Название: Handlungsfelder des Bildungsmanagements
Автор: Ulrich Muller
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783748201885
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Auf der dritten Ebene, der „Didaktik“, werden die im engeren Sinne didaktischen Prozesse geplant und organisiert: das Jahresprogramm einer Erwachsenenbildungseinrichtung, das Schulcurriculum, ein neues Qualifizierungsprogramm für Führungskräfte. Hier agieren Fachbereichsleiter in der Erwachsenenbildung, Fachgruppensprecher in der Schule, Teamleiter in der betrieblichen Bildung.
Auf der vierten und letzten Ebene schließlich, der „Kommunikation“, ist der eigentliche Lehr-/Lernprozess angesiedelt: die Durchführung des einzelnen Kurses in der Erwachsenenbildung, der Unterricht in einer Schulklasse, die Moderation und Leitung eines Workshops in einem Betrieb. Die Akteure auf dieser Handlungsebene sind Dozenten, Trainer, Moderatoren, Lehrer etc.
Ausgehend von diesem Modell, wollen wir im Folgenden Bildungsmanagement als didaktisches Handeln verstehen, das vorwiegend auf den beiden Handlungsebenen Institution und Didaktik vollzogen wird9. Konzeptionell soll für diese beiden Handlungsebenen Bildungsmanagement in zwei spezifischen Handlungsformen entwickelt werden (vgl. Abbildung 2): Das Bildungsbetriebsmanagement (Handlungsebene Institution) zielt auf die Leitung einer Bildungsinstitution im Sinne einer betrieblichen Einheit (z.B. einer Schule, einer Volkshochschule oder eines betrieblichen Bildungswerks). Das Bildungsprozessmanagement (Handlungsebene Didaktik) bezieht sich auf die Entwicklung und Steuerung des Kernprozesses einer Bildungsorganisation, nämlich Bildungsangebote zu planen, anzubieten und durchzuführen und so Lernen zu initiieren, zu ermöglichen, zu organisieren und zu begleiten. Beide Handlungsformen erfolgen vor dem Hintergrund und unter den Bedingungen einer Welt im Wandel, wie es die Abbildung 3 andeutet.
Abbildung 2: Bildungsmanagement als didaktisches Handeln
Quelle: Müller, 2007: 108
3.2 Ein allgemeines Managementmodell
Im Hinblick auf die managementwissenschaftliche (bzw. betriebswirtschaftliche) Fundierung stellt sich zunächst die Frage, ob für das Bildungsmanagement ein neuer, spezieller Managementansatz entwickelt werden muss. Weber u.a. argumentieren z.B. mit den Besonderheiten von Weiterbildungsorganisationen für ein eigenständiges Führungsmodell für die Weiterbildung (Weber, Senn & Fischer, 2006: 7). Das im Folgenden dargestellte Rahmenmodell für Bildungsmanagement stützt sich dagegen im Wesentlichen auf einen allgemeinen Management-Ansatz: das „Neue St. Galler Management Modell“ (vgl. Rüegg-Stürm, 2004), auf dessen Grundlage auch ein umfassendes, fünf-bändiges Lehrwerk vorliegt (vgl. Dubs, Euler, Rüegg-Stürm & Wyss, 2009). Dieser Ansatz wird im Hinblick auf Leitungsaufgaben in Bildungseinrichtungen erweitert und spezifiziert.
Das St. Galler Management Modell wurde und wird seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts an der Universität St. Gallen entwickelt und wird in seinen verschiedenen Varianten immer wieder als Referenzmodell für das Bildungsmanagement genutzt (vgl. Krüger, 2016: 170). Das im Folgenden verwendete „Neue St. Galler Management Modell“ stellt die dritte Generation dar und wurde bereits in Modellen für die Schule (vgl. Dubs, 2005 und Seitz & Capaul, 2007) und in sektoren-übergreifenden Modellen (vgl. Müller, 2007 und Seufert 2013) adaptiert10.
Das neue St. Galler Management Modell basiert auf einem systemisch-konstruktivistischen Managementansatz, der in besonderer Weise anschlussfähig für eine erziehungswissenschaftliche Betrachtung von Managementprozessen erscheint. Die Autoren des Modells verstehen eine Unternehmung oder Organisation als ein komplexes System, das von einer Umwelt unterscheidbar ist. Das System selbst besteht aus einer Vielzahl von Systemelementen, zwischen denen wiederum vielfältige Beziehungen und Wechselwirkungen bestehen (Rüegg-Stürm, 2004: 17 ff.). Mithilfe des Managementmodells soll es möglich sein, in diese komplexe Struktur Ordnung zu bringen, logische Verbindungen und gewisse Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen und damit Orientierungen zu ermöglichen (ebd.: 13). Das Modell unterscheidet sechs zentrale Begriffskategorien: Umweltsphären, Anspruchsgruppen, Interaktionsthemen, Ordnungsmomente, Prozesse und Entwicklungsmodi (vgl. ebd.: 21). Die nachstehende Abbildung zeigt das Modell im Überblick.
