Название: Zukunftsträume
Автор: Corinna Lindenmayr
Издательство: Автор
Жанр: Контркультура
isbn: 9783967526547
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»Ich habe gesagt ich bringe Sie nach Hause, also werde ich das auch tun.« erwiderte der Arzt.
Julia rutschte ein Stück tiefer in den Ledersitz und ergab sich ihrem Schicksal.
Als Christian in dem alten Hinterhof hielt, der neben sechs Müllcontainern, ein paar vergammelten Garagen und der abblätternden Fassade des Gebäudes nicht viel auszuweisen hatte, schnallte Julia sich ab. Sie wagte es nicht den Mann neben ihr anzusehen. »Danke.« brachte sie nur mühsam heraus und öffnete die Tür. Es war demütigend und sie wollte nur nach Hause. Auch wenn dieses zu Hause nicht unbedingt der schönste Ort war, an den sie flüchten konnte.
»Hey.« Sie spürte das Kribbeln, noch bevor Christians Arm ihren berührte. »Ich würde Sie gerne wiedersehen.« Worte die er zwar ernst meinte, aber eigentlich nicht so unverblümt aussprechen wollte. Jetzt war es passiert und er konnte sie ohnehin nicht mehr zurücknehmen.
Trotz aller guten Vorsätze drehte sich Julia nun doch zu ihm um und starrte ihn entgeistert an. Er wollte sie wiedersehen? Nach allem was er gerade sah? »Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.« Es konnte keine sein. Auch wenn sie es zu gern wollte.
Da tat Christian etwas, womit sie nun wirklich nicht gerechnet hätte. Der bis eben noch so steif und sachlich wirkende Oberarzt zeigte seine mehr als anziehenden Grübchen und grinste sie an. »Ich denke das kommt auf einen Versuch an. Ich hole Sie morgen um 19:00 Uhr ab. Seien Sie pünktlich.« Um eine Widerrede auszuschließen überraschte er sie ein zweites Mal als er ihr einen zarten Kuss auf die Wange gab, bevor er sie dann sanft aus dem Wagen schob, die Wagentür zu zog und sie mit dieser Geste einfach so stehen ließ.
Kaltes Wasser brauste über seinen Körper als er versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Als er diese Aufgabe übernommen hatte, hatte er nicht gewusst, dass er es mit einer Frau zu tun haben würde, die nicht nur hübsch, sondern auch klug und willensstark war. Die meisten Menschen die er beschützen musste, waren verängstigt und nur zu gern bereit immer an seiner Seite zu bleiben.
Ganz im Gegensatz zu der Person die mit ihm in diesem Haus war.
Hannah war ganz und gar nicht gewillt sich in seine Obhut zu geben. Im Gegenteil. Eigentlich hatte sie klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie unter keinen Umständen von hier fort gehen würde.
Nun, diese Diskussion war noch nicht beendet. Er hatte nicht die Absicht Hannah zurückzulassen. Natürlich hatte sie recht. Zwingen konnten sie sie nicht. Wahrscheinlich müsste er sie tatsächlich mit Gewalt in sein Auto zerren. Irgendwie gefiel ihm die Vorstellung.
Trotz der Tatsache, dass er seine Aufgabe schnell und gut erfüllen wollte, konnte er aber auch Hannah verstehen. Sie war nicht dumm. Sie wusste, dass ihr Bruder nicht mitkommen würde, auch wenn man ihr versucht hatte, etwas anderes einzureden. Man würde ihn vermutlich genau in die entgegengesetzte Richtung bringen, soweit weg von ihr wie möglich um die Gefahr zu verringern, dass einer von ihnen entdeckt wurde. So war es immer.
Es überraschte ihn, als er merkte, dass er mehr von ihr erfahren wollte. Bislang hatte er lediglich dafür gesorgt, dass all die Personen die er beschützen sollte, noch am Leben waren. Diesmal war es anders. Irgendetwas an Hannah zog ihn an. Ja, sie sah hübsch aus, aber es war auch ihre Art die ihn fesselte.
