Название: 5 lange und 7 kurze Krimis
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745213164
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Längst konnten sie den Schlitten nicht mehr benutzen und hatten ihn an der Schneegrenze stehenlassen. Helen hing mehr als sie ging zwischen Alexander und James, manchmal auch zwischen Bradley und Le Beau, die sich seit Tagen nicht mehr angifteten, sondern ziemlich vernünftig miteinander auskamen.
Die Herde war Jans Endstation. Hier fand er seine Familie, lauter schmaläugige Leute mit breiten Gesichtern. Kinder, Frauen, junge Burschen, zwei Männer wie Jan in ihrer obskuren Kleidung.
Jan berichtete, die Familien luden seine neuen Bekannten ein. Bradley warfen sie schiefe Blicke zu, doch sie schienen ihn zu dulden.
Doch Jan half weiter. Einer der jungen Burschen wurde losgeschickt, während die Gäste wie gute alte Freunde bewirtet wurden, während sich die Frauen um Helen kümmerten und ihre Erfrierungen behandelten. Nach vier Tagen kam der junge Bursche wieder mit einem Mann, der einen Landrover fuhr. Ein Mann mit einem breitkrempigen Hut und einer knallroten Jacke. Mounted Police.
Bradley, der vor Tagen gedroht hatte, einen Polizisten zu suchen, sagte keinen Ton. Alexander aber sprach mit dem Beamten, berichtete ihm und sagte ihm auch, worum es ging.
Von da an spielte sich alles rasant ab. In einer kleinen Siedlung namens Kittyhawk, in die der Polizist Alexander und Helen Teflin brachte, wohnte nicht nur ein Arzt, der abermals nach Helens Frostbeulen sehen konnte, sondern auch ein Bezirkspolizist, der richterliche Funktionen erfüllte, wie das in Kanadas Wildnisgebieten üblich ist.
Helen machte ihre Aussage, der Polizist nahm sie vor zwei Zeugen, einem Handwerker aus dem Ort und einem zweiten Polizisten, auf, gab sie telegrafisch nach Vancouver weiter und versicherte. man werde von dort aus Kontakt mit den amerikanischen Behörden suchen.
Am übernächsten Tag sollten sie alle in Vancouver sein. Es gab für die Polizei einiges zu klären, was die Notlandung und den Zwischenfall mit den beiden Jetstreams anging, aber auch die Befreiung Helens aus der Anstalt betreffend.
Ein unabhängiger Nervenarzt wartete schon darauf, Helen Teflin in Vancouver zu untersuchen.
26
Vancouver, drei Tage später. Grand Hotel Imperial, 4. Stock. Die von Robert bestellten Zimmer waren zwar anderweitig vergeben worden, aber man hatte andere frei. Drei Zimmer nebeneinander. In ihnen wohnte der Baron, mit ihm Le Beau. Daneben Helen Teflin; im dritten Zimmer hatte sich James mit Robert einquartiert. Bradley, der seine Aussage zu Protokoll gegeben hatte, war in die Staaten zurückgekehrt, dort aber nicht geblieben, sondern nach Inkasso seines Gehaltes nach Mexiko geflogen, wo er einen neuen Job zu kriegen hoffte. Von seinen Drohungen hatte er keine wahrgemacht.
Helen Teflin befand sich im Augenblick bei jenem Nervenarzt, der sie auf ihren Geisteszustand untersuchen sollte. Le Beau, James und ein Polizeibeamter hatten sie zur Praxis des Arztes begleitet. Der Baron und Robert saßen in des Barons Hotelzimmer zusammen.
Der Baron hatte geduscht, trug eine Hausjacke, legere Hosen und schmauchte genussvoll eine Zigarre. Vor ihm stand ein Glas Bourbon, lag die neueste Zeitung und lockte ein grellfarbiger Prospekt, der das Top Variete in Vancouver anpries.
Robert, der indessen die Erlebnisse kannte, die seine Freunde hinter sich hatten, machte ein sorgenvolles Gesicht.
