Название: Krimi Sammelband 4005: Frohes Mörderfest - 4 Thriller in einem Band
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Триллеры
isbn: 9783745210514
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In dem Raum herrschte tiefste Stille. Katharina kam langsam wieder auf die Füße und ging zu Gröne hinüber. Der Dolch hatte sich bis zum Schaft in seine Brust gebohrt. Der Mann war tot.
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„Und er hat Sie nicht einmal gefragt, wie Sie ihm auf die Spur gekommen sind?“, fragte Kommissar Reese, während er auf Teodor Gröne blickte.
„Es hätte ihn vielleicht interessiert, aber ihm fehlte die Zeit. Er wollte so schnell wie möglich verschwinden. Trotzdem hat er sich dazu verleiten lassen, mir sein kleines Meisterwerk zu zeigen, und das hat ihm den Hals gebrochen. Ohne diese menschliche Schwäche würde ich bestimmt nicht mehr leben.“ Katharina deutete auf die beiden Kästen, die auf dem Tisch standen. „Die Lösung lag darin, dass es unmöglich war, den Bericht, den wir bei Zerban gefunden hatten, in so kurzer Zeit zu schreiben. Die Besprechung, die Stollberg abgehalten hatte, endete um zwanzig Uhr dreißig. Wie konnte der Bericht dann eineinhalb Stunden später bereits fertig getippt sein? Und wo hätte man ihn schreiben sollen? In einem Auto? Vollkommen unmöglich. Was mir zuerst auffiel, war die Tatsache, dass Zerbans Jackett keine Blutspuren auswies. Als Sie mir dann erzählten, dass man seinen blutbefleckten Mantel entdeckt hatte, kam ich zu dem Schluss, dass er getötet wurde, als er ihn trug. Offenbar hatte er ihn nur lose um die Schultern gelegt, sonst wäre es dem Mörder praktisch unmöglich gewesen, ihm den Mantel auszuziehen.“
„Aber warum hat Zerban in seiner überheizten Wohnung einen Mantel getragen?“, fragte Reese.
„Ganz einfach“, entgegnete Katharina. „Als ich am Abend des Mordes vor seiner Tür stand, hörte ich, wie Colditz, wahrscheinlich ganz automatisch ein Fenster schloss. Außerdem stand der Schreibtisch dem Fenster gegenüber. Und weshalb? Damit er einen besseren Empfang hatte. Bedenken Sie, was sich auf der anderen Seite der Spree befindet.“
„Der Sitzungssaal der Stollberg GmbH.“
„Genau. Auf der Schreibmaschine, die er sich auf Grönes Anraten von Elisa Colditz lieh – da dieser heimlich Zerbans eigene Maschine beschädigt hatte -, tippte er den berühmten Bericht, den wir bei ihm gefunden haben, während er Stollbergs Stimme durch den Lautsprecher hörte.“
„Aber welchen Beweis haben Sie, dass er ihn selbst geschrieben hat?“
„Erinnern Sie sich an die Wunde am linken Ringfinger? Fanden Sie es nicht seltsam, das er nicht verbunden war?“
„Ja, der Schnitt war sehr tief und hat bestimmt stark geblutet.“
„Er trug einen Verband. Und der beste Beweis sind die vielen Tippfehler. Alle Buchstaben, die übertippt waren, befanden sich auf der linken Seite der Tastatur. Versuchen Sie mal mit einem großen Verband am Ringfinger auf der Maschine zu schreiben. Sie werden feststellen, dass Sie dauernd zwei Tasten gleichzeitig erwischen. Im Kreis der Verdächtigen befand sich nur ein Mensch, der einen solchen Verband getragen hatte: Eduard Zerban. Selbstverständlich hat der Mörder den Verband abgenommen und vernichtet. Das Gelingen seines Plans hing einzig und allein von dem Bericht ab. Gröne lockte Dietrich Colditz durch einen Telefonanruf in die Falle. Er musste zweifellos als Hauptverdächtiger gelten. Dazu kam noch ein zweiter Umstand. Die bewusste Schreibmaschine gehörte Colditz. Der entscheidende Punkt von Grönes Plan lag darin, dass Zerban den Bericht selber schreiben musste. Ich nehme an, er hat ihm einfach keine andere Wahl gelassen, indem er behauptete, er könne nicht riskieren, auf anderem Weg mit ihm in Verbindung zu treten, weil er ständig überwacht wurde. Zerban hatte kein Telefon. Deshalb ist er auf den Vorschlag eingegangen. Sobald die Sitzung beendet war, drang Gröne mit einem Dietrich in Zerbans Wohnung ein und tötete ihn.“
„Interessant“, murmelte Reese.
