inhaltliche Schwerpunkte
In und durch diese Art von Trainingsarbeit werden gleichzeitig mehrere Anliegen verfolgt:
■ Sensitivität: Grundsätzlich geht es immer wieder darum, die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu überprüfen bzw. zu verbessern durch eine Auseinandersetzung mit Fragen wie: Welche Auswirkungen hat mein eigenes Verhalten auf andere? Wie nehme ich andere wahr, inwieweit verstehe ich andere, was löst das in mir aus und wie (angemessen) reagiere ich darauf?
■ Feedback: Hier besteht die Lernchance darin, im aktuellen Kontext unmittelbar erfahren zu können, wie einen andere wahrnehmen, welche Wirkung das auf sie hat, dies mit der eigenen Einschätzung vergleichen und das eigene Verhalten dahingehend zu überprüfen, ob oder inwieweit es den eigenen Zielen und der jeweiligen Situation angemessen ist.
■ Verhaltenssteuerung: Die Gruppe konfrontiert den Einzelnen mit seinem Verhalten und den zugrundeliegenden Einstellungen, Werten, Normen, mit seiner Art und Weise, an Menschen und Situationen heran – und mit sich selbst umzugehen. Erfahrungen und Reaktionen anderer Gruppenmitglieder bringen Anregungen, neue Gesichtspunkte, Relativierungen und Alternativen in die eigene Sichtweise.
■ Angst salonfähig machen: Veränderungen werden nahezu immer als Zumutung erlebt und sind nicht selten auch so gemeint. Warum sollte jemand also Veränderungen an sich heranlassen, wenn er keine Notwendigkeit dafür sieht? Um Menschen soweit bringen zu können, dass sie bereit sind, sich mit Veränderungen grundsätzlicher Art auseinanderzusetzen, scheint mir ein gewisses Ausmaß an Angst unverzichtbar – im Sinne von „auf der Hut sein“, wie ein Tier in der Wildnis, das beim geringsten Gefahrensignal, mit höchster Aufmerksamkeit und Anspannung witternd, seine Umwelt einer genauen Musterung unterzieht. Edgar Schein sagt zu diesem Thema: „Die Überlebensangst muss größer sein als die Angst zu lernen“. Das bedeutet: Im Zusammenhang mit Veränderungsprozessen müssen Angst und Verunsicherung eine andere Rolle und Gewichtung erhalten: Keiner darf sich in Sicherheit wiegen, dass seinem Unternehmen keine Gefahr droht, die sein Überleben gefährdet. Wenn diese „Überlebensangst“ nicht vorhanden oder zu schwach ausgeprägt ist, muss man sie entsprechend anfachen. Wenn dagegen СКАЧАТЬ