Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts. Sandy Palmer
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      Nein, meine Reuegedanken verriet ich ihr weder damals noch auch später jemals. Aber ihrem Drängen, sie doch wieder einmal zu besuchen und zu beglücken und mich selbst von ihr beglücken zu lassen, folgte ich nie wieder und machte sie damit, laut eigener Aussage, zutiefst unglücklich. Und dies betrachtete ich als gerechte Strafe für ihre Unkeuschheit und die Verführung eines (bisher) tugendhaften Jünglings zur Unkeuschheit. Und meine heiße Sehnsucht nach ihr und den von ihr gespendeten sündigen Freuden und dazu meine Gewissensqualen betrachtete ich als gerechte Strafe für meine eigene Unkeuschheit. Und da, wie das Sprichwort sagt, ein Unglück selten alleine kommt, zeugte meine Sünde mit Ella eine weitere mindestens ebenso schändliche Sünde. Sie hatte mich nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass man auch an sich selber sündigen kann.

      Und so begann ich nun bei jeder Gelegenheit im stillen Kämmerlein Ellas zu gedenken und ihre Hände und ihre Lippen durch meine Finger zu ersetzen. Danach litt ich jedes Mal noch schlimmere Gewissensqualen und fasste doch bei der nächsten Gelegenheit wieder meinen glühenden Phallus an und verschaffte ihm Erleichterung und mir eine kleine, aber höchst sündhafte Freude. Einen positiven Effekt hatte diese neue Art von Unkeuschheit immerhin: Die Peinigung durch Dauererektionen und feuchte Träume war deutlich geringer geworden. Dafür aber hatten sich, wie gesagt, die Gewissensqualen verdoppelt.

      Daneben nahm sich die Qual, Ella immer wieder enttäuschen zu müssen, direkt harmlos aus. Sie besuchte meine Tante, in Wirklichkeit natürlich mich, von nun an wesentlich häufiger als bisher, und sie lauerte mir des Öfteren sogar vor der Uni auf. Für mich bedeutete es jedes Mal eine gewaltige Überwindung, sie enttäuschen zu müssen. So sehr mein Verstand mich von ihr fernzuhalten suchte, mein Gefühl suchte mich mit Gewalt zu ihr zu treiben, um wieder und wieder zu sündigen. Zudem tat sie mir ganz einfach leid. Ich bedauerte es über alle Maßen, Ella enttäuschen und anlügen zu müssen. Denn natürlich wollte sie wissen, warum ich jetzt auf einmal so hart gegen sie sei, und ich sagte, ich hätte eine Freundin und liebe sie sehr und wolle ihr treu bleiben und bereue es, ihr jenes eine Mal untreu geworden zu sein.

      Dies war insofern eine Lüge, als ich Anneliese durch meine Sünde mit Ella nicht hatte untreu werden können, da wir nie irgendwelche Zärtlichkeiten austauschten, geschweige denn miteinander Unkeusches taten. Allerdings begann ich nun, und dies bedeutete eine weitere Qual für mein Gewissen, bei Annelieses Anblick Unkeusches zu denken; und dies ist laut katholischer Morallehre eine ebenso schwere Sünde, wie Unkeusches zu tun. Wie sagt Jesus? Jeder, der eine Frau begehrlich ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Und es war überhaupt kein Trost für mich zu wissen, dass ich mit Anneliese gar nicht Ehebruch begehen konnte, weil ja keiner von uns beiden verheiratet war. Die genaue Übersetzung des griechischen Originals lautet nämlich so: ... hat sie in seinem Herzen schon verführt, oder noch genauer: ... vernascht (auch wenn dieser Ausdruck einem Evangelium vielleicht nicht gerade angemessen erscheint).

      Also, im Klartext: Seit meiner Sünde mit Ella sah ich Anneliese mit anderen Augen an, nämlich, wie es Jesus ausdrückt, begehrlich; ich konnte mir nicht helfen. Ich stellte mir vor, wie es wäre, sie zu entkleiden, sie zu liebkosen, sie zu verführen, zu vernaschen und dabei dieselben Freuden zu erleben wie mit Ella und ihr dieselben Freuden zu vermitteln, wie ich sie Ella vermittelt hatte.

      Anneliese selbst schien das übrigens zu merken. Und nachdem sie sich mehrere Male über meine „unanständigen Blicke“ beklagt hatte, machte sie eines Tages mit mir Schluss. Sie trat mit ernster Miene auf mich zu und bat mich mit leiser Stimme und höflichen Worten ohne weitere Erklärung, sie nicht länger als Freundin zu betrachten und ihr keine Gedichte mehr zu widmen.

