Rubinrot. Керстин Гир
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Название: Rubinrot

Автор: Керстин Гир

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Учебная литература

Серия:

isbn: 9783401800141

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СКАЧАТЬ von Nummer 18. Er trug wie immer einen schwarzen Trenchcoat und einen tief ins Gesicht gezogenen Hut. Ich hatte ihn für einen Geist gehalten, bis ich bemerkt hatte, dass meine Geschwister und Leslie ihn auch sehen konnten.

      Er beobachtete seit Monaten beinahe rund um die Uhr unser Haus. Möglicherweise waren es auch mehrere Männer, die sich abwechselten und genau gleich aussahen. Wir stritten uns darüber, ob es sich um spionierende Einbrecher, Privatdetektive oder einen bösen Zauberer handelte. Letzteres war die feste Überzeugung meiner Schwester Caroline. Sie war neun und liebte Geschichten mit bösen Zauberern und guten Feen. Mein Bruder Nick war zwölf und fand Geschichten mit Zauberern und Feen blöd, deshalb tippte er auf die spionierenden Einbrecher. Leslie und ich waren für die Privatdetektive.

      Wenn wir aber auf die andere Straßenseite gingen, um uns den Mann näher anzuschauen, verschwand er entweder im Haus oder er stieg in einen schwarzen Bentley, der am Bordstein parkte, und fuhr davon.

      »Das ist ein Zauberauto«, behauptete Caroline. »Wenn niemand hinschaut, verwandelt es sich in einen Raben. Und der Zauberer wird zu einem winzig kleinen Männlein und reitet auf seinem Rücken durch die Luft.«

      Nick hatte sich das Nummernschild des Bentleys notiert, für alle Fälle. »Obwohl sie das Auto nach dem Einbruch sicher umlackieren und ein neues Nummernschild montieren werden«, sagte er.

      Die Erwachsenen taten so, als ob sie nichts Verdächtiges daran finden konnten, Tag und Nacht von einem schwarz gekleideten Mann mit Hut beobachtet zu werden.

      Charlotte ebenfalls. »Was ihr nur immer mit dem armen Mann habt! Er raucht dort eine Zigarette, das ist alles.«

      »Na klar!« Da glaubte ich ja noch eher die Version mit dem verzauberten Raben.

      Es hatte angefangen zu regnen, keine Minute zu früh.

      »Ist dir wenigstens wieder schwindelig?«, fragte ich, während wir darauf warteten, dass uns die Tür geöffnet wurde. Einen Hausschlüssel besaßen wir nicht.

      »Nerv nicht so rum«, sagte Charlotte. »Es passiert, wenn es passieren soll.«

      Mr Bernhard öffnete uns die Tür. Leslie meinte, Mr Bernhard sei unser Butler und der endgültige Beweis dafür, dass wir beinahe so reich waren wie die Queen oder Madonna. Ich wusste nicht genau, wer oder was Mr Bernhard wirklich war. Für meine Mum war er »Großmutters Faktotum« und unsere Großmutter selber nannte ihn »einen alten Freund der Familie«. Für meine Geschwister und mich war er einfach »Lady Aristas unheimlicher Diener«.

      Bei unserem Anblick zog er die Augenbrauen in die Höhe. »Hallo, Mr Bernhard«, sagte ich. »Scheußliches Wetter, nicht wahr?«

      »Absolut scheußlich.« Mit seiner Hakennase und den braunen Augen hinter seiner runden goldfarbenen Brille erinnerte mich Mr Bernhard immer an eine Eule, genauer gesagt an einen Uhu. »Man sollte unbedingt einen Mantel anziehen, wenn man das Haus verlässt.«

      »Ähm, ja, das sollte man wohl«, sagte ich.

      »Wo ist Lady Arista?«, fragte Charlotte. Sie war nie besonders höflich zu Mr Bernhard. Vielleicht, weil sie im Gegensatz zu uns anderen schon als Kind keinen Respekt vor ihm gehabt hatte. Dabei hatte er die wirklich Respekt einflößende Fähigkeit, überall im Haus scheinbar aus dem Nichts hinter einem aufzutauchen und sich dabei so leise zu bewegen wie eine Katze. Nichts schien ihm zu entgehen und egal um welche Uhrzeit: Mr Bernhard war immer präsent.

