Название: Krimi Jahresband 2020 - 11 Spannungsromane in einem Band!
Автор: Frank Rehfeld
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745212471
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"Waffe weg! FBI!", rief ich.
Die Gestalt erstarrte.
Im Schein meiner Taschenlampe blinkte der riesige Colt Magnum auf.
"Nicht schießen!", schrie eine dünne, zittrige Stimme.
"Die Waffe weg!", wiederholte ich.
Der Magnum segelte zu Boden.
Lew stürzte aus der Deckung.
Der Strahl meiner Lampe traf das Gesicht unseres Gegenübers. Es handelte sich um den Hausmeister, den der Blonde als Geisel genommen hatte.
"Wo ist er?", rief Lew.
"Da!" Mit panisch verzerrtem Gesicht deutete der Mann in die Dunkelheit. Aber dort war nichts zu sehen, so sehr ich den spärlichen Lichtkegel auch suchend umherfahren ließ.
Im nächsten Moment ging das Licht an. Es brannte grell in den Augen. Die Geräusche von Stimmen und Schritten mischten sich. Der Lastenaufzug rumorte. Die Schiebetür öffnete sich und ein halbes Dutzend Kollegen der City Police stürmten heraus. Jeder mit der Waffe im Anschlag und in kugelsicherer Kevlar-Weste.
Die blanken Läufe waren auf uns gerichtet, senkten sich aber rasch.
"Der Kerl hat mich gezwungen, diese Waffe in der Hand zu halten!", stotterte der Hausmeister.
"Wo ist er?", wiederholte ich.
Es gab neben der Tür, durch die wir gekommen waren, zwei weitere Zugänge.
"Er war dort!", rief der Mann und deutete hinter sich.
"Und er hat mir gedroht, mich von hinten zu erschießen, wenn ich nicht mit der Waffe in der Hand auf Sie zulaufe." Der Mann war völlig außer sich. "Er wollte dass Sie auf mich schießen, dieser Hund!" stieß er hervor.
"Der Kerl kann sich nicht in Luft auflösen!", meinte Lew düster.
Die Geisel starrte mit leeren Augen durch mich hindurch.
Ich packte den Mann bei den Schultern.
"Hat er Sie nach einem Zugang zum Abwassersystem gefragt?"
Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er legte die Stirn in Falten. Seine Augenbrauen bildeten plötzlich eine geschwungene Linie.
"Ja!"
"Wo ist der?"
"Ich zeig's Ihnen!"
11
Ein paar Augenblicke später standen wir in einer ehemaligen Waschküche.
Im Boden befand sich ein Gulli, von wo aus ein Schacht in die Tiefe führte. New York gleicht einem Stück Land, das vollkommen von Maulwurfbauten untergraben ist. Bis zu zehn Stockwerke tief erstreckt sich dieses Reich der Tiefe aus Abwasserkanälen und U-Bahnschächten. Teile dieses Netzes sind seit Jahrzehnten stillgelegt. Ich selbst hatte schon als verdeckter Ermittler unter den sogenannten 'Mole People'
fungiert. Dabei handelte es sich um die bedauernswerten Bewohner dieser unterirdischen Labyrinthe.
Dort unten jemanden aufzuspüren war ungeheuer schwer, fast unmöglich.
Lew und ich stiegen trotzdem hinab, gelangten in einen stillgelegten Kanal, der sich wiederum mehrfach verzweigte.
Es war aussichtslos.
Und neben jeden Gullideckel in New York City einen Cop zu stellen, damit dieser darauf achtete, dass keine gesuchte Person aus der Tiefe stieg, das war schlicht und ergreifend unmöglich. Wir mussten uns auf die Kanalzugänge im näheren Umkreis beschränken. Das Problem war, dass der Weg, durch den der Blonde geflohen war, zu einem alten Teilstück des Kanalnetzes gehörte, das vor dreißig Jahren stillgelegt worden war, als man die Umgegend saniert hatte. Bis wir an die alten Pläne herankamen, war unser Mann über alle Berge.
Wir forderten die Kollegen vom Erkennungsdienst an, um Robert 'Birdy' Reinaldos Wohnung unter die Lupe zu nehmen.
Die beiden Kerle, die Lew und ich überrascht hatten, waren nicht ohne Grund in der Wohnung gewesen.
Entweder waren sie hinter Birdy selbst hergewesen oder sie hatten etwas in seiner Wohnung zu finden versucht. Der Zustand in dem sich die Wohnung befand, sprach für die zweite Möglichkeit.
Es dauerte nicht lange und in der Wohnung von
'Birdy' Reinaldo wimmelt es nur so von unseren Spezialisten. Zwei Kollegen nahmen den Hausmeister mit zur Federal Plaza. Ein Psychologe würde sich um ihn kümmern müssen, bevor wir vernünftige Aussagen von ihm erwarten konnten.
Lew und ich kehrten ebenfalls zu unserem Hauptquartier in der Federal Plaza zurück und halfen bei der Erstellung eines Fantombildes des Blonden.
Die Fahndung musste schnell eingeleitet werden. 'Orry'
Delladonna und Cleve Caravaggio vertraten uns unterdessen am Tatort.
Von Sid Caddox erfuhren wir später auch die Neuigkeit, dass Passanten die Leiche von 'Birdy' Reinaldo, irgendwo in einer von Mülltonnen zugestellten Seitenstraße der Lower East Side, gefunden hatten.
"Die Kollegen der City Police haben den Fall aufgenommen", berichtete Sid. "Nach deren Angaben haben sich der oder die Killer nichteinmal besondere Mühe gegeben, Reinaldos Identität zu verschleiern. Captain Gregory vom 45.Revier ist davon überzeugt, dass es Zeugen gibt. Aber von denen wagt niemand etwas zu sagen."
"Das Übliche!", meinte Lew.
Sid zuckte die Achseln.
"Immerhin gibt es da das Projektil, das Reinaldo getötet hat. Vielleicht verrät es uns ja seinen Mörder."
Ich nickte. "Ich wette, da wollte jemand einen lästigen Zeugen aus dem Weg schaffen!"
Anderthalb Stunden später hatte sich die Dämmerung bereits über New York City gelegt.
Lew und ich saßen in unserem Dienstzimmer.
Ich trank meinen dritten Becher Kaffee.
Wir hatten inzwischen das sehr deutliche Fahndungsfoto des Blonden mit den Bilddateien unserer Datenbanken abgeglichen.
Er hieß Stuart Norman und war ein alter Bekannter. Sein Vorstrafenregister war beachtlich.
Der Komplize, den er getötet hatte, hieß Larry Sterne.
Sterne war wegen Totschlags angeklagt gewesen, als er einen Gast im Nachtclub NIGHT FEVER so zusammengeschlagen hatte, dass dieser an den Folgen gestorben war.
Und das NIGHT FEVER war der Laden von Randy Torturro, dem Handlanger der Batistutas.
So schloss sich der Kreis.
Lew blickte auf die Uhr. "Im NIGHT FEVER dürfte der Betrieb jetzt erst so richtig losgehen, Murray!", СКАЧАТЬ