Название: Das Geheimnis des wahren Evangeliums - Band 1
Автор: Johanne T. G. Joan
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Контркультура
Серия: Das Geheimnis des Evangeliums der Essener
isbn: 9783347094482
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Als in seiner näheren Verwandtschaft eine Cousine namens Claudine von einer Sekte in die andere geriet und sich berufen fühlte, die ganze Familie, Freunde und Bekannte zu bekehren, kam er zum ersten Mal mit der Heiligen Schrift in Berührung. Seine Cousine hatte ihr Wesen völlig verändert und verhielt sich wie in Trance, wie von einem Wahn-Virus infiziert. Sie zog los, der Welt um sich herum die „frohe Botschaft“ zu verkünden. An der Art aber, wie die Cousine vorging, konnte man erkennen, dass sie, seitdem sie zu „dem Glauben“ gefunden hatte, unter einer unterschwelligen Angst vor der ewigen Hölle litt und über die Zahl ihrer Bekehrten heraus die Hoffnung hegte, sich für das Jenseits Pluspunkte sammeln zu können, um dem Schwefelpfuhl zu entkommen.
Sie hantierte stets mit einer Bibel in der Hand und versuchte bei denen, die ihr Gehör schenkten, anhand von Bibelversen, die sie mittlerweile auswendig kannte, durch die Einsicht ihrer eigenen vergangenen Verstöße gegen den vermeintlichen Willen Gottes, andere für den christlichen Glauben zu gewinnen.
Sie selbst war geschieden und betitelte zum Beispiel diejenigen, die einen geschiedenen Partner geheiratet hatten, bibelgemäß als Ehebrecher. Um dem Ort der ewigen Verdammnis zu entkommen aber sollte der bereits Geschiedene zu dem ersten Ehepartner, der wiederum mit einem anderen Partner eine Familie gegründet hatte, zurückkehren. Sie richtete mit ihrer neuen Ordnung so viele Schäden an, dass sie sich viele Feinde machte und sie niemand mehr ins Haus hereinließ. Als sie in den Häusern nicht mehr Zutritt hatte, flatterten regelmäßig Briefe von ihr in die Briefkästen mit Bibelversen oder gar ganzen Kapiteln, die sie feinsäuberlich abschrieb, mit Ermahnungen zur Rückkehr und Warnungen mit furchtbaren und grausigen Schilderungen des Hades, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen.
Die geplagte und über allen Maßen empörte Familie lebte in der Hoffnung, dass sich der Peiniger irgendwann die Finger wundgeschrieben hätte, das wäre das Ende der Belästigung gewesen. Doch die Rechnung ging nicht auf, denn als die Missionarin auf die Idee kam, ihre Urteilsverkündungen maschinell zu kopieren, wurde die Sache immer professioneller.
Die Läuterungsbriefe, die einerlei wann ungelesen im Papierkorb landeten oder dem Absender zurückgesandt wurden, häuften sich. Zum Schluss schrieb sie nur noch Postkarten mit kurzen unmissverständlichen Ermahnungen, die, gleich einem Dieb, der die kurze Unachtsamkeit seines Opfers ausnutzt, um ihn zu beklauen, bereits gelesen wurden, bevor der Empfänger realisierte, dass sie die Urheberin war. Ihr schlossen sich dann auch Gleichgesinnte an, die sie bekehrt hatte und die ebenfalls zu der Plage ihren Beitrag leisteten. Die Lage war nun nicht mehr zu ertragen.
Claudine und ihre Komplizen hatten endgültig den Ruf Gottes in Misskredit gebracht und bewirkten schließlich, dass alle diejenigen, die sie bedrängt hatten, unwiderruflich die Bereitwilligkeit aufgaben, jemals überhaupt an irgendetwas zu glauben.
Durch ihr abschreckendes Beispiel und ihre penetranten Bemühungen Christen zu gewinnen, hatte sie das Gegenteil erreicht und potentielle Diener Gottes in die Flucht getrieben.
Die lädierte, gar traumatisierte Gesellschaft war sich nun endgültig einig: niemand kann auf dem Wasser laufen; niemand kann dem Wind gebieten; niemand kann verweste Leichname zum Leben erwecken und überhaupt: Es gibt keinen Gott.
Nachdem sie ein Fiasko in ihrer durchlöcherten Geburtsstadt hinterlassen hatte, zog die Cousine fort, um andere Orte unsicher zu machen.
Die Aufklärungsattacken der Cousine führten dennoch dazu, dass Gilberto unfreiwillig gezwungen war, sich mit der Bibel auseinanderzusetzen, sodass er sich darin mittlerweile ziemlich gut auskannte.
Eine ganze Weile wollte er von Gott und von Glauben, egal wie sich die Brüder bezeichneten, nichts mehr hören und dass die Bibel mit ihren vielen Widersprüchen und mit der Aufforderung sogar Frauen und Kinder, für die Verkündung des Evangeliums, zu verlassen, nicht das Wort Gottes sein konnte, daran bestand für ihn kein Zweifel.
