Название: Es war ein reiches Leben
Автор: Arthur Ernest Wilder-Smith
Издательство: Автор
Жанр: Биографии и Мемуары
isbn: 9783958932708
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Der Grund, warum wir unsere Memoiren veröffentlichen, ist, zu zeigen,
1. auf welche Weise Gott uns für unser Leben und Seine speziellen Aufgaben erzog und formte;
2. wie wunderbar und treu Gott in guten und schweren Zeiten uns führte und für uns sorgte.
Mögen durch diese Aufzeichnungen viele Menschen gesegnet und dazu ermutigt werden, ihr Leben Gott vertrauensvoll auszuliefern. Wir wünschen ihnen die gleichen Erfahrungen, die wir erlebten; nämlich dass Gott uns nicht immer Leid und Schwierigkeiten erspart, sondern inmitten derselben uns liebend beisteht und nahe ist. Diese Gewissheit schenkt Friede, Freude und Zuversicht.
Beate Wilder-Smith
Unseren Kindern Oliver, Petra, Clive und Einar, die alle Freuden und Prüfungen des Lebens mit uns teilten, gewidmet.
Kapitel I
FRÜHE ERINNERUNGEN
1. Jugendzeit
Die Erinnerungen der frühesten Kindheit kommen einem im späteren Leben wie Träume vor. Aber Träume werden im Allgemeinen relativ schnell vergessen. Hingegen, die ersten Eindrücke des Lebens haben die Tendenz, für immer zu bleiben. So ist es auch, wenn ich an meine frühe Kindheit denke. Ich hatte das große Privileg, drei ältere Schwestern zu haben. Besonders meine älteste Schwester nahm sich meiner an, fuhr mich im Kinderwagen spazieren – und, wie ich meinte, bevormundete mich.
Eines Tages fuhr sie mich im Kinderwagen spazieren. Wir trafen eine Anzahl älterer Damen, die mich gern „inspizieren“ wollten. Sie hoben die Fransen des Kinderwagens hoch – er hatte eine Art befransten Sonnenschirm als Dach, um das Baby vor den Blicken der Neugierigen (nicht nur vor der Sonne) zu schützen. Die Damen zogen Grimassen erschreckendster Art, um mich zum Lächeln zu bringen. Offenbar waren ihre Grimassen so furchterregend, dass ich einen Schock bekam und laut schrie. Darauf ließ meine Schwester die Fransen des Schirmes herunter, um mich vor diesem lähmenden Anblick zu schützen.
Viel später musste meine älteste Schwester mich wieder einmal spazieren fahren. Es war Sommer und heiß. Mutter hatte mich schön weiß angezogen. Meine Schwester bekam von Mutter den striktesten Befehl, mich nicht schmutzig werden zu lassen, weil wir nach dem Spaziergang Gäste erwarteten. Damals gab es keine Waschmaschinen, dafür stellte man zwei Dienstmädchen an, um die Wäsche zu kochen und per Hand zu waschen. Meine Schwester war lieb, aber sie behandelte uns Jungen – mein Bruder war 16 Monate jünger als ich – wie Säuglinge, wie wir meinten. So hegten wir oft einen geheimen Groll gegen diesen „Psychoterror“. Hier bot sich offenbar die große Gelegenheit des Jahres, sich an unserer Schwester zu rächen. Nach einigen hundert Metern gelangten wir auf der Landstraße zu einer Stelle, wo frische, dampfende Pferdeäpfel lagen. Damals musste man nicht gegen den Gestank von Autoabgasen, sondern gegen den lieblichen Geruch von Pferdeäpfeln kämpfen! Kurz entschlossen – ich war vielleicht zweieinhalb Jahre alt – ging ich auf den dampfenden Haufen zu und wälzte mich ausgiebig in der weichen braunen Masse. Der Spaziergang wurde eiligst unterbrochen. Verzweifelt versuchte meine Schwester, das Schlimmste auszubürsten. Leider vergeblich; denn ich sah nachher schlimmer aus als vorher. Alle Vorbeigehenden bewunderten auf dem Rückweg meinen neuen, braun-gesprenkelten Anzug – er war früher ein weißer Matrosenanzug gewesen und hatte jetzt seine politische Farbe etwas geändert. Mutter war entrüstet, als sie diese Veränderung an meinem schönen Sonntagsanzug gewahrte.
Wie vorauszusehen war, schimpfte sie meine arme Schwester heftig aus, was ganz im Sinne ihres bösen Sohnes war, obwohl Mutter das nicht wusste. Unsere drei älteren Schwestern hielten fest gegen die zwei jüngeren Brüder zusammen: ein Kriegszustand, der leider lange dauerte.
