Название: Der Junker von Denow und andere Erzählungen
Автор: Wilhelm Raabe
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066115319
isbn:
„Der Junker! der Junker! Christoph! Christoph von Denow!“ schrie die junge Dirne auf ihrer Höhe, die Hände ringend, und das Wasser stieg und stieg. Schon waren die letzten der Haufen unter ihr vorüber, und die Toten, von den Fluten gehoben, wirbelten um sie her. Da griff eine Hand aus den Wassern nach dem Schanzkorbe, auf welchem sie stand, und ein bleiches Haupt erhob sich zu ihren Füßen: „Rette! Rette!“
„Christoph! Christoph!“ schrie das Mädchen, sie lag auf den Knien, sie faßte die triefenden Locken, sie faßte den Schwertriemen — der Junker von Denow war gerettet. Valentin Weisser, der Riese, dessen Blutdurst und Mut durch den Kampf und den Rhein bedeutend gekühlt war, brachte mit Hilfe gutwilliger Genossen den wunden Junker, die Dirne und Hans, den Trommelschläger, glücklich auf das Trockene und weit hinein ins Feld, wo die gelichteten, zerrissenen, wunden Krieger des Reichsheeres um die Wachtfeuer murrend und grollend in stumpfsinniger Ermattung lagen und die Führer bereits wieder unheimliche und drohende Worte zu hören bekamen.
II.
„O Anneke, weshalb hast mich nicht gelassen in dem Wasser — oh! oh!“
„Still, still, lieget ruhig, Herr! Die ganze Welt ist auseinander —“
„Weshalb hast mich nicht gelassen im Lager — im Heer vor Rees?“
„Es ist aus, aus! Alles aus, sagen sie. Alles läuft auseinander —“
„Und wohin gehen wir?“
„Weiß nicht! weiß nicht!“
„Bin also so weit! Ein Spießgesell von Räubern und Mördern und landesflüchtigem Gesindel! Krächzt nur, ihr schwarzen Galgenvögel, ihr habt einen feinen Geruch, wittert den Fraß, wann er noch lustig auf den Beinen herumstolpert und den Bauerngänsen die Hälse abhaut und die Rinder aus dem Stall zieht. O Christoph! Christoph! Und du könntest einen adeligen Schild führen!“
Der junge Gesell stieß solch einen herzbrechenden Seufzer aus, daß ein neben dem Karren reitender Söldner aufmerksam wurde. Er drängte sein Pferd näher heran, zog seine Feldflasche hervor und reichte sie dem Wunden zu.
„Hoho, Junker, was spinnst für Hanf? Da wärme dir das Herz, bis wir uns den Münsterschen Dompfaffen in die warmen Nester legen! Aufgeschaut, aufgeschaut, Christoffel! ’s ist beschlossen, Ihr sollt unser Obrister werden!“
Der Junker machte eine unwillige Handbewegung und antwortete nicht.
„Auch gut,“ brummte der Reiter. „Der Satan hol’ alle diese Maulhänger! Möcht’ nur wissen, was die Gesellen für einen Narren an ihm gefressen haben. Hat den Vorspruch gemacht gestern beim Grafen nach ihrem Willen und soll den Führer spielen, und kann den Kopf nicht grad halten — Bah! Hätten hundert Bessere gefunden; kann mit seinem Adel weder den Mantel noch die Ehre flicken. Fort, Mähre, was scheust? Dacht ich’s doch, da liegt wieder einer der trunkenen Schelme im Wege. Vorwärts, Schecke, laß liegen, was nicht mehr laufen mag. Was will die Trompete? Holla, was ist das?“
Ja, was wollte die Trompete? Auf der rechten Seite des Weges der Meuterer waren zwar von Zeit zu Zeit vereinzelte Schüsse gefallen, niemand hatte sie aber beachtet, weil man sie nur den obenerwähnten Scharmützeln mit den Bauern und Hahnenfedern zuschrieb. Jetzt aber wurde das Feuer regelmäßiger, Reitertrompeten erschallten. Der Zug stutzte und hielt. Gestalten, schattenhaft, tummelten sich in dem dichten Nebel, und erschreckte Stimmen erklangen: „Die Spanier! Die Spanier!“
„Zum Henker die Spanier; wie kommen die Spanier soweit über den Rhein?“ brummte der Reiter, welcher eben dem Junker die Feldflasche geboten hatte. Er lockerte aber nichtsdestoweniger das Schwert in der Scheide und wickelte den rechten Arm aus dem Mantel los.
„Der Feind! der Feind! die Speerreiter!“ riefen die im Lauf rückkehrenden Plünderer, zu den Genossen stoßend, und einige brachten eine frische Wunde mit zurück. Näher und näher hörte man die Trompeten und den Schlachtruf „España! España!“ und dann „Hohenlohe! Hohenlohe!“
Keiner von den Meutmachern machte Miene, an dem Gefechte teilzunehmen; aber die Musketen waren auf die Gabeln gelegt, die Lunten aufgeschroben, die Spieße gesenkt, und man hatte instinktmäßig einen Kreis um die Wagen mit den Weibern und Kindern und den Raub geschlossen.
Jetzt schienen die Spanier wieder zurückgedrängt zu werden; der Lärm des Kampfes verlor sich in der Ferne. Der Zug der Aufrührer wollte sich bereits wieder in Bewegung setzen.
„Halt, halt!“ rief einer der Fußknechte, „da kommen sie wieder! Rossestrab!“ Er kniete nieder und legte das Ohr an den Boden. „Viel Pferde im Galopp!“ Man konnte kaum zehn Schritte weit im Nebel und Regen deutlich sehen; es waren wieder nur unbestimmte Schatten, die man nahen sah.
Ein „Halt“ wurde ihnen zugerufen, und sie hielten, und eine einzelne Gestalt löste sich von dem Haufen ab. Aus dem Ring der aufrührerischen Söldner des Reichs traten ihr einige entgegen.
„Wer seid Ihr? Woher des Weges? Was für Begehr?“
Der Nahende ritt, ohne zu antworten, näher heran.
„Haltet, oder wir schießen!“
„Nur zu, СКАЧАТЬ