Tief eingeschneit. Louise Penny
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Название: Tief eingeschneit

Автор: Louise Penny

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall für Gamache

isbn: 9783311700852

isbn:

СКАЧАТЬ eine Tasche, in die sie ihr Schneeflocken-Kostüm gestopft hatte. Und ihr Zeugnis.

      Nur Einser.

      Ihre Lehrer hatten ts, ts, ts gemacht, den Kopf geschüttelt und geseufzt, dass gerade ein derart gestörtes Kind so viel Verstand besaß. Das ist eine dicke, fette Ungerechtigkeit, hatte einer von ihnen gesagt, und alle hatten gelacht. Bis auf Crie, die zufällig in dem Moment vorbeigegangen war.

      Die Lehrer kamen überein, dass sie mit demjenigen, der sie so sehr verletzt hatte, dass sie kaum zu sprechen oder anderen in die Augen zu sehen wagte, ein ernstes Wörtchen sprechen mussten.

      Schließlich stand Crie auf und machte sich mit vorsichtigen Schritten auf den Weg in die Innenstadt von Montréal, auf dem glatten, steilen Weg und unter der Last des unerträglich schweren Gewichts der Chiffon-Schneeflocke ununterbrochen um Balance ringend.

      4

      Als Clara durch das Kaufhaus ging, fragte sie sich, was schlimmer war, der Gestank des armen Penners oder der aufdringliche Geruch aus der Parfümerieabteilung. Nachdem etwa zum fünften Mal irgendein abgemagertes junges Ding Clara angesprüht hatte, wusste sie die Antwort. Sie ekelte sich schon vor sich selbst.

      »Das wurde aber auch Zeit.« Ruth Zardo hinkte auf Clara zu. »Du siehst aus wie eine Beutelratte.« Sie küssten sich zur Begrüßung auf die Wangen. »Und du stinkst.«

      »Das bin nicht ich, das ist Myrna«, flüsterte Clara, nickte zu der neben ihr stehenden Freundin und wedelte sich mit der Hand vor der Nase herum. Die Begrüßung der Dichterin war sehr viel herzlicher als sonst ausgefallen.

      »Hier, kauf das.« Ruth reichte ihr ein Exemplar ihres neuen Buchs, Mir geht’s GUT. »Ich schreibe dir sogar eine Widmung rein. Aber zuerst musst du es kaufen.«

      Ruth Zardo, groß gewachsen und würdevoll, ging auf ihren Stock gestützt zu dem kleinen Tisch in einer Ecke des riesigen Ladens, um dort auf jemanden zu warten, der das Buch von ihr signiert haben wollte.

      Clara ging und zahlte das Buch, dann ließ sie es sich signieren. Sie kannte ausnahmslos alle, die sich hier eingefunden hatten. Da waren Gabri Dubeau und sein Freund Olivier Brulé. Gabri war groß und ausladend, eindeutig ein Schleckermaul, das nicht Nein sagen konnte. Er war Mitte dreißig und hatte entschieden, dass er genug davon hatte, jung, gestählt und schwul durchs Leben zu gehen. Na ja, nicht unbedingt davon, schwul zu sein. Neben ihm stand Olivier, gut aussehend, schlank, elegant. Anders als sein Freund war er blond, zupfte gerade ein beunruhigendes Strähnchen Haare von seinem seidenen Rollkragenpullover und wünschte sich dabei ganz offensichtlich, er könne es wieder einpflanzen.

      Ruth hätte nicht den ganzen Weg nach Montréal zurücklegen müssen, um ihr Buch vorzustellen. Die einzigen Leute, die gekommen waren, stammten aus Three Pines.

      »Das ist reine Zeitverschwendung«, sagte sie und beugte den Kopf mit den kurz geschnittenen weißen Haaren über Claras Buch. »Niemand aus Montréal ist gekommen, nicht eine lausige Seele. Nur ihr. Wie öde.«

      »Vielen herzlichen Dank, alte Wortklauberin«, sagte Gabri, der zwei Bücher in seinen großen Händen hielt.

      »Weißt du«, Ruth sah hoch, »das hier ist eine Buchhandlung«, sagte sie betont langsam und laut. »Hier kommen Leute her, die lesen können. Es ist keine öffentliche Badeanstalt.«

      »Eigentlich schade.« Gabri sah zu Clara.

      »Es ist Myrna«, sagte sie, aber da Myrna auf der anderen Seite des Gangs stand und mit Emilie Longpré plauderte, glaubte ihr kein Mensch.

