Die Salbenmacherin. Silvia Stolzenburg
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Читать онлайн книгу Die Salbenmacherin - Silvia Stolzenburg страница 13

Название: Die Salbenmacherin

Автор: Silvia Stolzenburg

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783839247242

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СКАЧАТЬ und versuchte, die grauenvollen Bilder mit einem Blinzeln zu vertreiben. »Nichts«, log er. Seine Stimme strafte ihn Lügen.

      »Macht Euch nur nicht allzu viele Gedanken«, versuchte der Grieche ihn zu beruhigen. Scheinbar wusste er genau, was Laurenz auf der Seele brannte. »Es ist ja nicht so, als ob wir die Ersten wären, die so etwas tun«, setzte er wegwerfend hinzu. »Wer weiß, wie viele Reliquien überhaupt echt sind.« Sein Mund verzog sich zu einem verschlagenen Lächeln. »Gott hätte gewiss nichts dagegen, dass noch mehr Menschen die Gebeine der Heiligen verehren können. Auch wenn diese vielleicht nicht ganz so heilig sind, wie die Pilger denken.« Er lachte meckernd. »Und die Toten schert es sicher auch nicht mehr.«

      Laurenz starrte ihn mit leerem Blick an. Hatte der Kerl denn überhaupt keine Angst vor dem Jüngsten Gericht? War ihm nicht klar, dass sie durch diesen Betrug ihre Seelen an den Leibhaftigen verpfändeten? Er zog die Schultern hoch und schloss einen Moment lang die Augen. Hätte er sich doch nur niemals auf diesen Handel eingelassen! Damals war ihm alles so einfach erschienen – so lächerlich einfach! Er schlug die Augen wieder auf und starrte die Köpfe an. Warum hatte er nur nicht auf die Stimme in seinem Inneren gehört, die ihn gewarnt hatte, dass alles viel zu gut klang, um wahr zu sein? Warum war er nur so unglaublich dumm gewesen? Hätte er seinem Freund Bertram doch nur den Gefallen abgeschlagen und wäre nicht an dessen Stelle in das Haus in der Münzgasse gegangen! Er verkniff sich ein Schnauben. Vermutlich hatte Bertram ganz genau gewusst, was ihn dort erwartete, und die Unpässlichkeit nur vorgetäuscht.

      Plötzlich befand er sich in Gedanken wieder in Tübingen; sah sich dem Schwager des Schultheißen gegenüber und hörte ihn kurz und hart lachen.

      »Wenn Ihr nicht wollt, frage ich eben einen anderen«, hatte dieser kühl gesagt und sich zum Gehen gewandt. Allerdings war sein Angebot zu gut, als dass Laurenz es hatte ausschlagen können. Immerhin hatte sich dadurch vollkommen unerwartet eine Möglichkeit eröffnet, in die Oberschicht aufzusteigen. Und den Kramladen seines Vaters endgültig hinter sich zu lassen. Gier vernebelt das Gehirn, dachte er, als Philippos die Waren sorgfältig wieder verpackte. »Alles, was Ihr tun müsst, ist, die Behältnisse zu beschaffen«, hatte sein Auftraggeber gesagt. »Um den Rest braucht Ihr Euch nicht zu kümmern.«

      Laurenz wich einen Schritt zurück, um Philippos Platz zu machen. Dass es sich bei dem »Rest« um das Schänden von Leichen und das Fälschen von Reliquien handelte, hatte er nicht gewusst. Allerdings war es zu spät gewesen, einen Rückzieher zu machen, als er davon erfahren hatte. Er hätte sich niemals die erste Reise nach Konstantinopel bezahlen lassen dürfen! Ärger über seine Einfältigkeit stieg in ihm auf. Es hätte ihm klar sein müssen, dass die ganze Angelegenheit einen Haken hatte. Andererseits war die Verlockung einfach zu groß gewesen, um ihr zu widerstehen. Nicht jeden Tag erhielt ein einfacher Krämersohn die Gelegenheit, in die Kreise der Fernhändler aufzusteigen – und somit vielleicht irgendwann im Rat der Stadt zu sitzen. Ein Köder, den vermutlich selbst sein ehrbarer Bruder Götz geschluckt hätte! Er presste die Kiefer aufeinander und straffte die Schultern. Es nützte nichts, sich zu grämen. Er war einen Handel mit dem Teufel eingegangen, also musste er zusehen, wie er das Beste daraus machte. Immerhin war ihm versprochen worden, dass dies seine letzte Reise sein würde. Also würde er zusehen, dass er sein Schäflein ins Trockene brachte. Vielleicht konnte er ja in der Zwischenzeit die verlockende Frucht pflücken, die ihm mehr und mehr den Kopf verdrehte. Wenn ihm gelang, was ihm vorschwebte, dann konnte er sich damit an seinem Gastgeber und dessen Spießgesellen rächen!

