Sieben Martin Schlosser Romane in einem Band. Gerhard Henschel
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Название: Sieben Martin Schlosser Romane in einem Band

Автор: Gerhard Henschel

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783455005011

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СКАЧАТЬ sei ein Schlot. Ein Schlingel und ein Schlot.

      Rickeracke, Hühnerkacke.

      Beim Essen brauchte Volker immer am längsten. »Du mußt doch mal was auf die Rippen kriegen«, sagte Mama. Er sei so spillerig, so spuchtig und verträumt. Ein Hungerhaken, nichts als Haut und Knochen. »Von Luft und Liebe kannst du auf Dauer nicht leben!«

      Dann sollte er auch noch zum Zahnarzt, und ich mußte im Wartezimmer neben Mama stillsitzen.

      Die Tapete war schwarz mit grünen Dreiecken, und von den Regenschirmen im Schirmständer tropfte Wasser auf den Fußboden.

      Auf der Fensterbank stand eine Topfpflanze mit staubigen Blättern, die ich nicht anfassen durfte.

      Eine Frau hatte ein schniefendes Kind auf dem Schoß, das sich den aus der Nase gelaufenen Schnött immer mit der Zunge wegleckte.

      Wenn wenigstens Spielzeug dagewesen wär.

      Im Kinderzimmer operierte ich Renates Puppe Annemarie auf dem Küchenhackbrett mit der Plastikschere die Mandeln raus, natürlich nur gespielt, aber mit Doktorbrille auf und Brustabhorchen, und Mama machte Fotos davon. Ich schrieb auch ein Rezept aus: Krickelkrackel.

      »Du Schlauberger«, sagte Mama.

      Ein anderes Mal, als Volker und ich erkältet waren, sagte sie, wir würden husten wie die Weltmeister.

      Als genug Schnee lag, machten wir eine Schlittenkarawane im Hof. Acht Kinder auf vier Schlitten hinternander, und Rainer Westermann zog die alle allein, so stark war der.

      »Kapuze auf!« rief Mama aus dem Küchenfenster.

      Rainer Westermann half mir auch oft, wenn mir welche von den Großen auf den Fersen waren und Mama oben nicht schnell genug auf den Summer drückte.

      Rosenmontag wollten Volker und ich als Max und Moritz gehen, mit Plastikmasken auf, die Mama uns gekauft hatte, aber Volker hatte Lungenentzündung und mußte im Bett bleiben.

      Hinter der Maske schwitzte man und kriegte nur schlecht Luft.

      Renate ging als Möhne mit langem Rock und Rüschenschürze. Als Möhnen gingen in Lützel fast alle Mädchen. Möhnen waren Omas in altmodischen Kleidern.

      Aus der Schule hatte einer bunte Kreide mitgebracht und malte damit auf dem Hof einen Kreis, in dem man sich aufstellen konnte, wenn man Krieg spielen wollte. »Deutschland erklärt den Krieg gegen … Amerika!« Wenn man dann Rußland oder Frankreich war und wegsprang, hatte man verloren, aber auch, wenn man Amerika war und nur so weit weggesprungen war, daß der, der Deutschland war, mit einem Schritt an einen drankommen konnte.

      Angelika Quasdorf spielte lieber Hüpfekästchen: auf einem Bein in bunten Quadraten rumhopsen.

      D.b.d.d.h.k.P. Selbst Aspirin versagt.

      Im Sandkasten schmiß einer mir immer Sand in die Haare. Ralfi Meier hieß der Arsch.

      »Dann wehr dich doch mal!« sagte Mama und schickte mich wieder runter.

      Ralfi Meier schmiß mir gleich die nächste Handvoll Sand ins Gesicht: »Da, du beleidigte Leberwurst!«

      »Selber«, sagte ich.

      »Selber sagen nur die dümmsten Kälber«, rief Ralfi Meier, und ich haute ihm mit der Schippe auf den Kopf, der sofort ganz voller Blut war, überall, Stirn, Backen, Nase, Kinn, auch die Hände, alles war blutig, und Ralfi Meier rannte heulend weg.

