Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser. Alfred Bekker
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      »Und was belieben Durchlaucht zu speisen?«

      »Frankfurter Würstchen mit Kartoffelsalat«, orderte der Fürst. »Dazu ein nicht zu kaltes Bier.«

      Fürst Boris von Hambach war ein stattlicher Mann Mitte Fünfzig, der dank der Hinterlassenschaften seiner Vorväter steinreich war und ein wunderschönes Schloss im Herzen des Odenwalds bewohnte. Seine Frau Hiltrud hatte ihn vor mehr als zwanzig Jahren nach sechsjähriger, anstrengender Ehe verlassen, weil sie seine herrische Art nicht länger hatte ertragen können. Ihren erstgeborenen und einzigen Sohn Alexander hatte sie mitgenommen. Zu einer Scheidung war es nie gekommen, denn keiner der beiden Beteiligten hatte ein Interesse daran gehabt. So waren Boris und Hiltrud zwar immer noch miteinander verheiratet, aber gesehen hatten sie sich seit Jahren nicht mehr.

      Fürst Boris war, wenn man seiner Dienerschaft glauben wollte, ein missmutiger, ständig nörgelnder Mann. Man konnte ihm nie etwas recht machen. Mit sich selbst und der Welt unzufrieden zu sein, war ein Dauerzustand bei ihm. Warum wusste keiner. Er selbst vermutlich auch nicht. Dabei hatte er alles, was ein Mensch sich nur wünschen konnte. Er besaß ausgedehnte Ländereien, Wälder und Weinberge, seine diversen Firmen und Beteiligungen warfen erhebliche Gewinne ab, und auch sonst stimmte alles. Trotzdem sah oder hörte man ihn nur ganz selten einmal lachen. Es war, als würde er jeden Morgen mit dem falschen Fuß aus dem Bett steigen.

      Sein griesgrämiger Gesichtsausdruck war in und um Hambach schon sprichwörtlich geworden. Man ging ihm geflissentlich aus dem Weg und trat nur, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, persönlich vor ihn hin. Und wenn man ihn dann wieder verließ, hatte man meist die gleiche schlechte Laune wie er.

      Ältere Bürger Hambachs wussten zu berichten, dass Boris’ Vater ein ähnlich unausstehlicher, herrischer Mensch gewesen war. Diese Wesensart schien demnach erblich zu sein. Jedenfalls war der heutige Fürst von Kindesbeinen an in die Fußstapfen seines Erzeugers getreten. Richtige Freunde hatte er dadurch niemals besessen. Selbst seine Schwestern Susanna und Sabrina hatten nie geschwisterliche Gefühle für ihren Bruder gehegt. Nach ihrer Hochzeit hatten sie beide jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen.

      Nur einmal in seinem Leben hatte Fürst Boris gezeigt, dass er durchaus charmant und liebenswert sein konnte. Es war die Zeit gewesen, als er um seine Hiltrud geworben hatte. Kaum hatte er sie für sich gewonnen und zum Traualtar geführt, war er in den alten Trott verfallen und hatte ihr sein wahres Gesicht offenbart. Hiltruds Traum vom lebenslangen Glück an der Seite eines geliebten Mannes war bereits nach wenigen Wochen wie eine Seifenblase zerplatzt. Dass sie es dennoch sechs Jahre mit ihm ausgehalten hatte, erschien so manchem wie ein Wunder, ein Wunder an Geduld und Nachsicht.

      Fürst Boris hatte die Flucht seiner Frau erstaunlich gelassen hingenommen. Vielleicht hatte er erkannt, dass er nicht für eine Ehe geschaffen war. Auch auf den Kleinen, der damals kaum vier Jahre alt war, hatte er ohne großen Widerstand verzichtet.

      »Ihr kommt schon wieder, wenn es euch dreckig geht«, hatte er prophezeit, als sie gegangen waren. »Denn von mir bekommt ihr keinen Pfennig.«

      Aber Hiltrud und ihr kleiner Sohn waren niemals zurückgekehrt. Und dreckig war es ihnen auch nie ergangen, denn ganz mittellos war die Fürstin nicht gewesen. Ihre Großtante Adelheid hatte ihr ein beträchtliches Vermögen hinterlassen, von dessen Zinsen es sich bei nicht zu hohen Ansprüchen recht angenehm leben ließ. Außerdem verfügte sie über einen geschulten Verstand und zwei fleißige Hände. Hiltrud hatte sich nicht gescheut, beides zur Aufbesserung ihrer finanziellen Verhältnisse einzusetzen.

