Tief eingeschneit. Louise Penny
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Название: Tief eingeschneit

Автор: Louise Penny

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall für Gamache

isbn: 9783311700852

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      »Ich bin mit sämtlichen spirituellen Wegen vertraut«, sagte sie, was eine gelinde Übertreibung war, wie Clara fand. »Aber mit diesem nicht.« Deutlicher brauchte sie nicht zu werden.

      »Es ist dennoch ein merkwürdiger Zufall«, sagte Gabri, »findest du nicht?«

      »Was denn?«, fragte Mother mit heiterer Stimme und Miene, aber mit bis zu den Ohren hochgezogenen Schultern.

      »Na ja, dass CC ihr Buch Be Calm nennt. So heißt doch dein Meditationszentrum.«

      Schweigen.

      »Und?«, sagte Gabri, der ahnte, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war.

      »Das muss ein Zufall sein«, erklärte Emilie ruhig. »Vielleicht ist es auch eine Verneigung vor dir, ma belle.« Sie wandte sich zu Mother und legte eine schmale Hand auf den rundlichen Arm ihrer Freundin. »Sie wohnt jetzt seit ungefähr einem Jahr in dem alten Hadley-Haus und empfindet deine Arbeit bestimmt als Inspiration. Es ist eine Hommage an deine Spiritualität.«

      »Und ihr Haufen Mist ist wahrscheinlich höher als deiner«, beruhigte Kaye sie. »Das muss ein gutes Gefühl sei. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist«, sagte sie zu Ruth, die erfreut auf ihre Heldin blickte.

      »Schöne Frisur.« Olivier wandte sich an Clara, in der Hoffnung, die Stimmung aufzulockern.

      »Danke.« Clara fuhr sich mit der Hand durch die Haare, was dazu führte, dass sie in alle Richtungen abstanden und sie aussehen ließen, als hätte sie gerade jemand erschreckt.

      »Du hast recht«, sagte Olivier zu Myrna. »Sie sieht aus wie ein verängstigter Infanterist in den Schützengräben von Vimy. Dieser Look steht nicht vielen. Sehr mutig, sehr neues Millennium. Ich beglückwünsche dich.«

      Claras Augen verengten sich, und sie warf Myrna, die von einem Ohr zum anderen grinste, einen bitterbösen Blick zu.

      »Scheiß auf den Papst«, sagte Kaye.

      CC rückte den Stuhl erneut zurecht. Sie stand angekleidet und allein in dem Hotelzimmer. Saul war gegangen, ohne ihr einen Abschiedskuss zu geben oder einen einzufordern.

      Sie war erleichtert, als er ging. Jetzt konnte sie es endlich tun.

      CC stand am Fenster, ein Exemplar von Be Calm in der Hand. Langsam hob sie das Buch und drückte es an ihre Brust, als hätte ihr genau das ihr ganzes Leben lang gefehlt.

      Sie legte den Kopf in den Nacken und wartete. Würde sie ihnen in diesem Jahr entgehen? Nein. Ihre Unterlippe begann leicht zu zittern. Dann flatterten ihre Lider, und ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle. Dann kamen sie, strömten kalt über ihre Wangen in die offene, stumme Mundhöhle. Sie stürzte ihnen hinterher in den dunklen Abgrund und fand sich in einem vertrauten Zimmer zur Weihnachtszeit wieder.

      Ihre Mutter stand neben einer riesigen, toten, ungeschmückten Tanne, die in eine Ecke des nüchternen, dunklen Zimmers gelehnt war, um sie herum ein Teppich spitzer Nadeln. An dem Baum hing eine einzelne Kugel, die ihre Mutter gerade hysterisch heulend herunterriss. CC konnte die Nadeln noch immer auf den Boden prasseln hören und die Kugel auf sich zurasen sehen. Sie wollte sie nicht fangen. Hatte bloß ihre Hände in die Höhe gestreckt, um ihr Gesicht zu schützen, aber die Kugel war direkt in ihren Händen gelandet und dort liegen geblieben, als hätte sie ein Zuhause gefunden. Ihre Mutter saß inzwischen auf dem Boden und wiegte sich weinend vor und zurück, und CC wollte nur, dass sie damit aufhörte. Wollte sie zum Schweigen bringen, ihr sagen, sie solle still sein, sie beruhigen, bevor die Nachbarn wieder die Polizei riefen und ihre Mutter wieder weggebracht wurde. Und CC bei irgendwelchen Fremden zurückblieb.