„Ich wollte es nicht gleich sagen, aber nun müssen Sie es erfahren, Sir: Wir werden hier beschattet. Deshalb bestand ich darauf, dass Miss Teflin unbedingt Schutz braucht.“
„Wer?“
„Ich vermute, es ist der Konzern. Der Trick mit dem Double ist so gut wie daneben. Es geht ihnen womöglich nicht mehr darum, sie in eine Irrenanstalt zu schieben. Ich glaube, Sir, jetzt hätten sie Miss Teflin am liebsten unter der Erde.“
„Die Aussage ist gemacht“, erwiderte Alexander.
Robert, mit der Stirn eines Dackels, sorgenumwölkt und furchig, sagte widersprechend: „Die zählt erst, wenn es ein Gutachten gibt, das sie als normal ausgibt. Man wird versuchen, sie heute noch umzubringen, würde ich meinen.“
Der Baron überlegte.
„Es müsste wie ein Unfall aussehen.“
„Sollte man denken, Sir.“
„Gut, Robert, dann werden wir nicht länger warten. Warum haben Sie das nicht früher gesagt?“
„Vorher bestand noch keine Gefahr. Die besteht erst seit jetzt, Aber noch ist sie beim Arzt.“
„Rufen Sie dort an! Sie soll dort warten. Ich werde ... Psst! Was ist das?“ Er lauschte. Dann stand er auf, zog die Schuhe aus und bedeutete Robert, nicht wegzugehen, sondern regungslos zu warten. „Sprechen Sie weiter!“, sagte er. Dann huschte er zum Fenster. Draußen goss es in Strömen. Auf dem Balkon standen Pfützen. Trotzdem öffnete Alexander leise die Tür zum Balkon, glitt hinaus, zog sich zu Roberts Entsetzen über die Balkonbrüstung und verschwand plötzlich in Richtung auf Helen Teflins Zimmer.
„Mein Gott!“, stöhnte Robert, aber dann tat er, was man ihm geheißen hatte, und redete, als befände er sich in angeregter Unterhaltung.
27
Alexander stieg auf einem mit Zinkblech belegten, zwanzig Zentimeter breiten Sims entlang, die Hände an der Dachrinne, die sich bedrohlich verbog. Als er auf dem glitschig nassen Blech bis neben das Fenster gekommen war, das zum Zimmer Helens gehörte, beugte er sich ein wenig zur Seite und konnte ins Zimmer sehen. Und was er sah, verschlug ihm den Atem.
Da kniete ein Mann in Kellnerkleidung, hantierte mit einem Kabel am eisernen Bettgestell, und bald sah Alexander auch, was das zu bedeuten hatte. Der Bursche da machte mit Hilfe eines Lampenkabels das Bett zu einem elektrischen Stuhl. Wenn Helen es nur anfassen oder sich darauf setzen sollte, bekäme sie einen möglicherweise tödlichen Schlag. Der Kerl hatte die Leitung so verlegt, dass es aussah, als sei sie defekt gewesen, und der Unfall wäre ein Zufall. Aber es war praktisch ein glatter Mordanschlag.
Damit auch nichts misslänge, goss der Bursche zuletzt auch noch Wasser oder etwas Ähnliches auf dem Fußboden vor dem Bett aus. Dann besah er sich sein Werk.
Der Baron machte, dass er wegkam. Vorsichtig arbeitete er sich wieder zurück. Kaum hatte er sein Zimmer wieder betreten, rief er Robert zu: „Polizei anrufen! Schnell! Sollen kommen!“ Und schon war er auf dem Gang, sprang mit zwei Sätzen zur Tür von Helens Zimmer und wartete. Da ging die Tür schon auf.
Alexander redete nicht, diskutierte nicht, fragte nicht. Er schlug nur zu. Der dunkelhaarige Bursche, der wie ein Kellner gekleidet war, sackte zusammen, drohte nach hinten umzukippen, aber der Baron packte ihn und hielt ihn fest.
„So jung, und doch schon ein СКАЧАТЬ