      Der Fürst hatte seiner Frau und seinem Sohn kaum nachgetrauert. Ältere Bedienstete des Schlosses erzählten allerdings, sein Verhalten wäre nach deren Verschwinden noch unerträglicher geworden. Und so war er all die Jahre über allein geblieben.

      Fürst Boris trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Platte des großen Esszimmertisches, an dem er Platz genommen hatte. Gäste sah der prächtig eingerichtete Raum nur ganz selten. Wer wollte schon freiwillig mit diesem Griesgram speisen? Und Einladungen sprach der Fürst kaum einmal aus. Ihm schmeckte es, auch wenn es keinen gab, mit dem er sich dabei hätte unterhalten können. Oder es schmeckte ihm nicht - so wie heute.

      Als das Telefon läutete, erhob er sich brummig und nahm ab. »Wie oft muss ich Ihnen noch erklären, dass ich während des Essens nicht gestört werden möchte?«, fuhr er den Butler an, der das Gespräch vom Hauptanschluss in der Halle zu ihm in den Speisesalon legen wollte.

      »Entschuldigen Sie bitte«, erwiderte Butler Karl, »aber die Dame am anderen Ende der Leitung lässt sich leider nicht abwimmeln. Sie behauptet, Ihre Cousine Herta von Kirst aus den Staaten zu sein.«

      »Herta von Kirst?« Fürst Boris legte seine Stirn nachdenklich in Falten. »Sagt mir nichts, dieser Name. Oder doch?«

      Jetzt fiel es ihm wieder ein. Herta war die Tochter seines Onkels Tassilo, einem Bruder seines Vaters. Sie hatte vor vielen Jahren den Deutschamerikaner Hugo von Kirst geheiratet, der in Texas Rinder und Pferde züchtete und erfolgreich nach Öl bohrte. Auch von ihr hatte Boris seit langer Zeit nichts mehr gehört. So wie er von kaum einem seiner Verwandten je etwas hörte.

      »Was soll ich tun?«, erkundigte sich Butler Karl.

      »Stellen Sie durch!«, grollte der Fürst. »Und dann sehen Sie mal gleich in der Küche nach, was meine Würstchen machen.«

      »Sehr wohl, Durchlaucht«, entgegnete der Diener. »Es kann aber durchaus noch ein paar Minuten dauern. Selbst Würstchen mit Kartoffelsalat müssen erst zubereitet werden. Ich verbinde Sie unterdessen mit Ihrer Cousine.«

      »Hallo«, meldete sich der Fürst. »Hier spricht Boris von Hambach.«

      »Und hier Herta von Kürst. Ist das nicht eine Überraschung, mein Lieber? Kannst du dich überhaupt noch an mich erinnern?«

      »Dunkel«, räumte Fürst Boris ein. »Und was verschafft mir die unerwartete Ehre deines Anrufes?«

      »Wie geht es dir denn?«, ging Herta zunächst nicht auf seine Frage ein.

      »Danke«, versetzte der Fürst. »Bis auf die Tatsache, dass meine Bediensteten es nicht fertigbringen, mir pünktlich ein annehmbares Mittagessen zu servieren, geht es mir gut.«

      »Dann störe ich dich wohl gerade beim Essen?«

      »Du kannst mich, wie gesagt, nicht stören, weil nichts auf dem Tisch steht«, knurrte der Fürst. »Was gibt es also?«

      »Es handelt sich um Jenny.«

      »Jenny? Wer ist Jenny?«

      »Jenny ist meine Tochter«, erklärte Herta von Kirst.

      »Ich wusste gar nicht, dass du eine Tochter hast.«

      »Ich habe auch noch einen jüngeren Sohn«, berichtete die Cousine. »Hast du seinerzeit nicht die Geburtsanzeige erhalten? Ich bin sicher, dass ich sie dir geschickt habe?«

      »Ich kann mich nicht erinnern«, erwiderte der Fürst. »Vermutlich ist es ja auch eine Weile her?«

      »O ja.« Herta von Kirst kicherte. »Bei Jenny sind es einundzwanzig Jahre her, bei Michael neunzehn.«

      »Herzlichen Glückwunsch«, brummte Fürst Boris. »Falls ich damals vergessen haben sollte, dir zur Geburt deiner Kinder zu gratulieren.«

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