Название: Der Kaiser
Автор: Geoffrey Parker
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806240108
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Die Cortes von Kastilien bewilligten beinahe sofort Hilfsgelder in Höhe von 600 000 Dukaten – und damit deutlich mehr als bei jeder früheren Gelegenheit – und erkannten Karl als König an (gemeinsam mit seiner Mutter). Zugleich legten sie ihm freilich auch fast hundert Beschwerden über Missstände vor, mit der Bitte um baldige Abhilfe. Einige waren altbekannt und wenig kontrovers (»dass Euer Hoheit die Würfelspiele verbiete«; »dass Ihr die Prägung von Kupfermünzen und anderem Kleingeld anordnet, denn das Königreich hat Mangel daran«). Andere waren zwar kritischer, stellten aber dennoch keine Bedrohung dar (»man ersucht Euer Hoheit untertänigst, uns doch die Ehre zu erweisen und Kastilisch zu sprechen« sowie »mindestens zweimal in jeder Woche eine öffentliche Audienz zu gewähren«). Nur aus ein paar wenigen sprach Beunruhigung über die jüngsten Entwicklungen: »Wir ersuchen Euer Hoheit … gnädigst zu gewähren, dass der Infant Ferdinand diese Königreiche nicht verlassen möge, bevor Ihr nicht verheiratet seid und eigene Erben habt«; dass keinerlei Posten in Kastilien, egal ob weltlich oder kirchlich, »mit Fremden besetzt werden solle«; »dass Fremden keine Naturalisierungsbriefe gewährt werden dürften und dass alle bereits verliehenen Briefe widerrufen werden müssten«; und schließlich, dass »der Erzbischof von Toledo kommen und in diesen Königreichen seinen Wohnsitz nehmen solle«.24
Einige dieser Punkte nahm Karl gleich in Angriff, darunter seine Unkenntnis der spanischen Sprache. Schon im Frühjahr 1518 war der König einem burgundischen Minister zufolge in der Lage, »sich mit seinen Edelleuten auf Kastilisch zu unterhalten, und hat sowohl die Sprache als auch die Bräuche jenes Landes nun vollkommen gemeistert«. Mártir pflichtete dem in einem Brief an die Markgrafen von Los Vélez und Mondéjar bei: »Der König hat ganz plötzlich begonnen, Spanisch zu sprechen, und drückt sich nun aus, als ob er unter Euch geboren und aufgewachsen wäre. Es scheint, dass seine Lehrzeit ungewöhnlich kurz gewesen ist.« Karl ging nun auch dazu über, bei Audienzen für sich selbst zu sprechen, wenn auch oft in kurzen und formelhaften Sätzen, anstatt wie zuvor andere in seinem Namen sprechen zu lassen.25
An Ferdinands fünfzehntem Geburtstag richtete Karl seinem Bruder einen eigenen Hofstaat ein, bevor die drei Geschwister – Karl, Ferdinand und Eleonore – in Richtung Saragossa aufbrachen, wo sie mit den Cortes des Königreichs Aragón zusammentreffen wollten. Unterwegs jedoch und augenscheinlich ohne jede Vorwarnung setzte sich Karl über den ausdrücklichen Wunsch der kastilischen Cortes hinweg und befahl seinem Bruder, sein Geburtsland Spanien zu verlassen und auf dem Seeweg in die Niederlande zu reisen, wo er bei ihrer Tante Margarete bleiben solle. Damit erfüllte Karl das Versprechen, das er seinen niederländischen Untertanen vor seiner Abreise gegeben hatte (siehe Kap. 3); aber die abrupte Umsetzung ließ doch auch so etwas wie Furcht erkennen. Karls Chronist Alonso de Santa Cruz berichtet:
»In einer Unterredung mit Mitgliedern der Cortes in Valladolid erfuhren Chièvres und der Großkanzler [Le Sauvage] … dass König Karl von vielen gehasst, sein Bruder Ferdinand hingegen von allen geliebt werde … Sie empfahlen deshalb, Ferdinand aus dem Königreich wegzuschicken, damit, falls eines Tages irgendwelche spanischen Vasallen sich erheben sollten, sie nicht Ferdinand als ihren Anführer wählen können. Seine Hoheit hielt das für einen guten Vorschlag.«
Sancho Cota, der noch immer im königlichen Gefolge reiste, teilte mit, dass die plötzliche Abreise des Infanten »einen jeden Spanier zutiefst berührte, Edelleute ebenso wie den gemeinen Mann, weil sie alle Ferdinand sehr lieb hatten«. Der französische Botschafter gab immerhin zu Protokoll, dass »die Leute hier nicht sehr glücklich darüber sind«.26