„Der Tod ist übrigens früher eingetreten, als der Arzt meinte. Er konnte nicht wissen, dass das Fenster vor Colditz‘ Ankunft offen stand und die Kälte hereinließ. Tatsächlich glaube ich, dass Zerban bereits eine gute Viertelstunde vor meiner Ankunft ermordet wurde, das heißt also zwischen einundzwanzig Uhr und einundzwanzig Uhr fünfzehn.“
„Ja, das ist gut möglich“, stimmte Reese ihr zu.
„Gröne fühlte sich vollkommen sicher, denn schließlich hatte er mich mit Stollberg weggehen sehen. Er wusste genau, dass der starke Verkehr mein Auftauchen verzögern würde, während er selber nur die Spree überqueren musste. Schon deshalb ist es ganz natürlich, dass er sich unter den ersten Gästen befand, die zur Feier der Wuttkes kamen. Der Clou des Ganzen war jedoch, dass Gröne die Gläser von Zerban vernichtete und neue mitbrachte, von denen eines seinen eigenen Fingerabdruck trug. Dieses Detail hätte beinahe unsere Theorie zusammenbrechen lassen wie ein Kartenhaus. Wer hätte gedacht, das Gröne so weit gehen würde und absichtlich seinen Fingerabdruck am Tatort zurücklässt? Wir waren der Meinung, dass uns der Mörder damit auf eine falsche Spur locken wollte. Aber gerade das war es, was Gröne beabsichtigte.“
„Ja, der Plan war nicht schlecht“, sagte Reese.
„Trotzdem hat Gröne einige Fehler begangen. So zum Beispiel, als er Elisa am Heiligabend einen Besuch abstattete. Zweifellos, um zu überprüfen, ob alles so lief, wie er es geplant hatte. Bei dieser Gelegenheit hat er den Schlüssel zu der Villa, den ihm die junge Frau wahrscheinlich während ihrer Affäre mit ihm anvertraut hatte, zurückgebracht. Aber er stellte sich dabei ziemlich ungeschickt an. Er hatte den Schlüssel nämlich auf den Schreibtisch gelegt. Als ich kurz zuvor einen Blick auf die Platte warf, war sie leer. Bei der Ermordung von Elisa ist er hingegen sehr schlau vorgegangen, weil er alles so aussehen ließ, als hätte der Täter die Einrichtung des Hauses nicht genau gekannt. In Wirklichkeit wusste er natürlich sehr gut Bescheid. Schließlich war er ein Nachbar.“
„Und wie sind Sie Gröne auf die Spur gekommen?“, wollte Reese wissen.
„Felix Wuttke war derjenige, der mich darauf gebracht hat, als er mir sagte, dass Gröne als Erster zu der Besprechung erschienen war. Ich hatte schon lange überlegt, ob sich der Spion und der Verräter mittels einer Sendeanlage verständigten, und ich wusste, dass er beim Aufbau dieses Geräts nicht beobachtet werden durfte. Deshalb ist er vor den anderen gekommen, was nicht besonders schwer war, denn schließlich konnte jeder den Raum betreten.“
„Aber ging er damit nicht ein gewaltiges Risiko ein?“, fragte Reese.
„Kaum. Er hat den Sender auf das Fensterbrett gestellt, wo er vom Weihnachtsbaum verdeckt wurde.“
ENDE
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