Название: Der Junker von Denow und andere Erzählungen
Автор: Wilhelm Raabe
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066115319
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„Nein, das sind keine Spanier,“ rief der Reisige zurück. „Das sind auch keine Meuterer, Mörder oder Diebshalunken; — ehrliche Hohenlohesche Reiter sind’s, die euch Lumpengesindel wahren sollen, daß ihr nicht dem Galgen entlauft! Glaubt’s, der Graf hätte meinetwegen andere dazu schicken mögen, als uns — nehmt das Ab — Henkermahl drauf!“
„Der Graf von Hollach hat Euch geschickt?“ fragte es verwundert aus dem Haufen, und mancher der wilden Kerle drängte sich vor, näher an den Reitersmann.
„Zurück!“ rief dieser, „wir gehen mit euch, wie befohlen, jagen die Speerreiter, die euch die Gurgel abschneiden könnten, — man sparte nur die Stricke — und schützen das arme Landvolk vor euch Hunden. Damit holla! — na, wohin geht der Marsch?“
„Packt Euch zum Teufel, wir brauchen Euch nicht!“ schrie Jobst Bengel aus Heiligenstadt. „Wer hat Euch gerufen? Sagt dem Grafen, dem Holländer, unsern schönsten Dank und wir könnten unsern Weg allein finden.“
„Geht nicht! Alles auf Befehl! Kümmert euch so wenig als möglich um uns; ihr handelt nach Belieben, wir nach Befehl!“
„Aber unser Belieben ist, daß ihr euch hinschert, woher ihr gekommen seid!“ brüllte Hans Römer aus Erfurt. „Geht, oder es setzt mein’ Seel blutige Köpfe!“
„Unser Befehl ist, daß wir gehen, wohin euch der Satan treibt. Am Höllentor kehren wir um, das ist der Befehl. Genug der Worte.“
Damit wandte der Hohenlohesche Rittmeister sein Roß und sprengte zurück zu seinen Reitern, welche unbeweglich auf einer kleinen Erderhöhung hielten und im Gegensatz zu dem tobsüchtigen, wüsten Gebaren der Meuterer nur leise Worte des Zorns und der Verachtung hatten.
Auf seinem Schmerzenslager hatte Christoph von Denow halbblinden Auges und klingenden Ohres den Vorgang angesehen und angehört. Jetzt mußte er auch ohnmächtiger Zeuge der wilden Reden um ihn her sein.
„Das ist solch ein falsch Spiel von dem Grafen — das ist eine Falle. Sollen uns schützen vor den Speerreitern! — Lauter Sorg und Lieb, bis sie uns den Hals zuschnüren! — Nichts von dem Grafen von Hollach! Fort mit den Reitern des Holländers! Feuer auf sie! In die Spieße! in die Spieße mit ihnen!“
„Die Rasenden! die Niederträchtigen!“ stöhnte Christoph von Denow, die Hände ringend. „Und hier liegen zu müssen gleich einem abgestochenen Schaflamme! Halt, halt, was wollen sie tun?!“
Seine schwache Stimme ging verloren in dem Lärm „fort mit Holländern, fort mit dem Grafen von Hollach!“
Mit einem Schlage setzte die ganze Masse der Meuterer im Sturmlauf an gegen das kleine Häuflein der Reiter.
„Hab’s mir wohl gedacht,“ brummte der Rittmeister in den grauen Bart. „Achtung, Gesellen! Stand gehalten — das ist der Befehl. Herunter mit den Schuften, wenn sie euch nahe kommen.“
Sie griffen wirklich an. Im nächsten Augenblick war die Reiterschar umringt, durchbrochen. Die meisten sanken nach tapfrer Gegenwehr vom Pferd; nur wenige schlugen sich durch und flohen über die Heide. Zuletzt kämpfte noch ein einzelner. Das war der tapfere alte Führer, der sich wie ein Verzweifelter wehrte. Endlich erstach ihm Balthasar Eschholz aus Berlin das Roß, und eine Kugel durchfuhr seine treue Brust.
Einige Minuten standen die Mörder wie erstarrt. Schlug ihnen diesmal das Herz? Sie wagten es nicht, die Gefallenen zu berauben, ein plötzlicher Schrecken kam über sie, wie von Gott dem Richter gesandt, und Mann und Roß und Wagen stürzten von dannen, hinein in den Nebel, der sie verschlang, als seien sie nicht wert, von Himmel und Erde gesehen zu werden.
„Das ist ein schlechter — schlechter Tod!“ seufzte der zu Boden liegende Reiterhauptmann. „Ein schlechter Tod! — In deine Hände — aber alles der Befehl — nun kann der Rat von Nürnberg mein Weib und meine Jungen auffüttern — ein schlechter Tod — Amen! Alles — der — Befehl!“
Er griff noch einmal mit beiden Händen krampfhaft in das Heidekraut — es war vorüber.
Ein Wäglein und drei Menschenkinder waren zurückgeblieben beim Fortstürzen der Mörderschar. Das waren Anneke Mey aus Stadtoldendorf, welche das Haupt des Erschlagenen stützte, das war Christoph von Denow, der auf seinem Lager das Vaterunser weiter betete, welches der Rittmeister nicht hatte zu Ende bringen können. Das war Hans Niekirche, der Trommelschläger, welcher schluchzend das Rößlein vor dem Wagen hielt!........
III.
Feuer! Feuer! Das ist nicht der Widerschein der Abendsonne an den Wänden. Feuer! Feuer! und das Wimmern der Burgglocken und der Schall der Sturmhörner! — Wo blieb das süße, mildlächelnde Bild der Mutter, das eben noch durch den stillen dämmerigen Saal glitt? Feuer und Sturm! Die Polen! die Polen! Allverloren! Allgewonnen! Allgewonnen!
Da taucht ein ehrliches bärtiges Gesicht auf — das ist der Knecht Erdwin Wüstemann, welcher den kleinen Christoph aus der brennenden väterlichen Burg auf den Schultern trug und rettete.... Nun rauscht der Wald, nun murmelt der Bach — das ist die verlorene Forsthütte, wo der treue Knecht und das Kind hausten so lange Jahre hindurch. Die Hunde zerren bellend an der Kette, der Falk schaukelt sich auf seiner Stange. Wilde Gesellen und Weiber — fahrende Soldaten, Sänger und Studenten und demütige Juden verlangen Obdach vor dem nahen Gewitter oder dem Schneesturm. Sie lagern auf nackter Erde um das Feuer, an welchem die Hirschkeule bratet. Der Weinkrug geht im Kreise umher; Lieder erschallen! Lieder vom freien Landsknechtsleben, lutherische Lieder, Spottlieder gegen den Papst und den Türken und lateinische Lieder vom wandernden Scholarentum. Jetzt gerät der rote Heinz mit dem landflüchtigen Leibeigenen oder dem Zigeuner in Streit; die Messer СКАЧАТЬ