      »Wenigstens überdeckst du den Mief von Ruths Gedichten«, sagte Gabri und hielt Mir geht’s GUT von sich weg.

      »Alte Schwuchtel«, zischte Ruth.

      »Alte Schachtel«, zischte Gabri und zwinkerte Clara zu. »Salut, ma chère.«

      »Salut, mon amour. Was ist das andere, das du da hast, für ein Buch?«, fragte Clara.

      »Das ist von CC de Poitiers. Wusstest du, dass unsere neue Nachbarin ein Buch geschrieben hat?«

      »Gott, das heißt, sie hat mehr Bücher geschrieben als gelesen!«, sagte Ruth.

      »Dort drüben liegen sie.« Er deutete auf einen Stapel weißer Bücher auf dem Tisch mit den Remittenden. Ruth schnaubte, dann wurde sie still, als ihr klar wurde, dass es vielleicht nur eine Frage von Tagen war, bis sich ihre kleine Sammlung von sorgsam komponierten Gedichten zu CCs Müll in den Büchersarg gesellte.

      Einige Leute standen herum, unter anderem die drei Grazien von Three Pines: Emilie Longpré, eine zierliche, elegante Erscheinung in einem schmal geschnittenen Rock, Bluse und Seidenschal; Kaye Thompson, mit ihren über neunzig die Älteste der drei Freundinnen und verhutzelt und verschrumpelt wie eine Kartoffel, die nach Wick VapoRub roch; und Beatrice Mayer, mit einem wilden roten Schopf, der weiche, plumpe Körper unter einem voluminösen bernsteinfarbenen Kaftan und klobigen Ketten um den Hals nicht unbedingt vorteilhaft verborgen. Mother Bea, wie man sie nannte, hielt ein Exemplar von CCs Buch in der Hand. Sie drehte sich um und sah in Claras Richtung, nur einen Moment lang. Aber der reichte.

      Mother Bea wirkte völlig fassungslos, ohne dass Clara ihre Miene richtig deuten konnte. War es Ärger? Angst? Auf jeden Fall hatte sie etwas sehr verstört, dachte Clara. Dann verschwand der Ausdruck, und an seine Stelle trat wieder die vertraute friedliche und heitere Miene in Mothers rosigem und faltigem Gesicht.

      »Kommt, wir gehen rüber«, Ruth stand unbeholfen auf und nahm dankbar Gabris Arm. »Hier passiert sowieso nicht viel. Wenn später die nach großer Lyrik gierigen Horden einfallen, komme ich schnell zu meinem Tisch zurück.«

      »Bonjour, meine Liebe.« Die zierliche Emilie Longpré küsste Clara auf beide Wangen. Selbst im Winter, wenn die meisten Québecer unter den vielen Woll- und Steppschichten wie Karikaturen ihrer selbst aussahen, wirkte Em elegant und grazil. Ihre Haare waren von einem geschmackvollen Hellbraun und gut frisiert. Kleidung und Make-up waren zurückhaltend und entsprachen dem Anlass. Mit ihren zweiundachtzig Jahren war sie eine der Matriarchinnen des Dorfs.

      »Hast du das gesehen?« Olivier reichte Clara ein Buch. CC starrte sie an, grausam und kalt.

       Be Calm – Ruhe finden.

      Clara blickte zu Mother. Jetzt war ihr klar, warum sich Mother so aufregte.

      »Hör dir das an.« Gabri begann den Klappentext vorzulesen. »Ms de Poitiers hat offiziell erklärt, dass Feng-Shui der Vergangenheit angehört.«

      »Selbstverständlich, es ist eine alte chinesische Lehre«, sagte Kaye.

      »An seiner statt«, fuhr Gabri fort, »schenkt uns diese neue Doyenne des Designs eine wesentlich komplexere, wesentlich tiefer gehende Philosophie, die nicht nur unser Zuhause bereichern und sein Erscheinungsbild prägen wird, sondern auch unsere Seele, jede Sekunde unseres Lebens, jede unserer Entscheidungen, jeden unserer Atemzüge. Der Weg ist bereitet für Li Bien, den Weg des Lichts.«

      »Was ist Li Bien?«, fragte Olivier in die Runde. Clara glaubte zu sehen, wie Mother ihren Mund öffnete und dann wieder schloss.

      »Mother?«, fragte sie.

      »Ich? Nein, meine Liebe, ich habe keine Ahnung. Warum fragst du?«

      »Ich СКАЧАТЬ