Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts. Sandy Palmer
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      Zurück zu Frau Jirka. Sie lud mich ein, sie zu besuchen und mich von ihr bewirten zu lassen, damit ich nicht ganz vom Fleisch falle; ein paar Kilo mehr könnte ich recht gut vertragen (womit sie nicht ganz unrecht gehabt haben dürfte). Und nachdem sie ihre Einladung mehrere Male wiederholt hatte, besuchte ich sie eines Abends und erlebte Unglaubliches, Unerhörtes, Ungeheuerliches.

      Die Bewirtung sah nämlich so aus. Zuerst gab es ein wirklich köstliches Abendessen zu zweit (ihr Sohn war nicht zu sehen), gefolgt von einem kleinen Trinkgelage. Zu diesem Zweck zogen wir uns auf eine bequeme Couch zurück, in die man sich, wie damals üblich, förmlich fallen lassen musste, weil sie so niedrig war. Die Folge war, dass der Saum ihres Kleides über die Knie hinaufrutschte. Weibliche Knie hatten ja unbedingt bedeckt zu sein, und wann immer das Missgeschick passierte, dass sie sichtbar wurden, legten die Frauen größten Wert darauf, das Kleid augenblicklich wieder über die Knie zu ziehen, um nicht als unmoralisches Geschöpf verdammt zu werden.

      Frau Jirka aber achtete nicht darauf. Wahrscheinlich war unsere Stimmung schon viel zu heiter, als dass sie sich um derartige Kinkerlitzchen gekümmert hätte. Mich störte es im Übrigen ebenso wenig. Im Gegenteil, ich konnte meine Augen kaum noch von ihren reizvollen Knien abwenden. Es war, als sende ihr bloßer Anblick eine geheime Botschaft an einen Bereich in mir, der mir bisher verschlossen gewesen war und sich soeben einen winzigen Spalt weit geöffnet hatte. Der Frau Jirka konnte das nicht verborgen bleiben.

      „Oh, entschuldigen Sie“, sagte sie, scheinbar zerknirscht, und begann mit wenig Erfolg am Saum ihres Kleides zu zupfen (aber zugleich lachte ihr der Schalk aus den Augen). „Was werden Sie jetzt von mir denken?“

      Ich beantwortete aber ihre Frage nicht. Angefeuert von jener geheimen Botschaft und wohl auch von Gott Bacchus, griff ich spontan nach ihrer Hand und hielt diese zurück und empfand mit einem Mal höchstes Entzücken, hervorgerufen durch die doppelte Berührung, nämlich ihrer Hand und zugleich ihrer Knie, genauer, ihrer Schenkel – ein nie gekannter Genuss. So überwältigend war er, dass ich es nicht über mich brachte, ihre Hand wieder loszulassen und die Berührung ihrer Schenkel zu beenden. Dabei war es gar nicht deren Haut selbst, die ich berührte, sondern ein zarter Seidenstrumpf.

      „Was ich jetzt von Ihnen denke?“, stieß ich atemlos hervor; denn mich hatte eine merkwürdige Erregung ergriffen. „Dass ich noch nie so was Schönes gesehen habe. Und gespürt schon gar nicht.“

      „Aber gehen Sie“, sagte sie lachend, „meine Knie sind doch alles andere als schön.“

      „Sind sie aber“, sagte ich hitzig.

      „Aber Sie können das ja gar nicht beurteilen. Sie halten ja Ihre Hand drauf. Da müssten Sie schon das Kleid noch ein bisserl hinaufziehen.“