      Nun, ich trug's mit Fassung und beendete eben meine Karriere als Lyriker. Und merkwürdig: Von da an umschwärmten mich förmlich die Mädchen und streckten mir gewissermaßen die Hände entgegen, und ich hätte sie nur zu ergreifen brauchen, oder zumindest eine von ihnen, um ihre Besitzerinnen glücklich zu machen. Aber nein, dazu war ich zu blöd, genauer, mein Geist war durch die Fesseln, die die genossene katholische Erziehung um ihn gelegt hatte, gelähmt und ließ mich keine der ausgestreckten Hände ergreifen (was mich heute noch maßlos ärgert). Sogar die Hand, die eine hübsche Blondine auf einer dreitägigen Fußwallfahrt von Wien nach Mariazell nach mir ausstreckte, scheute ich mich zu ergreifen, ebenso wie ich mich scheute, das Angebot anzunehmen, ein Bikinihöschen abzustreifen und meinen Phallus das weiche Fleisch zwischen zwei äußerst wohlgerundeten Schenkeln teilen zu lassen.

      Letzteres geschah an einem heißen Sommertag, als ich mich in meinem Heimatort mit vielen anderen am Ufer der Donau dem Badevergnügen hingab (ein städtisches Bad gab es damals noch nicht). Da machte sich eine mit einer Luftmatratze bewaffnete Bikinischönheit etwa meines Alters an mich heran und fragte, ob ich nicht Lust hätte, sie ein Stückchen flussabwärts zu steuern. Na, und ob ich Lust hatte. Also stiegen wir ins Wasser, sie legte sich auf die Luftmatratze, und ich bugsierte diese auftragsgemäß hinaus in die freie Strömung und dann, wie gewünscht, ein Stückchen flussabwärts; und dabei berührte ich, um steuern zu können, zum zweiten Mal in meinem Leben weibliche Schenkel und war aufs Neue fasziniert von deren Weichheit und Zartheit.

      Und wie weit war „ein Stückchen flussabwärts“? Nun, jedenfalls so weit, dass wir erst hinter der Mündung eines Flussarmes wieder an Land gingen, in einem ausgedehnten und menschenleeren Auwald. Und was tat ich dort, fern von jedem menschlichen Auge oder Ohr? Nein, ich ergriff die ausgestreckte Hand nicht. Ich kam nicht auf die Idee, die Bikinischönheit von ihrem nassen Bikini zu befreien und mit ihr auf ihrer Luftmatratze ein lustvolles Fest der Liebe zu feiern. Sondern ich klemmte mir als Kavalier die Luftmatratze unter den Arm und geleitete die Bikinischönheit schnurstracks zurück (wobei wir noch einmal ins Wasser mussten, um den erwähnten Flussarm zu durchqueren). An unserem Badeplatz angelangt, bedankte sie sich höflich und zog sich still und bescheiden zurück. Doch später konnte ich beobachten, wie sie und ein anderer eng umschlungen in die Stadt zurückmarschierten. Ernüchtert, frustriert, beschämt und zugleich moralisch emporgehoben blickte ich den beiden nach. Nur, warum war sie selber so passiv gewesen? Es hätte wohl nur eines winzigen Anstoßes bedurft, und schon wären auf der Luftmatratze alle ihre Wünsche in Erfüllung gegangen, ungeachtet meiner moralischen Bedenken. Aber so waren die jungen Frauen damals. Auch die hübsche Blondine auf der Wallfahrt dachte nicht daran, mich mit ihrer ausgestreckten Hand wenigstens ganz leicht anzustupsen. Den Mut, unerfahrene junge Männer zu verführen, hatten in aller Regel offenbar nur ältere und entsprechend erfahrene Frauen wie Ella.

      Noch etwas änderte sich als Folge meiner Sünde mit Ella. Meine Tante, plötzlich mit Ellas ständiger Anwesenheit konfrontiert, merkte rasch, woher der Wind wehte, und glaubte die Moral retten zu müssen. Und wie rettete sie diese? Sehr einfach, indem sie mich hinausschmiss. Nein, indem sie für mich einen Platz in einem Studentenheim suchte und fand und mich dorthin abkommandierte.

      Mir selber war das alles andere als unangenehm, im Gegenteil. Nun wohnte ich nicht mehr bei einer moralinsauren alten Tante, sondern unter lauter Gleichaltrigen, leider nur unter männlichen Gleichaltrigen. Und noch bedauerlicher, der Gleichaltrige, mit dem ich ab sofort das Zimmer teilte, war zwar außerordentlich nett, aber noch frömmer als ich selbst.

      Noch frömmer als ich? Gibt's das? Ja, das gibt's. Um ein Beispiel zu nennen: Ein persischer Mitbewohner hatte in seinem Zimmer ein Poster mit der Darstellung einer nackten Frau hängen. Als ich das meinem Zimmerkollegen erzählte, zeigte sich dieser aufs Höchste entsetzt und erklärte mir auf meine verwunderte Frage, für einen Christen sei es eine Sünde, ein solches Bild zu betrachten; und das war sogar mir neu. Übrigens wurde er später Ordenspriester.

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