Erst als er fortzog und den Cousinen-Sturm hinter sich ließ, konnte Gilberto nach Jahren seine Gedanken über Gott nach und nach neu aufbauen. Auch wenn die Cousine den Namen Gottes zu ihren Zwecken missbraucht hatte, konnte er nicht die Existenz einer höheren Macht, die Himmel und Erde erschaffen hatte, leugnen. Es durfte nicht sein, dass diese Fanatikerin zwischen ihn und Gott einen Riegel geschoben hatte. Es durfte nicht sein, dass er seine Spiritualität von Stümpern, Dilettanten und Fanatikern bestimmen ließ. Und die, die es zuließen, waren in seinen Augen wie kleine Kinder, die, indem sie die Augen schließen, meinen plötzlich unsichtbar zu sein. Es war an der Zeit, sich mit Gott, wer immer er war, zu versöhnen. Es war an der Zeit, das zertrampelte Feld seiner Spiritualität neu zu bestellen und zu besäen.
18. Kapitel
Er hatte es vorausgesehen! Das Verhältnis zu seinen Kollegen hatte sich seit seiner Entdeckung zu einer ausgesprochenen Heuchelei entwickelt und eine tiefe Macke erlitten. Die Geheimniskrämereien gingen ihm gegen den Strich. Wie gern hätte Carlucci das Resultat seiner bisherigen Recherchen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse mit anderen Geistlichen, mit Bischöfen, Kardinälen oder gar mit dem „Heiligen Vater“ besprochen. Er wusste aber, dass das Offenlegen seiner Arbeit ein gefährliches Unterfangen gewesen wäre, denn wie es aussah, war das Wissen um eine andere Wahrheit von höheren Stellen nicht unbekannt und alles deutete darauf hin, dass gerade im Vatikan niemand daran Interesse hatte, diese neue Ur-Wahrheit offenzulegen. Alles sollte so bleiben, wie es war, wie damals im ersten Jahrhundert n. Chr., als die Römer die wahre Botschaft mit einer Lüge ersetzten. Solange das Essener-Evangelium im Geheimraum der Geheimarchive vor sich hinschlummerte, wäre alles in bester Ordnung. Gnade aber Gott dem, der es wagen würde, das Evangelium aus seinem Grabe auferstehen zu lassen… Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf der Heuchler-Schiene fortzufahren und seine Arbeit weiterhin streng geheim zu halten.
Schrittweise gestand er sich zu, sich all die Jahre selbst belogen zu haben, eine Vogel-Strauß-Politik geführt zu haben und die Zweifel, die er gegen die Kirche hegte, mit dem Wunsch, es möge alles so sein, wie es ist, beerdigt und die Augen vor dem Offensichtlichen geschlossen zu haben.
In Anbetracht der wunderbaren Botschaft, die der Essener Jesus, wer immer er auch war, Johannes der Täufer oder Jesus der Täufer, vermittelte; angesichts einer Wahrheit, die derart einleuchtend, einfach und keines Studiums brauchte und bedurfte, um verstanden zu werden, kam ihm die Kirche mit ihrer Hierarchie der Diener Gottes, mit ihren Priestern, Pastoren, Bischöfen, Erzbischöfen, Kardinälen bis hin zum Heiligen Vater nunmehr wie die wahren Heuchler vor. Diese Menschen, die, wie er selbst, ganze Studien in Theologie absolvierten und mit beeindruckenden Titeln und Interpretationen der Schriften, dem Volk vormachen, die absolute Erkenntnis über die göttliche Wahrheit zu besitzen, kamen ihm nun wertlos und überflüssig vor.
Die kostspieligen und luxuriösen Zeremonien, Riten und Feierlichkeiten in Kirchen, Domen und Kathedralen der ganzen Welt, die in erster Linie mit Spendengeldern finanziert wurden, sahen mittlerweile in seinen Augen wie eine große Zirkusveranstaltung aus, die mit viel Prunk und Aufwand dem Volk als Symbol der Macht vorgeführt wurde, um es stets daran zu erinnern, dass die Kirche den Schlüssel zu seiner Seele besitzt. In seinen Augen war die Kirche, der er nur noch auf dem Papier angehörte, nicht mehr und nicht weniger als eine große Bank, die die Gelder im Namen der Nächstenliebe eintrieb und verwaltete. Eine Einrichtung, die im Namen Gottes kaufte und verkaufte, Reichtümer in Milliardenhöhe ansammelte, während nicht weit entfernt von ihr, in diesem Augenblick, unzählige Kinder eines Hungertodes starben.
Was benötigte der Prophet wirklich, um den Menschen den Willen Gottes zu vermitteln. Nichts außer seiner Weisheit und seiner Liebe.
Er СКАЧАТЬ