      „Ja, wenn ich darf. Darf ich wirklich?“

      „Aber nicht, dass Sie schlecht von mir denken.“

      „Aber ich bitte Sie. Nie im Leben.“

      Statt einer Antwort ließ sie den Saum ihres Kleides los (und entzog mir zugleich ihre Hand). Dies betrachtete ich als Aufforderung, ihre Anregung in die Tat umzusetzen. Nach einigem Zögern, denn mein Herz hämmerte plötzlich wie verrückt, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und schob den Gewandsaum um wenige Millimeter nach oben, und mein Entzücken verdoppelte sich und verführte mich, zögernd noch ein paar Millimeter anzufügen. Ich hörte Frau Jirka vergnügt kichern, fasste mir ein Herz und schob den Stoff gleich um mehrere Zentimeter hinauf. Und damit lagen nicht nur Geheimnisse von faszinierender Schönheit unverhüllt vor meinen Augen und ließen mich ob ihrer Schönheit leise aufjubeln. Nein, meine vielleicht allzu kühne Hand berührte plötzlich weiche, unglaublich zarte Haut. Nahezu immateriell fühlte sie sich an. Ich hatte die Stelle erreicht, wo die Strümpfe zu Ende waren und am Strumpfbandgürtel hingen. Ich jubelte von neuem auf, und nun schon wesentlich weniger leise als zuvor. Zugleich durchzuckte mich ein wilder Schreck: Jetzt war ich ohne jeden Zweifel zu weit gegangen, und als Nächstes wird mich die Frau Jirka im hohen Bogen hinauswerfen und nie wieder zu einem köstlichen Abendessen einladen. Verwirrt zog ich meine vorwitzige Hand ganz schnell zurück und murmelte eine Entschuldigung, brachte es aber nicht über mich, die Augen von dem Anblick, der sich mir nun bot, abzuwenden und mich seiner geheimen Botschaft zu verschließen. Und zu meinem wachsenden Ärger spürte ich vor allem in meiner Körpermitte, welche Wirkung sie ausübte. Denn schon wieder peinigte mich eine Erektion, und sie peinigte mich sogar doppelt. Zu den körperlichen Qualen gesellte sich die Angst, Frau Jirka könnte etwas merken und sich zusätzlich über meinen Mangel an Anstand entrüsten.

      Aber nein, sie kicherte erneut, griff nach meiner Hand und führte sie wie einen Fahnenflüchtigen dorthin zurück, von wo sie geflüchtet war, sogar noch ein schönes Stückchen weiter oben, so weit nämlich, dass sie ihre Körpermitte berührte, einen Bereich also, den eine männliche oder überhaupt fremde Hand nie und nimmer berühren durfte. Meine Verwirrung steigerte sich noch, als ich entdeckte, dass meine Hand in einem heißen See versank. Noch dazu begann Frau Jirka auf einmal schwer zu atmen, zu keuchen, zu stöhnen. Aber zu meiner Verblüffung hielt sie meine Hand nach wie vor fest, drückte sie sogar in den heißen See. Und als sie sie endlich losließ, flüsterte sie mir ins Ohr: „Tu mich ein bisserl streicheln, ja?“

      Oho, sind wir auf einmal per Du? Und sie meinte offenbar, in dem heißen See zwischen den Schenkeln.

      „Soll ich wirklich?“, flüsterte ich zurück. Und ich stellte fest, dass meine Stimme ähnlich atemlos klang wie die ihre.

      „Ja, ja, bitte“, stieß sie hervor und legte ihren Kopf auf meine Schulter.

      Also begann ich auftragsgemäß diesen geheimen Bereich zwischen ihren Schenkeln zu streicheln und stellte dabei zweierlei fest: Erstens, dass der heiße See immer tiefer wurde, und zweitens, dass sich in meiner Brust ein unbeschreiblich süßes Gefühl ausbreitete (und dass meine Erektion immer peinigender wurde).

      „Nicht so grob, bitte“, hörte ich sie plötzlich stöhnen. Und dann: „Ah, so ist es gut. Du bist ein Schatz.“

      Ich bin ein Schatz? Das hat bisher nur meine Mutter zu mir gesagt.

      Und dann stieß sie unverhofft einen sonderbaren Schrei aus, zuckte ein paarmal heftig und lag dann schwer und wie gelähmt auf meiner Schulter. Vor Schreck war ich selbst gelähmt, wusste vor Verlegenheit nicht aus noch ein. Sollte ich ans Telefon eilen (sie besaß nämlich eines) und die Rettung alarmieren? Aber da hätte ich sie zuvor von meiner Schulter abschütteln müssen, um aufspringen zu können, und davor scheute ich auch wieder zurück. Und als sie endlich ihren Kopf hob, sprang ich noch immer nicht auf, um die Rettung zu alarmieren. Denn sie lächelte mich so süß an, dass ich wie gebannt sitzen blieb und ihr lächelndes Gesicht bewunderte, das mir auf einmal um zehn Jahre verjüngt erschien.

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