      Mr Bernhard war schon im Haus gewesen, bevor ich geboren wurde, und meine Mum sagte, ihn hätte es auch schon gegeben, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Deshalb war Mr Bernhard vermutlich fast genauso alt wie Lady Arista, auch wenn er nicht so aussah. Er bewohnte ein Appartement im zweiten Stock, das über einen separaten Korridor und eine Treppe vom ersten Stock aus zu erreichen war. Es war uns verboten, den Korridor auch nur zu betreten.

      Mein Bruder behauptete, dass Mr Bernhard dort Falltüren und Ähnliches eingebaut hatte, um unliebsame Besucher abzuhalten. Aber beweisen konnte er es nicht. Niemand von uns hatte sich jemals in diesen Korridor gewagt.

      »Mr Bernhard braucht seine Privatsphäre«, sagte Lady Arista oft.

      »Jaja«, sagte dann meine Mum. »Die bräuchten wir hier wohl alle.« Aber sie sagte es so leise, dass Lady Arista es nicht hörte.

      »Ihre Großmutter ist im Musikzimmer«, informierte Mr Bernhard Charlotte.

      »Danke.« Charlotte ließ uns im Eingang stehen und lief die Treppe hinauf. Das Musikzimmer lag im ersten Stock, und warum es so hieß, wusste kein Mensch. Es stand nicht mal ein Klavier darin.

      Das Zimmer war der Lieblingsraum von Lady Arista und Großtante Maddy. Die Luft darin roch nach Veilchenparfüm und dem Qualm von Lady Aristas Zigarillos. Gelüftet wurde viel zu selten. Es wurde einem ganz schummrig, wenn man sich länger dort aufhielt.

      Mr Bernhard schloss die Haustür. Ich warf noch einen schnellen Blick an ihm vorbei auf die andere Straßenseite. Der Mann mit dem Hut war immer noch da. Täuschte ich mich oder hob er gerade die Hand, beinahe so, als ob er jemandem zuwinkte? Mr Bernhard vielleicht oder am Ende sogar mir?

      Die Tür fiel zu und ich konnte den Gedanken nicht zu Ende verfolgen, weil urplötzlich das Achterbahngefühl von vorhin in meinen Magen zurückkehrte. Alles vor meinen Augen verschwamm. Meine Knie gaben nach und ich musste mich an der Wand abstützen, um nicht zu fallen.

      Im nächsten Moment war es auch schon wieder vorbei.

      Mein Herz klopfte wie verrückt. Irgendwas stimmte nicht mit mir. Ohne Achterbahn wurde einem nicht zweimal innerhalb von zwei Stunden schwindelig.

      Es sei denn . . . ach Unsinn! Wahrscheinlich wuchs ich zu schnell. Oder ich hatte.. . ähm ... einen Gehirntumor? Oder vielleicht einfach nur Hunger.

      Ja, das musste es sein. Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Das Mittagessen war ja auf meiner Bluse gelandet. Erleichtert atmete ich auf.

      Jetzt erst bemerkte ich, dass Mr Bernhards Eulenaugen mich aufmerksam musterten.

      »Hoppla«, sagte er, reichlich spät.

      Ich spürte, wie ich rot wurde. »Ich geh dann mal. . . Hausaufgaben machen«, murmelte ich.

      Mr Bernhard nickte mit gleichgültiger Miene. Aber während ich die Treppe hinaufging, spürte ich seine Blicke in meinem Rücken.

      Aus den Annalen der Wächter

      10. Oktober 1994

       Zurück aus Durham, wo ich Lord Montroses jüngste Tochter Grace Shepherd besucht habe, die überraschenderweise vorgestern schon von ihrer Tochter entbunden wurde. Wir freuen uns alle über die Geburt von

       Gwendolyn Sophie Elizabeth Sheperd

       2460 g, 52 cm.

       Mutter und Kind sind wohlauf.

       Unserem Großmeister zum fünften Enkelkind unsere herzlichsten Glückwünsche.

      Bericht: Thomas George, Innerer Kreis

      2.

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