Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker страница 21

СКАЧАТЬ Im Schein der Schlossbeleuchtung wirkte ihr Teint blass.

      "Ich wollte niemanden erschrecken", sagte sie.

      Susanne atmete tief durch.

      "Ich hoffe, es geht Ihnen inzwischen etwas besser!"

      "Es geht so. Der Arzt hat mir etwas Bettruhe verschrieben, aber wenn ich mich immer an das gehalten hätte, was Ärzte mir geraten haben..." Christiane von Buchenberg-Selm machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann fuhr sie nach kurzer Pause fort: "Ich wollte etwas an die frische Luft und da sah ich euch beide ... Ich möchte euch zu eurer Verlobung gratulieren."

      "Danke", sagte Wilfried etwas reserviert.

      Dann drehte Christiane sich um und ging davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

      Was mag sie nur im Schilde führen?, dachte Susanne von Radvanyi dabei.

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      "Es ist also wirklich dein Ernst?", vergewisserte sich Wilfried von Eichenbach noch einmal. "Du willst hinab in die alten Verliese und Gänge unter dem Schloss?"

      "Ja", flüsterte Susanne.

      Wilfried hatte inzwischen für sie beide zwei starke Taschenlampen besorgt.

      In der Eingangshalle gab es eine verschlossene Tür, die hinunter in die unterirdischen Gänge führte. Wilfried schloss diese Tür auf. Sie stiegen eine schmale Wendeltreppe hinab. Dann erreichten sie einen gewölbeartigen Gang, der sich nach einigen Metern schließlich verzweigte.

      "Du kennst dich hier unten aus?", fragte Susanne.

      "Ein wenig", erwiderte Wilfried. "Als Junge bin ich manchmal hier unten herumgestromert, obwohl mein Vater mir das eigentlich strikt verboten hatte, weil es natürlich viel zu gefährlich war... aber das war mir gleichgültig." Wilfried zuckte die Achseln. "Heute bin ich natürlich ein bisschen klüger - hoffe ich zumindest!"

      "Wie begraben fühlt man sich hier unten!", meinte die junge Baroness ergriffen, während sich der Gang erneut verzweigte.

      Der feuchte Modergeruch stieg ihr in die Nase.

      "Vor sehr langer Zeit, hat man hier unten Gefangene eingesperrt. Sie mögen sich wirklich lebendig begraben gefühlt haben", sagte Wilfried. "Hier unten gibt es ein regelrechtes Labyrinth aus verschiedenen Gängen. In der Bibliothek gibt es sogar einen Plan davon, der aber nur die Hälfte stimmt. Ursprünglich gab es von hier unten aus wohl auch mal einen Fluchttunnel, der im Falle einer Belagerung benutzt werden konnte. Aber der ist in späteren, friedlicheren Zeiten zugemauert worden..."

      Wie viel er über die Katakomben weiß, ging es ihr durch den Kopf. Und auf einmal war die Leichtigkeit, die sie noch vor kurzem empfunden hatte, wie weggeblasen. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Und insgeheim bereute sie bereits, hier her gekommen zu sein....

      Was dachtest du, hier zu finden?, fragte sie sich selbst.

      Du bist von einer fixen Idee besessen. Sie ist es, die dein Glück zu zerstören droht, Susanne! Sie - und nichts anderes!

      Dieser Gedanke hämmerte geradezu in ihrem Kopf. Sie konnte nichts dagegen tun.

      Währenddessen wanderten die Lichtkegel ihrer Lampen an den kahlen Steinwänden entlang, die vor vielen Jahrhunderten errichtet worden waren.

      Dann hielt Susanne plötzlich inne.

      Blankes Entsetzen packte sie, als der Schein ihrer Lampe einen Armreif beleuchtete, der auf dem feuchten Boden lag.

      Das Schmuckstück einer Frau!, ging es Susanne schaudernd durch den Kopf. Sie bückte sich und hob den Reif auf.

      "Was hast du da?", fragte Wilfried.

      Susanne beleuchtete die Innenseite des Armreifs.

      Dort war eine Gravierung. In schwungvollen Buchstaben stand dort: Lisa. In Liebe.

      Susanne sah Wilfried an.

      Einen Augenblick lang wurde sein Licht durch den Schein der Lampen beleuchtet, bevor es im Schatten versank. Aber dieser eine Augenblick reichte Susanne. Er weiß ganz genau, was ich in der Hand halte!, ging es ihr schaudernd durch den Kopf.

      Ein Schmuckstück der unglücklichen Lisa Reindorf...

      Sie war hier unten!, durchzuckte es Susanne. Welch eine andere Erklärung konnte es dafür geben, dass dieses Schmuckstück hier unten zu finden gewesen war?

      Susanne wich einen Schritt vor Wilfried zurück.

      Das Glück, das noch vor kurzem so überwältigend gewesen war, dass Susanne es kaum hatte fassen können, war nun wie fortgeweht...

      Nichts schien davon übrig geblieben zu sein.

      "Susanne, gib mir den Armreif", sagte Wilfried ruhig.

      Er streckte die Hand aus.

      "Nein", flüsterte Susanne.

      "Aber, warum nicht? Komm, sei vernünftig..."

      "Sie war hier unten, nicht wahr?"

      "Susanne!"

      "Wilfried, was hast du mit ihr getan?"

      Wilfried näherte sich noch einen weiteren Schritt.

      "Bleib, wo du bist!", rief Susanne, während sie ein Stück den Gang entlangstolperte. Angst hatte sie erfasst. Ich habe Christiane Unrecht getan, dachte sie. Die Komtesse mochte unter einer psychischen Erkrankung leiden, so dass sie kaum jemand für voll nahm. Aber offensichtlich war die Geschichte, die sie erzählt hatte, nicht bloß ein Produkt der reinen Fantasie.

      Den Beweis halte ich hier in der Hand, dachte Susanne.

      "Susanne, bleib hier!", rief Wilfried, als sich die junge Baroness noch weiter in den dunklen Gang hinein flüchtete.

      "Was hast du jetzt vor, Wilfried? Jetzt, da ich die Wahrheit erkannt habe..."

      "Susanne!"

      "Soll ich auch verschwinden? So wie Lisa Reindorf?"

      "Susanne! So sei doch vernünftig!"

      Doch längst schon regierte die Panik in der jungen Baroness.

      Sie stolperte weiter vorwärts, den Gang entlang. Sie begann zu rennen und hörte hinter sich Schritte. Wilfrieds Schritte. Er folgte ihr offenbar. Niemals hätte ich hier hinabsteigen sollen!, ging es ihr durch den Kopf. Jetzt, da ich die Wahrheit kenne, bleibt ihm eigentlich nichts anderes übrig, als auch mich umzubringen - wenn er nicht riskieren will, überführt zu werden.

      Susanne rannte um ihr Leben.

      Die Kraft der Verzweiflung verlieh ihr mehr Atem, als sie je in sich gespürt hatte.

      Der Gang teilte sich.

      Sie rannte kurz СКАЧАТЬ