Der Steinzeitmensch in uns - Wie uralte Programme uns unbewusst steuern, wir aber trotzdem zivilisiert sein können. Wolfgang Issel
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СКАЧАТЬ 4.0 mit präzisen oder sogar austauschbaren Produkten in Serie, dafür lauter schlampig dahingeworfene Unikate mit superbreiter Streuung in ihren Eigenschaften und Fähigkeiten, viele davon sogar körperlich oder mental hart auf Kante genäht. Die Natur wirft all diese Unikate auch mit ihren vielen Variationen und auch noch so doofen Macken auf den Markt von Wohlleben und Fortpflanzung und lässt das Ganze dort vor sich hin köcheln. Nichts wie raus mit immer neuen Versionen: groß, klein, dick, dünn, gescheit oder nicht, teils mit absonderlichen Macken und furchterregenden Vorlieben. Die ganze Mischpoke wird auf den großen Markt geworfen, um sich dort zu bewähren. Mal sehen, wer sich unter den gegebenen Umständen durchsetzt und vermehrt, wer sich der aktuellen Umwelt und seinem persönlichen Umfeld am besten anpasst oder es nach seinen Wünschen selbst formt.

      Die Natur erschafft in der ihr eigenen pragmatischen Art nach dem Gießkannenprinzip Lebewesen, die in der Lage sind, sich nicht nur an die eben herrschenden Verhältnisse anzupassen, sondern die darüber hinaus so flexibel agieren können, dass sie auch schnellen und extremen Veränderungen ihrer Umwelt, z. B. durch Vulkanaktivitäten, Einschläge von Meteoriten oder auch einem galoppierenden Klimawandel gewachsen sind. Das Rezept der Natur: Nicht nur das Gegenwärtige beherrschen, sondern darüber hinaus durch breiteste Streuung Vorkehrungen für Überraschendes treffen! Die Nachteile einer Strategie überbreiter Streuung sind hohe Kollateralschäden durch viele nicht genügend angepasste Individuen: zu hohe Bevölkerungsdichte, daher Hunger, Krankheiten und Verteilungskämpfe.

      Der Natur ist das alles egal, sie hat weder ethische noch humane und schon gar keine humanistischen Hemmungen. Sie ist ja auch niemand Fassbares, verfügt weder über Plan noch Ansprechpartner, nicht einmal über das gesetzlich vorgeschriebene Impressum, und setzt voll und ganz auf das Prinzip Versuch und Irrtum. Die enormen Kollateralschäden nimmt sie ungerührt in Kauf. Es hat ja im Großen und Ganzen bis jetzt gut funktioniert.

      Der Mensch jedenfalls ist ein Sonderfall, denn er macht sein eigenes Ding, indem er sich unbegrenzt vermehrt und die Natur ausplündert. Durch Überbevölkerung, Klimawandel und schwindende Ressourcen droht der Mensch sich in eine selbst verursachte Krise treiben zu lassen, die zwar die Natur auf lange Sicht kalt lässt, dem Menschen selbst aber schadet. Um eine selbst gemachte Klimakatastrophe zu vermeiden, wären Intelligenz und systematische geistige Weiterentwicklung des Menschengeschlechts nötig.

       Erfolg

      Es stellt sich die Frage, wem die Existenz des Menschen eigentlich dient und zu wessen Wohl sein Algorithmus ausgelegt ist. Ist der Mensch – wie jeder Organismus der übrigen Natur auch – als eigene Existenz und für sein eigenes Wohl geschaffen und mit einem Algorithmus versehen, der ihn in jeder Lage unterstützt?

      Nein, ist er nicht. Es muss doch stutzig machen, dass Menschen zuweilen in eine tiefe Depression fallen und sich das Leben nehmen. Wenn es hart auf hart geht, lässt uns unser Algorithmus schändlich allein und leitet sogar die Selbstzerstörung ein.