      Kapitel 8

      Tübingen, Juli 1408

      »Rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz und weiß wie Schnee«, summte der auf dem Boden kniende Mann vor sich hin, während seine Klinge in das Fleisch der Hure fuhr. Diese war bildschön, und es war ein Jammer um ihren Körper. Aber auf eine Hässlichere hatte er nicht warten können, da der Bedarf seines Auftraggebers immer schneller zu wachsen schien. Zuerst hatte es geheißen, drei oder vier wären genug; für den Rest würden andere sorgen. Aber offensichtlich scherte sich doch jemand darum, dass die Gräber der Armen geschändet wurden. Allmählich zeichnete sich ein Geschäft ab, das ihn noch weit bis in die Zukunft mit einem Zusatzeinkommen versorgen würde. Morgen stand der Heilige Sonntag vor der Tür, aber für die Frau zu seinen Füßen würde es kein Tag der Andacht und Beschaulichkeit werden. Er schluckte ein Lachen. Und für diejenigen, die sie fanden, würde der Tag gewiss auch nicht so beginnen, wie sie es sich vorgestellt hatten. Mit geübten Bewegungen hackte er der Frau Kopf und Arme ab und sah einige Momente fasziniert dabei zu, wie ihr Blut sich in Windeseile mit dem Regen vermischte. Am vergangenen Mittwoch hatte das Wetter umgeschlagen und es hatte angefangen, wie aus Kübeln zu schütten. Seitdem schien der Sommer bereits dem Herbst weichen zu wollen, obwohl es noch viele Wochen dauern würde, bis sich die ersten Blätter bunt färbten. Ein empfindlich kühler Wind pfiff durch die Stadt. Eigentlich hatte der Jäger es auf einen der Spielmänner abgesehen, doch diese wagten sich bei den unwirtlichen Umständen kaum mehr auf die Straße. Er stopfte den Kopf und die beiden Gliedmaßen in seinen Beutel, platzierte Schalen unter den Wunden und wandte sich den Füßen der Toten zu. Diese steckten in leichten Schuhen, die viel zu dünn waren für die Witterung, und er fragte sich, ob sie gefroren hatte. Musste sie wohl. Denn ihre Kleidung war nicht dafür gemacht, etwas zu verhüllen. Als dieser Teil seines Auftrages ebenfalls erfüllt war, fing er auch aus diesen Wunden so viel von ihrem Blut auf wie möglich. Nachdem er dieses in ein halbes Dutzend bauchige Phiolen umgefüllt hatte, die er sorgfältig verkorkte, ließ er schließlich die Gefäße den Körperteilen folgen. Nicht einmal vier Wochen war es her, seit er die anderen beiden Huren getötet hatte, und allmählich machte ihm die Häufigkeit seiner Ausflüge Sorgen. Wenn es so weiterging, würde sein Weib Verdacht schöpfen. Und dann war es nur eine Frage der Zeit, bis die ganze Stadt davon erfuhr. Ein unschöner Gedanke fuhr ihm durch den Kopf. Vielleicht würde sein Auftraggeber für sie ja auch etwas bezahlen. Schon lange ging ihm ihr ewiges Genörgel auf die Nerven. Warum sollte für sie nicht auch Verwendung zu finden sein? Ein Geräusch aus einem der Hinterhöfe ließ ihn nervös um sich blicken. Doch es war nur eine streunende Katze, die kurz darauf mit gesträubtem Fell an ihm vorbeischoss.

      Er zurrte den Sack zu, kam mit steifen Gelenken auf die Beine und hastete in die Dunkelheit des späten Abends davon. Mit jedem Mord wurden seine Aufträge riskanter. Wenn er noch mehr herbeischaffen sollte, dann musste er sich bald etwas anderes überlegen. Gewiss würde er nicht ewig Unehrliche von der Straße pflücken können, als handle es sich um überreife Kirschen! Früher oder später würde die Stadtwache ihre Präsenz in den Straßen erhöhen und dann hatte er schlechte Karten. Er huschte die Jakobsgasse entlang in Richtung Osten, überquerte die Ammer und schlüpfte zwischen den Häusern an der Krummen Brücke hindurch. Von dort aus eilte er weiter, bis er das Wasser der Ammer erneut riechen konnte. Er war nur noch zwei Steinwürfe von seinem Haus entfernt, als ihn ein scharfer Befehl erstarren ließ.

      »Halt! Bleib auf der Stelle stehen!«, bellte ein Wächter.

      Kurz darauf verkündete das Trampeln von schweren Stiefeln, dass sich ihm mindestens drei Stadtwachen im Laufschritt näherten. Das Licht ihrer Fackeln tanzte wild hin und her, und mit Entsetzen sah er, dass Blut aus seinem Sack getropft war und seine Kleidung befleckt hatte. Oh, Heiliger Vater, steh mir bei!, dachte er entsetzt, während die Soldaten drohend ihre Schwerter zogen. Warum waren die Kerle nicht im Trockenen? Beim Würfelspiel in der Wachstube?

      »Was hast du in dem Sack?«, fragte der Befehlshaber der Wache. Er bedeutete seinen beiden Begleitern, ihren Fang zu packen. Aber als einer von ihnen die Fackel hochhob, um das Gesicht des Mannes zu beleuchten, brach er in ein Lachen aus, das halb erleichtert, halb enttäuscht klang.

      »Du bist es!«, rief er. Auch in den Augen seiner Kollegen dämmerte Erkennen.

      »Was hast du denn im Dunkeln noch auf der Straße zu suchen?«, fragte der Anführer – immer noch ein wenig misstrauisch.

      Der Gefragte hob die Schultern. СКАЧАТЬ