      Einen Moment nur sah CC auf die Kugel in ihren Händen. Sie schimmerte und fühlte sich warm an. Es war ein schlichtes Bild darauf gemalt. Drei hohe Kiefern, die wie eine Familie zusammenstanden, auf den gebogenen Ästen lag Schnee. Darunter stand in der Handschrift ihrer Mutter Noël.

      CC beugte sich zu der Kugel und verlor sich in dem Frieden, der Ruhe und dem Licht. Aber sie musste zu lange geguckt haben. Ein Klopfen an der Tür schreckte sie aus ihren Träumen auf und brachte sie unsanft zu dem vor ihr liegenden Schrecken zurück.

      »Was ist da drinnen los? Lassen Sie uns rein«, befahl die Stimme des Mannes auf der anderen Seite der Tür.

      CC gehorchte, doch es war das letzte Mal, dass sie irgendjemanden irgendwo einließ.

      Crie ging am Ritz vorbei, blieb stehen und starrte das Nobelhotel an. Der Portier ignorierte sie und bot ihr nicht an, die Tür für sie zu öffnen. Langsam ging sie weiter, der Schneematsch war durch ihre Stiefel gedrungen, die Wollhandschuhe baumelten an ihren Händen, schwer von dem daran haftenden Schnee.

      Es war ihr egal. Sie stapfte durch die dunklen, verschneiten, verstopften Straßen, Fußgänger rempelten sie an und bedachten sie mit einem angewiderten Blick, als hätten dicke Kinder ihre Gefühle wie Zuckerguss über einen Kuchen verteilt und verschluckt.

      Sie ging dennoch weiter, ihre Füße waren inzwischen eiskalt. Sie hatte das Haus ohne richtige Winterstiefel verlassen, und als ihr Vater eine vorsichtige Andeutung gemacht hatte, ob sie nicht etwas Wärmeres anziehen wollte, hatte sie ihn einfach nicht beachtet.

      So wie ihn ihre Mutter einfach nicht beachtete. Wie ihn die Welt nicht beachtete.

      Vor Monde de la musique blieb sie unvermittelt stehen. Da hing ein Poster von Britney Spears, auf dem sie über einen heißen, exotischen Strand tanzte, fröhliche Backgroundsängerinnen wirbelten glücklich lachend um sie herum.

      Crie stand lange vor dem Schaufenster, sie spürte weder Füße noch Hände. Sie spürte überhaupt nichts mehr.

      »Wie bitte?«, sagte Clara.

      »Scheiß auf den Papst«, wiederholte Kaye klar und deutlich. Mother Bea tat so, als habe sie es nicht gehört, und Emilie trat ein wenig näher an ihre Freundin heran, so als wolle sie sich bereithalten, falls Kaye zusammenbrechen sollte.

      »Ich bin zweiundneunzig, und ich weiß alles«, sagte Kaye. »Bis auf eines.«

      Erneut sagte keiner etwas. Aber an die Stelle des peinlichen Schweigens war Neugier getreten. Kaye, die normalerweise wortkarg und kurz angebunden war, hatte ihre Stimme erhoben. Die Freunde scharten sich um sie.

      »Mein Vater gehörte im Ersten Weltkrieg dem Expeditionskorps an.« Was für eine Geschichte sie auch immer erwartet hatten, sicher nicht etwas dieser Art. Sie sprach leise, das Gesicht entspannt, ihr Blick wanderte umher, bis er auf den Büchern in einem der Regale zu ruhen kam. Kaye reiste durch die Zeit, etwas, das Mother Bea ihrer eigenen Aussage nach während des yogischen Fliegens machte, aber zu dieser Meisterschaft hatte sie es nie gebracht.

      »Sie hatten eine Einheit gebildet, die sich nur aus Katholiken zusammensetzte, die meisten irischer Abstammung wie Daddy und natürlich Québecer. Er hat nie über den Krieg gesprochen. Keiner hat das getan. Und ich habe nie gefragt. Stellt euch das mal vor. Vielleicht wollte er ja, dass ich ihn frage?« Kaye sah zu Em, die schwieg. »Nur eines hat er uns vom Krieg erzählt.« Jetzt hielt sie inne. Sie sah sich um, ihr Blick fiel auf ihre flauschige Strickmütze. Sie nahm sie und setzte sie auf, dann sah sie erwartungsvoll zu Em. Alle hielten die Luft an.

      »Um Himmels willen, Weib, nun rück schon raus damit«, knurrte Ruth.

      »Ach ja.« Kaye schien sich erst СКАЧАТЬ