      Von seiner Mutter hörte Mama später, daß er noch ins Krankenhaus gemußt hatte, wo die Wunde mit fünf Stichen genäht worden war. »Ich hab dir geraten, dich zur Wehr zu setzen, aber doch nicht, den Jungen krankenhausreif zu schlagen!«

      Meine Schippe hatte Mama weggeschlossen, aber dafür ließ mich Ralfi Meier jetzt in Ruhe.

      Renate ist ein artiges, stilles Kind und dürfte sich lebhafter am Unterricht beteiligen, stand in Renates Zeugnis.

      Ostern fuhren wir mit dem Käfer nach Jever. Als Proviant hatte Mama wieder nur Kartoffelsalat mitgenommen, wovon ich die Kotzeritis kriegte.

      Renate las uns was aus ihrem Buch mit Gutenachtgeschichten vor. Von dem Bonbonregen, der Schokoladenstraße und dem unsichtbaren Jungen, der in der Konditorei Nußhörnchen und Zwetschgenkuchen einsteckte, ohne daß ihn jemand fangen konnte. Und von dem Jungen, der immer die seltsamsten Fragen stellte: Warum haben die Schubladen Tische? Warum trinken die Briefmarken kein Bier?

      An den Seitenfenstern liefen Regentropfen runter.

      Müde bin ich, geh zur Ruh.

      In Jever war auch Tante Dagmar, Mamas jüngste Schwester. Wer kommt in meine Arme? Wenn sie das rief, konnte man ihr in die ausgebreiteten Arme laufen und wurde rumgewirbelt.

      Tante Dagmar war meine Patentante. Sie kam auch immer mit in den Schloßgarten zum Entenfüttern, und sie sagte, ich sei ihr Augenstern.

      Abends gingen wir zum großen Osterfeuer. Einmal hatten sich Kinder aus Übermut in so einem Holzhaufen versteckt und waren dann jämmerlich verbrannt.

      Das Feuer prasselte und knackte.

      Jetzt war vielleicht auch schon der Osterhase auf Achse und versteckte die Ostereier, damit er am Morgen damit fertig war.

      In Jever konnte ich oben auf dem Boden rumtoben und im Garten schaukeln, mit Renate und Volker Schubkarre spielen und Purzelbäume schlagen, aber ewig bleiben konnten wir in Jever nicht, weil Volker nach Ostern in die erste und Renate in die dritte Klasse kam.

      Ich wollte auch gerne eingeschult werden, vor allem wegen der Schultüte, die man dann kriegte, aber in der Schule, auf die Renate und Volker gingen, wurde man dauernd verhauen. Die Jungs bekämen mit dem Stock den Arsch versohlt und die Mädchen Schläge auf die Finger, sagte Renate.

      Dann war ich endlich selbst das Geburtstagskind. Im Wohnzimmer stand ein Kettcar, das gehörte jetzt mir. Auf dem Hof wollten alle mal damit fahren, aber wenn das denen ihr Kettcar gewesen wär, hätten sie’s mir auch nicht abgegeben.

      Fünf Geburtstagsgäste durfte ich einladen, mehr erlaubte mir Mama nicht.

      Alle, alle, alle Vögel fliegen hoch …

      Mein Kababecher war blau, Renates gelb und Volkers grün.

      Eins, zwei, drei, vier Eckstein. Ich versteckte mich unter der Bügelmaschine, und Angelika Quasdorf mußte suchen.

      »Mäuschen, mach mal piep!«

      Als alle wieder weg waren, rief Mama mich ans Wohnzimmerfenster und zeigte auf Rainer Westermann, der sich die Schnürsenkel zuband. Der konnte eben alles, auch Knoten machen oder Flöte mit der Zunge.

      »Von dem kannst du dir ruhig ’ne Scheibe abschneiden«, sagte Mama, aber Rainer Westermann hätte schön gekuckt, wenn ich angekommen wär, um mir ’ne Scheibe von dem abzuschneiden.

      Wenn Frau Quasdorf Mittagsschlaf machte, ließ sie Angelika und Ulrike nicht rein, und die klingelten СКАЧАТЬ