Abbildung 3: Das neue St. Galler Management-Modell
Quelle: Rüegg-Stürm, 2004: 22
Das Modell versteht unter Umweltsphären die wichtigsten Kontexte, in die eine Organisation eingebettet ist und unterscheidet dabei die vier Sphären Gesellschaft, Natur, Technologie und Wirtschaft.
Als Anspruchsgruppen (oder Stakeholder) werden Menschen und Organisationen bezeichnet, die für die Organisation relevant sind oder die sie aus normativen Erwägungen für sich als relevant erklärt. Eine Organisation ist nicht aus Selbstzweck tätig, sondern erbringt ihre Leistungen in Interaktion mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen (Rüegg-Stürm, 2004: 29). Mit diesen Anspruchsgruppen steht die Unternehmung in vielfältigen Austauschbeziehungen. Die „Gegenstände“ dieser Austauschbeziehungen werden als Interaktionsthemen bezeichnet. Darunter versteht das St. Galler Management Modell alles, „was von den Anspruchsgruppen an die Unternehmung herangetragen, dieser zur Verfügung gestellt oder streitig gemacht wird – oder umgekehrt betrachtet: worum sich eine Unternehmung streiten muss“ (Rüegg-Stürm, 2004: 33). Das Modell unterscheidet dabei einerseits personen- und kulturgebundene Elemente, wie Anliegen, Interessen, Normen und Werte, und andererseits objektgebundene Elemente, d.h. Ressourcen.
Die Aktivitäten einer Organisation laufen nicht in einer beliebigen Form ab, sondern in einem mehr oder weniger geordneten Rahmen. Die Ordnungsmomente einer Organisation strukturieren das Alltagsgeschehen in einem Unternehmen und richten es auf die Erzielung der gewünschten Ergebnisse und Wirkungen aus (ebd.: 23). Das Modell unterscheidet drei Arten von Ordnungsmomenten: Strategie, Struktur und Kultur (vgl. ebd.: 37 ff.). Die Strategie richtet die Organisation auf die erfolgsentscheidenden Aspekte der eigenen Tätigkeit aus; es geht um das WAS bzw. um die Entscheidung, „die richtigen Dinge zu tun“. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die einzelnen Aktivitäten in der Organisation koordiniert werden. Diese Koordination der einzelnen Aktivitäten müssen die Strukturen der Organisation leisten. Hier geht es um das WIE bzw. darum, „die Dinge richtig zu tun“. Schließlich bedarf die Organisation eines gemeinsamen Sinnhorizonts, sie muss in der Lage sein, Fragen nach dem WARUM und WOZU der eigenen Existenz und Tätigkeit zu beantworten. Dieser Sinnhorizont kann vor allen Dingen dort unterstützend wirken, wo es keine detaillierten Vorgaben für das Vorgehen gibt, sondern Interpretations- und Gestaltungsspielraum bestehen. Diese Sinnstiftende Funktion wird durch die Kultur einer Unternehmung verkörpert.
Prozesse sind „eine Menge (oder ein System) von Aufgaben, die in einer mehr oder weniger standardmäßig vorgegebenen Abfolge zu erledigen sind (Aufgabenkette)“ (Rüegg-Stürm, 2004: 66). In dem Modell werden drei Arten von Prozessen unterschieden: Managementprozesse, Geschäftsprozesse und Unterstützungsprozesse.
Managementprozesse umfassen alle Aufgaben, die mit der Gestaltung, Steuerung und Entwicklung einer Organisation zu tun haben. Geschäftsprozesse sind jene Aktivitäten einer Unternehmung, die unmittelbar auf die Stiftung von Kundennutzen ausgerichtet sind. Im Mittelpunkt der Geschäftsprozesse stehen dabei die Prozesse der Leistungserstellung. Unterstützungsprozesse schließlich dienen der Bereitstellung der Infrastruktur und der Erbringung der internen Dienstleistungen, die notwendig sind, damit die Geschäftsprozesse vollzogen werden können. Hierzu zählen z.B. Personalarbeit, Infrastrukturbewirtschaftung – oder eben Bildungsarbeit.
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