      Es ist ganz einfach: Wenn du Erfolg hast, wird dich dein Algorithmus fördern und mit guten Gefühlen belohnen. Versagst du aber, bestraft er dich durch seelische Nöte. Und wenn du dich nicht besinnst und nicht wenigstens die Hoffnung auf ein paar kleine Erfolge nährst, gibt er dich auf und lässt dich gnadenlos fallen.

      Damit wäre auch die Frage beantwortet, wie die Natur mit ihren Lebewesen umgeht: Sie wirft sie einfach so, wie sie eben geworden sind, in die Welt und erwartet Erfolge von ihnen, kein bisschen anders als ein eiskalter Investor, der seine Anlagen breit streut und als Investitionen ansieht, die sich gefälligst zu lohnen haben – möglichst schnell; Effizienz, Effizienz! Nicht lohnende Investitionen werden nicht unterstützt und schließlich aufgelöst.

      Der Erfolg einer Firma lässt sich am Gewinn ablesen, was aber soll Erfolg für einen Organismus sein? Auf kurze Sicht bedeutet es, dass er genügend Belohnungssubstanz erarbeitet, einen hohen seelischen Pegel erreicht und damit nachweist, dass er gut an die gegenwärtigen Verhältnisse angepasst ist. Dann wird er mit Wohlergehen und einem hohen Selbstwertgefühl belohnt. Aber muss das wirklich sein? Denn auf längere Sicht und als Ziel der ganzen Investition überhaupt gilt es, sich in die nächste Generation hinein fortzupflanzen. Das wäre das Wichtigste: sich zu erhalten und fortzupflanzen. Unter welchen Bedingungen dies letztlich geschieht, wie die Lebewesen sich selbst fühlen, ob sie gut versorgt oder ihr Leben im Kampf gegen Raubtiere, Stress, Entbehrungen, Hunger, Krankheiten und widrige Ihresgleichen führen müssen, ist für die Natur ohne Belang.

      Nicht ohne Grund kommen so manchem Denker gewisse Zweifel ob der Sinnhaftigkeit des Lebens insgesamt. Wenn man das breitgestreute auf den Markt werfen und schauen was sich behauptet als Strategie einer natürlichen Entwicklung ansieht, ließe sich als durchaus beabsichtigtes Ziel der Natur leicht herausdeuten, dass sie ihre Lebewesen automatisch zu immer größerer Widerstandsfähigkeit gegen lebensfeindliche Eventualitäten weiterentwickelt, allerdings mit riesigem Kollateralschaden an den vielen, die es nicht schaffen. Widerstandsfähig gegen Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge, Klimawandel, Krankheiten aller Art und was auch immer.

      Als die Dinos ausstarben, haben die in ihrer Entwicklung höherstehenden Säugetiere überlebt. Aus Sicht der Natur wäre ihrem Entwicklungswunsch am besten gedient, wenn die jeweils nächste Generation der Menschheit wenigsten ein bisschen weiter entwickelt wäre als die vorhergehende, denn inzwischen ist es doch der Mensch selbst, der die Natur als Ganzes bedroht, der durch Allmachtsstreben und naturfeindliches Handeln wie Übervölkerung und Plündern der natürlichen Ressourcen im Moment die größte und sehr präsente Gefahr darstellt. Die Natur selbst hat sich als Zauberlehrling böse vertan: Die Menschen, die ich schuf, werd‘ ich nicht mehr los … Einige Arten sind seit Jahrmillionen nahezu unverändert, haben sich kein Stück weiterentwickelt, weil es einfach so wie es ist super funktioniert, aber der Mensch … Da kann die Natur höchstens noch auf den menschlichen Verstand hoffen, dass dieser nämlich ein neues Ziel ins Auge fasst mit dem Bestreben, ausufernde Anzahl und Ansprüche der Menschen zu reduzieren, sich zu bescheiden und sich als Teil der Natur, als deren Heger und Pfleger und nicht als arroganter Herrscher und Plünderer zu verstehen.

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