Er schaltete das Wasser ab und schlang sich ein Handtuch um die Hüften.
Hannahs Leben war kompliziert und seines ebenfalls. Was sie beide zu einer besonders explosiven Mischung machte.
Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass er das Ganze so sanft wie möglich zu Ende brachte, um eine Explosion zu vermeiden.
Eine knappe Stunde später saßen Hannah und Tom zusammen am Küchentisch und aßen jeder die Hälfte der Pizza, die Hannah vorhin noch in den Ofen geschoben hatte. Eigentlich hatte sie vorgehabt sich umgehend in ihr Zimmer zu begeben und kein Wort mehr mit ihm zu reden. Allerdings war ihr das dann doch zu kindisch vorgekommen und ja, irgendwie wollte sie auch noch in seiner Nähe sein. Nur ein klitzekleines bisschen. Schließlich sah er mehr als nur gut aus und wirkte zudem auch noch irgendwie geheimnisvoll. Eine durchaus interessante Kombination. Und wenn sie schon in dieser misslichen Lage steckte, dann konnte sie diese ja wenigstens ausnutzen. Also hatte sie ihn mehr oder weniger eingeladen, mit ihr zu essen. Bislang war das Ganze jedoch noch nicht sehr kommunikativ abgelaufen.
»Wie kommt man eigentlich dazu Personenschützer zu werden?« fragte Hannah schließlich um endlich die Stille zu unterbrechen. »Das ist ja nun nicht gerade ein alltäglicher Job.«
»Du meinst wie ein Bauarbeiter oder einer dieser Büromenschen?« Tom griff nach dem letzten Stück Pizza und sah sie amüsiert an.
»Ja.«
»Ich wollte weder das eine noch das andere.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin eher der Typ für etwas mehr Action in meinem Leben.«
»Was aber ja nicht gerade ungefährlich ist.« entgegnete Hannah, nahm Toms Teller und stellte es auf ihres. Dann stand sie auf und trug sie in die Küche.
»So stand es in der Stellenbeschreibung.« Tom lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und beobachtete Hannah, die mittlerweile dabei war die Teller in die Spülmaschine zu räumen. »Soll das heißen du bist gern in Gefahr?« Sie schloss die Tür des Gerätes und kam wieder an den Tisch zurück.
Tom sah Hannah eine Weile einfach nur an. Da er sich dieses Leben ausgesucht hatte, schien das wohl so zu sein. Manchmal hingegen ertappte er sich jedoch dabei, dass er sich hin und wieder auch einmal nach etwas mehr Ruhe und Beständigkeit sehnte. Andererseits war er vermutlich wirklich nicht für diese Art von Leben gemacht. »Ich denke schon.«
Das verstand sie nicht. Sie war genau in so einem Leben geboren worden. Aber freiwillig? Nein, das konnte sie sich einfach nicht vorstellen.
»Warum?«
Eine einfache Frage. Allerdings war die Antwort darauf wesentlich schwieriger. »Ich weiß nicht. Ich schätze ich brauche einfach den Nervenkitzel. Andere springen aus Flugzeugen, klettern an Hochhäusern hinauf oder machen andere verrückte Dinge. Nichts davon hilft irgendjemanden. Mit meinem Job kann ich wenigstens etwas Sinnvolles tun.« Das klang logisch. Wenn man die Tatsache außer Acht ließ, dass es dennoch unglaublich gefährlich war.
»Aber möchtest du kein zu Hause haben? Einen Ort an dem du bleiben kannst?«
»Ich habe ein zu Hause.« antwortete Tom. »Ich bin nur nicht sehr oft dort.«
»Keine Familie die du oder die dich vermisst?«
»Nein.«
Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Hannah merkte, dass Tom offenbar nicht darüber reden wollte. Da sie selbst mit niemanden über ihr Leben oder ihre Vergangenheit sprach, verstand sie ihn und lenkte das Gespräch, wie sie hoffte, wieder auf ein etwas neutraleres Thema.
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