Selbst Laurent Vital, normalerweise ein Ausbund von Kriecherei und Unterwürfigkeit, bemerkte eine wachsende Feindseligkeit gegenüber seinem Herrn. Während des Aufenthalts in Valladolid weigerten sich mehrere Geistliche, dem königlichen Gefolge Unterkunft zu gewähren, und exkommunizierten Karls Amtsträger, die mit der Quartiersuche beauftragt waren. An den Kirchenportalen in Valladolid tauchten Plakate auf, die einem wachsenden Unmut darüber Ausdruck verliehen, dass im Königreich nun Fremde herrschten. Und unmittelbar, nachdem der König die Stadt verlassen hatte, hielt ein Ordensbruder eine Reihe von Predigten, in denen er mit teils »ungeheuerlichen Worten« gegen die Niederländer wetterte, die den neuen König »eingesperrt« und die Gesetze des Königreichs Kastilien missachtet hätten, indem sie Fremde in Amt und Würden setzten. Karl ließ den aufsässigen Mönch gefangen nehmen und »seine Bestrafung als ein Exempel statuieren, damit andere in Zukunft nichts als die Wahrheit predigen«. Die Abneigung beruhte übrigens auf Gegenseitigkeit: Mártir zufolge begegneten Karls aus den Niederlanden mit ihm nach Spanien gekommene Ratgeber, von denen ja viele ein Jahrzehnt zuvor unter unwürdigen Umständen selbst aus dem Land geflohen waren, »den Spaniern mit einer Verachtung, als wenn jene Kloaken und Jauchegruben entstiegen wären«.27
Übertrieben diese Beobachter vielleicht? Wenn man Lord Berners glauben darf, einem englischen Gesandten an Karls Hof, dann befanden sich im September 1518 »alle Angelegenheiten in Spanien auf einem guten Weg«, abgesehen von »ein wenig Eifersucht und Misstrauen zwischen den Spaniern und den Burgundern«; der Engländer rechnete fest damit, dass die Anmut und Geschicklichkeit des Königs bei den »täglichen Festzügen und Turnierspielen, allerlei Wettkämpfen und dem Rohrstockspiel (juga de kanes)« schon dafür sorgen würden, dass ihm die Herzen aller Zuschauer zuflögen.28 Gleichwohl, fuhr Berners ein wenig unwirsch fort, seien die Aragonier »das stolzeste, störrischste Volk der Welt«, und obwohl »sie ihm als ihrem König gehuldigt haben, ihm als seine Untertanen gehuldigt haben, geben sie ihm nun weder Gehorsam noch Geld«. Zwei Monate später bezeichnete ein anderer frustrierter Diplomat die aragonische Ständeversammlung hellseherisch als »unendlich und, wie ich glaube, ohne Ende [d. h. Zweck] (wiewohl der König zwei oder dreimal die Woche in eigener Person daran teilnimmt)«.29
Die Ursachen für diese Verzögerungen lagen tief. Wie der Historiker Manuel Rivero Rodríguez angemerkt hat, war die Lage nach König Ferdinands Tod diese:
»Die Aragonier betrachteten Karl lediglich als Prinzen, und deshalb öffneten die Vertreter der Obrigkeit seine Verordnungen, Edikte und Vollmachten nicht etwa, sondern bewahrten sie verschlossen auf, bis er als König auch tatsächlich anerkannt sein würde. Verordnungen, die er als König (und nicht als Prinz) erließ, wurden gar zurückgesandt. … Da das Erbfolgerecht die Vererbung über eine weibliche Linie ausschloss, behandelten sie den Treueeid sowohl Johanna als auch Karl gegenüber als vorläufig.«30
Auf seiner langsamen Reise in Richtung der aragonischen Grenze bestellte Karl im März 1518 seinen Onkel Alfonso zu sich, um ihm Gefolgschaft zu schwören; der jedoch war noch immer verletzt von der unfeinen Behandlung, die ihm in der Angelegenheit des Toledaner Bischofsstuhls zuteilgeworden war, und blieb dem befohlenen Treffpunkt fern. Eine ganze Woche lang wartete die königliche Reisegesellschaft mit wachsender Ungeduld, dann traf ein Brief ein, in dem die bereits in Saragossa versammelten Delegierten mitteilten, bevor sie einen Eid auf Karl ablegen könnten, müssten sie СКАЧАТЬ