Die Salbenmacherin. Silvia Stolzenburg
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Название: Die Salbenmacherin

Автор: Silvia Stolzenburg

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783839247242

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СКАЧАТЬ das Gesicht, zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf. Wenig später kämpften sie sich wieder durch die Menschenmenge. Vorbei an Nussverkäufern, weiteren Süßwarenhändlern, Obst-, Fleisch- und Gemüseständen gelangten sie schließlich in einen Teil des Basars, in dem Händler aus aller Herren Länder ihre Spezialitäten anboten. Dort gab es osmanische Quitten, Challani-Pfirsiche, Lotusblumen aus Damaskus und eingesalzene Sperlinge. Außerdem lockten Ochsenaugen, Moschusäpfel und kunterbunt gefiederte Singvögel wahre Schwärme an Neugierigen an.

      »Oh, seht nur!«, rief Olivera aus. Sie hatte einen großen grauen Vogel mit rotem Schwanz erspäht, der sie mit wachen Augen musterte. Sein gebogener Schnabel war weit geöffnet. Er gab einen Laut von sich, der klang, wie das Bellen eines Hundes. »Wie ist so etwas möglich?«, fragte sie.

      »Möglich?«, wiederholte der Vogel und stieß einen Pfiff aus.

      »Dieser Vogel ist etwas ganz Besonderes.« Ohne, dass sie es gemerkt hatten, war der Verkäufer zu ihnen getreten. In seinen Augen glomm Gier. »Könige verlangen nach dieser Art«, prahlte er und steckte den Finger durch die Stäbe des Käfigs.

      Anstatt nach ihm zu hacken, wie Olivera vermutet hätte, knabberte der Vogel jedoch lediglich am Finger des Mannes und gackerte wie ein Huhn.

      »Für einen halben Schilling gehört er euch.«

      Olivera wich erschrocken zurück. »Ein halber Schilling!«, stieß sie hervor. »Das ist ja Wahnsinn!« Für einen Schilling konnte man sich eine ganze Kuh kaufen! Sie riss sich von dem wundersamen Tier los und sah zu Laurenz auf. »Ich glaube, Muzaffers Stand ist im nächsten Gang«, sagte sie mit einem letzten Blick auf den Vogel.

      Ehe der Verkäufer das Tier dazu bringen konnte, weitere Kunststücke zum Besten zu geben, tauchten sie bereits erneut in den Strom der Kauflustigen ein. Etwa einen halben Steinwurf von dem Vogelhändler entfernt ragte ein rot-weiß gestreiftes Dach aus Zeltleinwand empor, das Olivera auf den ersten Blick erkannte.

      »Wir haben es geschafft«, ließ sie Laurenz wissen. »Das ist Muzaffer.«

      Der Mann, der mit Argusaugen über seine Auslage wachte, war klein und mager. Der Turban auf seinem Kopf schien viel zu groß, und sein runzeliges Gesicht wirkte abweisend. Als Olivera vor seinem Stand anhielt, musterte er sie und ihre beiden Begleiter misstrauisch.

      »Wenn Ihr Schmuck und Tand sucht, seid Ihr hier falsch«, krächzte er auf Lateinisch. »Bei mir findet Ihr nichts.«

      Olivera spürte, wie Laurenz sich versteifte. Daher zog sie eilig die Liste ihrer Großmutter hervor und sagte: »Meine Yiayia Loukia, die Salbenmacherin, schickt mich. Sie benötigt diese Dinge.« Sie reichte ihm das Blatt Papier und wartete, bis er es gelesen hatte.

      Er murmelte einige unverständliche Worte. Dann – ohne Olivera weitere Aufmerksamkeit zu zollen – begann er, in aller Seelenruhe Töpfe und Körbe zu öffnen, abzuwiegen und Säckchen zu füllen. Das Ganze dauerte so lange, dass Olivera unruhig wurde. Sie hatten schon viel zu lange getrödelt! Ihre Großmutter wartete vermutlich bereits ungeduldig auf ihre Rückkehr. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, da das Gewimmel hinter ihnen wieder dafür sorgte, dass Laurenz sich dicht an sie drängen musste. Zum Teufel mit ihrem schlechten Gewissen! Auch wenn sie zu Hause der Unwille ihrer Yiayia erwartete, würde sie jede Sekunde dieses Ausfluges auskosten! Um die Folgen konnte sie sich später Gedanken machen. Ein Brummen des Drogisten lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf das, was er tat. Mit spitzen Fingern griff der Osmane soeben in ein Behältnis, das menschenförmige Wurzeln enthielt.