Eltern ahnen oft gar nicht, wie bewusst kleine Kinder von frühester Jugend an die restliche Familie um den kleinen Finger wickeln. Menschen sind von Kleinkind an „Intriganten“! Die Aufgabe der Eltern – die schwere Aufgabe der Eltern – ist es, diesen Hang den Kindern früh auszutreiben. Meine Eltern versuchten, das zu tun – obwohl meine Schwestern bis zum heutigen Tag fest behaupten, dass dieses gute Ziel bei den beiden Jungen fehlschlug.
Als ich vor einigen Monaten in London war, sprach ich telefonisch mit meiner zweiten Schwester, die schon einige Jahre Witwe ist. Sie war unerschütterlich der alten Meinung, dass wir Jungen von Anfang an unverbesserlich waren und dass unsere Eltern strenger hätten vorgehen müssen! Nur mit den Töchtern seien sie zu streng gewesen! Ein Familienlied, das vielen Familien sicher bekannt ist!
2. Auf dem Gut
Ich wurde am 22.12.1915 in Reading, Berkshire, England geboren. Mein Vater stammte aus einer alten Familie von Gutsbesitzern. Seit der dänischen Invasion (genauer gesagt Invasionen) Ostenglands bebauten seine Vorfahren das fruchtbare Flachland im Südosten des Landes und breiteten sich nach dem Westen aus, wo die keltischen Urbewohner des Landes ansässig waren. Der Menschentyp im Osten des Landes trägt immer noch den dänischen Phänotyp, obwohl schon viel Vermischung stattgefunden hat. Biologisch gesehen, waren sie meist langlebig (soweit sie ihre ständigen Kriege vermieden), blauäugig und groß von Wuchs. Oft waren sie rotblonde Menschen. Mein Vater trug einen kleinen rotblonden Schnurrbart, wozu meine geduldige Mutter oft bemerken musste, dass die rötliche Farbe durch seine oft hitzigen Worte, die über seine Lippen schlüpften, zustande kam. Vater konnte aber auch sehr lieb sein.
Er versorgte in der ganzen Gegend – aber strikt heimlich –arme Leute, besonders Witwen und Waisen. Er ging oft wortkarg auf seine Runden durch die Nachbarschaft und brachte alten, alleinstehenden Männern und Frauen ein Hühnchen, gutes Gemüse oder sonst etwas, was es auf dem großen Gut gab: Eier, Butter, Milch usw. Besonders während des Krieges wurde seine diskrete Tätigkeit von vielen hoch geschätzt.
Auf dem religiösen Gebiet war Vater ein ausgesprochener Feind der anglikanischen Staatskirche – und das nicht ohne Grund. Wie wir später sehen werden, opponierte er gegen die Tätigkeit der Kirche beim Einziehen des damals sehr ungerechten Zehnten. Aber innerlich war er durchaus ein religiöser Mensch, denn er war Freimaurer und stieg bis zur 32. „Royal Arch“-Würde (königliche Arche) hinauf. Sein Gedächtnis war so phänomenal, dass ihm die Aufgabe zugesprochen wurde, Könige und hohe Glieder der königlichen Familie auf Wortgenauigkeit im Ritus der Loge zu prüfen. Er war der Überzeugung, dass der Glaube an Christus eine Angelegenheit für Frauen und Kinder sei. Er besäße in seiner Loge die eigentliche Religion für Männer. Vater war sehr, sehr enttäuscht, dass ich nicht seinem freimaurerischen Vorbild folgte. Ich prüfte als junger Mann genauestens die Doktrinen der Freimaurer und lehnte sie später als unchristlich ab. Um zu diesem Schluss zu kommen, musste ich seine Riten und Praktiken in der Loge untersuchen, was oft Spannungen zu Hause mit sich brachte. Aber mehr von diesen Angelegenheiten später.
Meine Mutter, die diplomierte Lehrerin war, stammte aus einer Ingenieursfamilie. Mein Großvater mütterlicherseits gründete eine Eisengießerei, die immer noch im Besitz der Familie ist. Er entwarf und entwickelte Maschinen aller Art, besonders landwirtschaftliche Maschinen, die die Farmer in unserer Gegend kauften.
3. Die Farmer und Ingenieure
Durch die Tätigkeit auf dem Gut väterlicherseits und in der Eisengießerei mütterlicherseits pflegten die beiden Familien von frühester Jugend an Kontakt. Durch die Tätigkeit beider Familien als Gutsbesitzer und Ingenieure verkehrten die jungen Glieder beider Familien miteinander. Mutters Bruder, Percy, der neben seinem Beruf als Ingenieur ein guter Musiker war, heiratete Vaters jüngere Schwester Millie. Sie wohnten nicht weit von uns und hatten zwei Kinder, die mit uns zur Schule und später ins Internat gingen.
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