      »Ich habe nur männliche Alraunen, keine weiblichen«, informierte er sie. »Der Hund ist gestorben, bevor er die weiblichen ernten konnte.«

      Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Laurenz fragend die Brauen in die Höhe zog. »Jeder, der versucht, eine Alraune zu pflücken, stirbt«, erklärte sie. »Ihr Schrei ist tödlich. Nur ein Hund darf sie mithilfe einer Kette aus dem Boden ziehen. Und auch er stirbt oft, bevor genug geerntet ist.« An den Drogisten gewandt, sagte sie: »Dann gebt mir männliche.« Wenn sie sich recht erinnerte, war das Geschlecht der Pflanze unwichtig für die Herstellung von Tränken. Laurenz schüttelte verwundert den Kopf, verfolgte jedoch offensichtlich fasziniert, wie der Osmane die Wurzeln verpackte und Olivera schließlich alles über den Tisch reichte.

      Nachdem sie ihn bezahlt hatte, stieg ein Seufzen in ihr auf. Jetzt, wo alles besorgt war, gab es keinen Grund mehr, länger auf dem Markt zu verweilen. Auch wenn sie am liebsten noch stundenlang mit Laurenz durch die engen Gassen zwischen den Läden geschlendert wäre, rief die Pflicht. Sie ließ sich von dem Knecht die Einkäufe abnehmen und sagte bedauernd: »Meine Großmutter wartet sicher schon auf uns.«

      Laurenz’ Gesicht spiegelte ihre eigene Enttäuschung wider. »Dann sollten wir uns schleunigst auf den Heimweg machen«, sagte er mit wenig Begeisterung. Er bahnte ihnen einen Weg durch die Menge, aber als sie einen von Kastanien überschatteten Platz im Herzen des Basars erreichten, hielt er abrupt an. »Würdet Ihr hier auf mich warten?«, fragte er. »Ich habe etwas vergessen.« Er winkte seinen Begleiter herbei und wies auf ein Wasserspiel, in dessen Nähe sich einige Damen ausruhten. »Gib auf sie acht wie auf deinen eigenen Augapfel«, befahl er dem Mann mit einem drohenden Blick.

      Und ehe Olivera begriffen hatte, was geschah, war er im Getümmel verschwunden. Was, um alles in der Welt, hatte er vor? Die Antwort auf diese Frage erhielt sie keine zehn Minuten später. Breit grinsend, mit einem abgedeckten Gegenstand in der Hand kehrte Laurenz zu ihnen zurück.

      »Was ist das?«, platzte sie neugierig heraus.

      »Ein Geschenk für Euch«, erwiderte Laurenz stolz und lachte, als ein Husten unter dem Tuch hervordrang. Olivera riss fassungslos die Augen auf.

      »Ihr habt doch nicht etwa …?«, hub sie an.

      »Ihr habt doch nicht etwa?«, krächzte es.

      Sie schlug die Hand vor den Mund. Er hatte den Vogel für sie gekauft! Einen Augenblick lang war sie sprachlos, dann hauchte sie: »Wie kann ich Euch nur danken?«

      Zu ihrem grenzenlosen Erstaunen sah sie, dass zwei rote Flecken auf den Wangen ihres Begleiters tanzten. Er beugte sich zu ihr hinab und flüsterte dicht an ihrem Ohr: »Ihr könntet mir irgendwann einen Kuss dafür schenken.«

      Oliveras Herz machte einen Überschlag. Meinte er das ernst? Hatte er so viel Geld ausgegeben, nur um sich einen Kuss von ihr zu erkaufen? Sein Atem kitzelte sie, und eine Gänsehaut überzog ihre Arme.

      Er richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. »Euer Lächeln ist mir Dank genug«, sagte er, als wären die Worte gerade eben nichts weiter als ein Scherz gewesen. Olivera fasste sich an den Kopf – als könne sie dadurch das Schwirren darin unterbinden. Ihre Fingerkuppen wanderten weiter zu der Stelle, an der sein Mund ihr Ohr fast berührt hätte. Sie brannte wie Feuer. Verwirrt und aufgewühlt stand sie einige Momente lang sprachlos da und versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Es war eine ungeheuerliche Bitte! Und doch beinhaltete diese Bitte alles, wovon sie in den vergangenen Tagen jede Nacht geträumt hatte. War es nicht ihr Ziel gewesen, ihn zu betören? Wie im Traum registrierte sie, dass er sie wieder beim Arm fasste und auf den Ausgang zuführte. Was auf dem Weg zurück zum Haus ihres Vaters geschah, wusste sie später nicht mehr. Alles, woran sie sich erinnerte, war, dass sie sich plötzlich im Hof wiederfand – umgeben von wohlbekannten Gesichtern.

      »Eure Großmutter ist noch in der Badestube«, drang die Stimme einer Magd wie durch dichten Nebel zu ihr vor. »Ihr sollt die Einkäufe aufräumen und dann zu ihr kommen«, fügte das Mädchen hinzu. Dann war es verschwunden.

      Genau wie Laurenz, der sich mit einer kleinen СКАЧАТЬ